Forum Übersicht - Das Spiel - abgeschlossene Threads » Im Morgengrauen

Tessya hörte ein Schrei, röchelndes Stöhnen.
Waffen klirrten, hunderte Füsse brachten den Boden zum Beben,
ein Schatten erhob sich drohend über sie. Alles war Rot vor Blut, sie hörte die Schreie der Verletzten, das Flehen der Sterbenden.
Und über allem hing der Gestank der Feuer der Sragonhexen.
Sie war eingekreist, überall waren diese Monster, rückten näher, neben ihr brach eine Soldatin zusammen, durchbohrt von einer grausigen Waffe sprudelte das Blut nur so hervor.
Jetzt waren sie nah, ganz nah, sie sah ihre Fratzen, verzerrte, grausige Fratzen, sie spürt ihren stinkenden Atem im Gesicht, es war zu spät, nun würde sie vor Yorom treten...

Keuchend fährt Tessya empor, sie ist schweissgebadet, ihr Atem geht stoßweise. Orientierungslos tastet sie nach der Öllampe, die sonst immer neben ihrem Bett steht.
Doch da war nichts.
Nur langsam löst sie sich aus dem Alptraum, kehrt die Erinnerung zurück an die leere Stadt, an die Begegnung mit Javero, Vella und Chelia.
Noch immer nicht wach , rappelt sie sich von ihrer Schlafstatt auf, alles war ihr recht, nur nicht wieder einschlafen.
Die Dämmerung konnte nicht mehr fern sein, sie hörte die vertrauten Vogelstimmen des frühen Morgens. Seltsam, so etwas vertrautes hier zu hören.
Darüber würde sie sich später Gedanken machen.
Der Alptraum war zurück.
Unschlüssig tappt sie zum Haus, hatte sie es vorgezogen im Garetn zu schlafen, unter einem üppig Baum.
Nur wenig nimmt sie aus dem Haus mit, etwas Brot, ein schlichtes Küchenmesser und eine Decke, mehr nicht.
Kaum wird es etwas heller, verlässt sie das Haus, wendet sich hügelab und läuft durch die stille Stadt. Auch wenn keine menschenseele zu sehen ist, sieht doch überall Leben. EIn Zwysel huscht davon als sie naht. Ein Stück weiter, als sie schon deutlich das Meeresrauschen hört, entdeckt sie eine Chara, die auf einer Gartenmauer entlangbalanciert und in einem der Gärten verschwindet.
Die Stadt ist grösser, als sie angenommen hat, mehr als reichlich Platz, sich aus dem Weg zu gehen.

Als sie den Hafen erreicht, beginnt die Soa gerade zu erglühen. Statt an den Strand zu gehen, wendet sie sich einem der hölzernen Stege zu, die in das Wasser ragen. Ganz vorne lässt sie sich nieder, in die Decke gehüllt und an einen Pfosten gelehnt starrt sie über die bewegte Wasseroberfläche.

Nach dem Gespräch mit Ataeric hatte es sich Hel auf die Liege auf seiner Veranda zurückgezogen um noch ein paar Stunden zu schlafen. Dabei hat er nicht mit dem Himmelsfeuer gerechnet, das ihm schon recht zeitig weckt. Es ist zwar kein ausgewachsener Kater, aber die Ladung Schnaps die er sich gestern verpaßt hat, hat einen dumpfen Schädel hinterlassen. Nach einem Bad im Metcha und einem kargen Frühstück wickelt er sich die Saraji um die Hüfte, schnallt seinen Waffengurt um und vervollständigt seinen Aufzug mit Hemd und einem Tuch, das er auf Seemannsart um seinen Kopf bindet. Er hat kein wirkliches Ziel nur den diffusen Vorsatz durch die Stadt zu streifen. So marschiert er im Schatten der Bäume den Strand hinab Richtung Hafen. Er bedient sich zwischen durch an einem Brunnen im Garten um seine trockene Kehle für die nächsten Augenblicke zu befeuchten und schlendert weiter. Dann bleibt er stehen und kneift die Augen zusammen, aber sein Blick trügt ihn nicht. Draußen auf einem Steg sitzt eine einsame Gestalt. Im Näherkommen erkennt er ein Chira, die auf den Metcha hinaussieht. Es konnte ein Neuankömmling sein, so wie Ataeric, aber wenn er Glück hatte war es die Heilerin, die er suchte. Er hat nicht den Eindruck das ihn die Chira gehört hat, also bleibt er ein paar Vat hinter ihr stehen.
„Sichara, ich hoffe ich störe euch nicht.“: spricht er sie an.

"Nein, tut Ihr nicht" kommt die knappe, aber nicht unfreundliche Antwort. Ein leises Seufzen ertönt und sie reckt sich etwa, streckt den Rücken durch, hat sie doch schon einige Zeit in dieser Position gesessen.
Due Grundregeln der Höflichkeit scheinen Tessya gerade nicht sehr zu interessieren, ohne den Blick zu wenden, klopft sie neben sich.
"Setzt Euch wenn Ihr mögt."
Die Decke liegt nur noch lose um ihre Hüften, ist es inzwischen angenhem war. In den Händen hat sie ein Stückchen Brot, von dem nur ein kleines Stückchen fehlt.
Auch wenn sie gelassen sitzen bleibt, die Beine entspannt über den Rand des Steges baumeln lassend, dreht sich ihr Ohr ihm zu und die Schnurhaare zittern etwas.
Ein Seevogel schiesst an ihnen vorbei, die Chira bricht ein Bröckchen vom Brot ab und wirft es empor. Der Vogel stürzt herab und fängt den Brokcen noch in der Luft.
Erst jetzt wendet die Graubefellte den Kopf und mustert den Besitzer der Stimme.

„Gerne.“: antwortet ihr Hel und zieht die Asnivala samt Scheide aus dem Waffengurt. Er setzt sich, plaziert seine Waffe so neben sich, daß sie nicht als Bedrohung aufgefaßt werden kann und läßt seine Beine über die Kante des Stegs baumeln. Als sich die Chira zu ihm wendet und ihn ansieht, rastet etwas in seinem Kopf ein und für einen Moment hat er ein Bild vor seinem inneren Auge. Yinua! Verdammnis, wie konnte er sie nur vergessen haben! Es dauert ein, zwei Herzschläge, bis er sich wieder unter Kontrolle hat. Die Chira blickt in ein Gesicht, daß ihr vielleicht entfernt bekannt vorkommen mag. Kühl blickende grüne Augen, Andeutungen von Linien, die dem Gesicht einen Ausdruck von Härte und Willenskraft verleihen, Bartstoppeln die ahnen lassen, wie dieses Gesicht mit Bart aussehen mag. Für einen Moment starrt sie der Mann entgeistert an, hat sich aber schnell wieder gefangen.
„Danke, daß ihr euch Zeit nehmt für mich.“: sagt er höflich. Er spricht das schlampige Chirjeya wie es für Elurien typisch ist.
„Ich bin vermutlich nicht der Erste, der euch über den Weg läuft, aber trotzdem Willkommen in der Geisterstadt. Ich sage es auch besser gleich, damit ihr nicht denkt, ihr sprecht mit einem Verrückten.
Seit dem ich hier angekommen bin, ist der Teil meines Gedächtnisses, das sich auf die letzten Stürme bezieht, löcherig wie ein Sieb. Es kann ganz gut sein, daß wir uns schon über den Weg gelaufen sind, wenn ihr nach der großen Schlacht in Esticha gewesen seid. Ich erinnere mich aber nicht daran. Es ist also Unwissen nicht Unhöflichkeit wenn ich euch nicht erkenne.“
Forschend wandert sein Blick über das Anlitz der Chira und die steilen Falten über seiner Nasenwurzel deuten wohl darauf hin, das er konzentriert nachdenkt.
„Nein ich erinnere mich wirklich nicht. Tut mir leid. Aber vielleicht erinnert ihr euch? Mein Name ist Hel Nergal.“

Tessya entgeht der entgeisterte Ausdruck auf seinem Gesicht nicht, das raschen Sammeln danach. Hat sie ihn zunächst aus eher müden, ein wenig resignierten Augen angesehen so ändert sich der Ausdruck schlagartig. Auch wenn sich an ihrer entspannten Haltung kaum etwas ändert, liegt in ihren Augen eine Kühle und Distanziertheit, die jegliche Freundlichkeit verdrängt.
Nachedem Hel geendet hat, nickt sie knapp, wendet den Blick wieder auf den Metcha hinaus. Der Seevogel kehrt zurück und wird mit einem neuerlichen Brocken Brot belohnt, auf das er sich begeistert kreischend stürzt.
"Nein, verrückter als die Anderen klingt Ihr nicht. Und nein, wir sind uns nie persönlich begegnet."eine Frau vieler Worte scheint die Grüngewandete nicht zu sein, ihre Stimme klingt neutral und beherrscht.
Ein weitere Brotbrocken fliegt dem Befiederten entgegen, gemächlich baumelt die Befellte mit den Beinen, ehe sie fort fährt.
"Aber ich kenne Euren Namen, ich war während und einige Zeit nach der Schlacht in Esticha."
Langsam dreht sie ihm den Kopf zu, abschätzend betrachtet sie ihn.
"Ich bin Tessya aus dem Clan der Akkra, aus der Familie Ajeridas. Ich bin Heilerin und Priesterin, eine Geweihte Mehdoras. Habt Ihr damit ein Problem?" Die Frage wird von einem leichten Lupfen er Augenbrauen betont.

Hel merkt den Stimmungswechsel im Blick der Chira.
„Entschuldigt, ich bin nicht über euch erschrocken, sondern ich habe mich bei eurem Anblick an jemand erinnert, dem ich früher nahe gestanden habe und den ich völlig vergessen hatte. Ich habe mich gefragt, wenn ich sie vergessen konnte, was ich dann noch alles vergessen habe.“
Außerdem scheint er an solche und ähnliche Reaktionen bei der Nennung seines Namens gewohnt zu sein. Er erwidert ihren abschätzigen Blick ohne Zeichen von Unwillen oder gar Abscheu.
„Ich habe vermutet, daß ihr zumindest meinen Namen kennt, wenn ihr zur fraglichen Zeit in Esticha wart und es wird euch vielleicht erstaunen, werte Tessya, das aus meinem Mund zu hören, aber ich hege im Gegensatz zu vielen meiner Landsleute keine Abneigung gegen eure Rasse. Ich habe also weder ein Problem mit euer Herkunft, noch mit eurer Profession. Um ehrlich zu sein, mit der Priesterin sieht das anders aus, aber ich kann mich beherrschen. Ich habe auch mit Monor verhandelt. Ich werde euch auch nicht weiter belästigen, wenn euch meine Abneigung gegen den Kult, den ihr vertretet, so sehr stört, daß ihr nicht weiter mit mir sprechen wollt. Ich bitte euch nur mir eine einzige Frage zu beantworten. Was ist mit meinem Volk geschehen?“
Obwohl sich Hel vorzüglich beherrscht, kann er nicht ganz verheimlichen wie sehr ihm die Frage unter den Nägeln brennt.

Noch immer liegt der forschende Blick der Chira auf Hel, doch wird er darin keinerlei Ablehnung, Abscheu oder ähnliches erblicken. Sie kannte ihn nicht und möglicherweise eine Gefahr für sie.
Seine Entschuldigung nimmt sie mit einem Kopfnicken an.
"Es muss schwer sein, wichtige Personen einfach vergessen zu haben, bis man mit der Nase darauf gestossen wird. Und es stößt einen noch viel mehr darauf, das man womöglich noch mehr und Andere vergessen hat." ihr Tonfall ist ruhig und auch darin kann der Mann keine Ablehnung hören.
Empört kreischend stösst der Seevogel herab, lenkt den Blick der Heilerin einen Moment ab und erst, als sie dem Vogel einen größeren Brocken hinwirft, schwebt dieser ein Stück davon.
Erst nach einem Moment des Schweigens wendet sie sich wieder Hel zu und sucht seinen Blick.
"Wieso tut Ihr das? Ihr kennt mich nicht und wisst nichts über mich. Wenn Ihr einen Teil von dem , was ich bin, derart verabscheut, wieso sollte es mir mit Euch nicht ebenso ergehen? " ehrliches Interesse schwingt in ihrer Stimme mit.
Doch scheinem die Fragen eher ihrer philosophischen Stimmung geschuldet zu sein, eine Antwort auf seine brennenden Fragen bleibt sie ihm nicht schuldig. Ihr Stimme klingt überraschend sanft, als wolle sie durch den Ton die Härte von dem, was sie ihm zu sagen hat, mildern.
"Vorovis ist unter dem Sturm der Sragon gefallen, nur ein Teil der Bevölkerung ist entkommen und konnte nach Esticha flüchten. Sie wurden aufgenommen und die Vorovisianer haben Seite an Seite mit den Eluriern, den Yedeiten und Truppen aus der Allianz gekämpft. Tausende sind auf dem Schlachtfeld gestorben. Ich war selbst dort, in der Schlacht ." Gedankenverloren streicht ihre Rechte über die Narben am linken Arm, selbst scheint sie es kaum zu bemerken.
"Es gab viele Verletzte und in den Lazaretten wurde jeder versorgt, egal ob AlterKult, Neuer Kult oder Yedeit, egal ob Mensch, Sragon oder Chira. Ich bin nicht sehr lange in esticha gebleiben, nach der Schlacht, solange, bis das Schlimmste vorüber war und ich selbst soweit wieder hergestellt, das ich reisen konnte. Die Vorovisianer, genau wie die Yedeiten haben in der Nähe von Esticha gesiedelt. Es gab in der Stadt immer wieder Reiberein. Ich war selbst die letzten Jahre in der Allianz und habe wenig davon gehört, was in Elurien geschehen ist. Aber keine Nachrichten sind in diesem Fall wohl gute Nachrichten, denn wenn es zu einem Aufstand oder einer Machtübernahem gekommen wäre, wär es sicher bis zu uns vorgedrungen. "
Mitfühlend schaut sie ihn an, sind es weder gute noch erschöpfende Nachrichten, die sie für ihn hat.

Hel hört Tessya zu ohne sie zu unterbrechen. Nur das Kreischen der Seevögel ist in der Stille, die ihren Worten folgt, zu hören. Für einen langen Moment wendet Hel seinen Blick ab und sieht hinaus auf den Metcha.
„Ich weiß, daß Vorovis ausradiert wurde und seine Flotte auf dem Grund des Metcha liegt und die Schlacht ist der Teil an den ich mich besser erinnere, als mir lieb ist. Ich war auch da. Ich habe Vorovis in seinen letzten Waffengang geführt. Auch daran erinnere ich mich, daß ich einen Vertrag ausgehandelt habe. Selbst das Lager vor den Toren der Stadt, habe ich nicht vergessen. Dann werden die Lücken immer größer. Ich erinnere mich noch das ich allein durch den Dschungel marschiert bin und an den großen Strom, eine halb zerstörte Mauer, Metchija vielleicht. Dann ist nichts mehr.“
Er atmet tief durch und dann wendet er seinen Blick wieder zu der Chira. Es ist schwer zu sagen, ob es Bitterkeit, Trauer oder beides ist, die für einen Herzschlag lang auf seinen Gesichtszügen liegt.
„Ich hatte gehofft etwas darüber zu erfahren, wie es weiter gegangen ist, was aus meinem Volk geworden ist. Aber sei es wie es sie, ich danke euch, daß ihr mit mir gesprochen habt.“
Für einen Augenblick sieht es so aus, als ob er damit ihr Gespräch beenden wollte. Doch er bleibt an seinem Platz. Vielleicht ist ihr Blick in dem Mitgefühl spürbar ist, vielleicht bloß das Gefühl, daß er ihr nun ebenfalls eine Antwort schuldet.
„Es mag durchaus sein, daß es euch nicht viel anders geht als mir. Warum auch nicht? Wir waren Feinde und sind es vielleicht immer noch. Es hätte nur eines Befehls bedurft und beide Seiten hätten auf den Leichen der Sragons bis zum letzten Atemzug weiter gekämpft. Es hing an einem seidenen Faden. Nur die Notwendigkeit hat dieses Blutbad verhindert. Aber es ist nicht ein Teil von euch, den ich verabscheue, es ist das wofür ihr steht, die Tempel und den Rat der Hohepriester. Obwohl sich selbst das hier relativiert. Ich bin ein Kommandant ohne Volk und ohne Armee, ihr seid eine Priesterin ohne Tempel, ohne Inquisition und ohne Privilegien, die euch über Staat und Volk gestellt haben. Wir stehen, bildlich gesprochen, mit nacktem Hintern da. Die alte Feindschaft weiter zu pflegen, ist nur mehr eine Frage des Prinzips. Das ändert zwar nichts an der Tatsache, daß ihr Priesterin seid und ich Vorovisianer, aber es verändert den Blickwinkel.“

"Es tut mir leid, das ich keine besseren Nachrichten für Euch habe oder Euch mehr sagen kann." sagt sie schlichtund ehrlich, selbst der misstrauischste Mensch könnten in den Klang ihrer Stimme nichts hineininterpretieren.
Einen Moment schaut sie ihn noch an, dann wendet sich ihr Blick wieder auf das Wasser und die Seevögel.
Erst nachdem sich ein Moment des Schweigens über sie gesengt hat, schüttelt sie sacht den Kopf.
"Vielleicht sollte ich Euch als Feind sehen. So, wie ich erzogen wurde, legt das vermutlich nahe. " Leicht hebt sie die Schultern und wendet den Kopf erneut ihm zu und die klaren blauen Augen suchen seinen Blick.
"Ihr seid wie ich hier gestrandet, wir sind eine handvoll Leute und haben keine Ahnung, was das hier soll und welche Gefahren uns hier noch drohen. Ihr wisst wie man überlebt und ich weiss es auch. Ob das bei den anderen der Fall ist.. ich weis es nicht, nicht bei allen." ihre Stimme klingt ernst und gelassen und mochte in ihrer ernsthaftigkeit nicht zu so einer jungen Chira passen.
"Ja ich bin Priesterin und ich habe mein Leben Mehdora geweiht, weil ich gelobt habe, Leben zu schützen und zu bewahren. Und darin mache ich keinen Unterschied. Im Grunde tut Ihr etwas ähnliches, Ihr sorgt Euch um Euer Volk, wollt es schützen und seid bereit, Verantwortung zu übernehmen. Ihr habt nur einen anderen Weg gewählt. Vielleicht ist es an der Zeit, neue Wege zu gehen, das Gemeinsame zu suchen, nicht das Trennende. IShcer"
sie macht eine vage Geste "alte Muster wirken tief und lange und keinem wird es gelingen, sie von jetzt auf gleich abzulegen. Aber zumindest ich wäre bereit, es zu wagen und zu probieren. "
Ihre Hände ruhen wieder in dem grünberocktem Schoß , ihr Blick ist klar und fest auf ihn gerichtet.

„Danke.“: sagt er genauso schlicht wie sein Gegenüber. Er erwidert ihren Blick, als sie sich ihm wieder zuwendet. Der Blick seiner grünen Augen läßt nicht viel erkennen, außer Aufmerksamkeit. Er hört ihr zu und wendet seinen Blick auch nicht ab, als sie ihr überraschendes Angebot ausspricht.
Für einige Herzschläge lang scheint sein Blick durch sie hindurch zu sehen, so als schaute er auf einen entfernten Punkt am Horizont. Dann sieht er sie wieder direkt an.
„Vorausgesetzt ihr meint, was ihr sagt, wollt ihr also über den Schatten eurer Tempel springen? Ihr erstaunt mich, das muß ich zugeben. Wenn schon nichts anderes, dann habt ihr euch zumindest ein offenes Wort verdient. Ihr seht das Schandmal eurer Inquisition unter meinem linken Auge nicht, weil es samt meinen Narben verschwunden ist, als ich hier aufwachte. Aber ich weiß, daß es da ist. Ich habe es fast eineinhalb Jahrzehnte getragen. Ich hatte das Vergnügen eure Folterkeller aus nächster Nähe betrachten zu dürfen und ich habe einen Mann brennen sehen, der es gewagt hat einen Preis für sein Holz zu verlangen, daß eure Schergen von ihm wollten. Den Rest schenke ich mir jetzt, aber ich denke ihr habt nun einen Eindruck davon, daß es nicht nur ideologische Differenzen sind, die meine Abneigung gegen euren Kult begründen. Andererseits habt ihr in vielem Recht. Es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen Vorovis und zumindest der Kriegerkaste eures Volkes, als beiden Seiten recht ist. Ich teile auch eure Beurteilung der Lage.
Wir sind nicht zufällig in irgendwelche Löcher gefallen und hier gelandet. Die ganze Idylle stinkt wie ein Fisch, der drei Tage in der Sonne gelegen hat. Ich habe das deutliche Gefühl, daß es nicht so bleiben wird. Obwohl ich ehrlich gesagt, nicht die geringste Lust habe, für eine dreckige Renegatin meinen Hals zu riskieren, kann ich aber nicht ausschließen, daß es eines Tages nötig sein könnte, genauso wie vor den Toren Estichas.“
Für einen Moment schweigt er.
„Also gut, Priesterin, Waffenstillstand! Mehr kann ich euch nicht geben, wenn ich nicht lügen will. Wie ihr gesagt habt, alte Muster wirken tief und lang.“

DIe Augen werden eine Spur dunkler, als Hel ihr darlegt, woher seine Haltung einer Priesterin des Neuen Kultes kommt. DOch mehr wird er in der Chira nicht lesen können, vermag sie wohl eben so gut wie er ihre wahren Gefühle zu verbergen.
"So sei es, Hel Nergal, Waffenstillstand." erklärt sie mit feierlicher Stimme und neigt den Kopf.
Tief atmet die junge Frau durch, die Intensitität ihres Blickes lässt nach und nun, da die Anspannung von ihr abfällt, wirken ihre Züge weniger hart und undurchdringlich.
"Hoffen wir, das es nicht nötig sein wird, das Ihr Euren Hals riskieren müsst. Wobei ich Euch versichern kann, das ich jedem meine Fähigkeiten als Heilerin zur Verfügung stelle, egal welchen Glaubens er oder sie ist. Das habe ich schon immer getan und werde es weiterhin tun. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, das ich mir mit dieser Haltung nicht gerade überall Freunde geschaffen habe. Vielleicht solltet Ihr Euch an den Gedanken gewöhnen, das nicht alle Priester gleich sind, das es durchaus verschiedene Strömungen gibt."
Ihre Hände machen eine vage, elegante Bewegung.
"Es wird Euch ebenso erstaunen, das ich zu meinem Wort stehe, denn anscheind haltet Ihr Priester für verlogene, doppelzüngige Wesen. Doch um den Gegenbeweis anzutreten, bedarf es Zeit und Aufrichtigkeit."

„Genau dafür halte ich eure Priesterschaft, höflich ausgedrückt.“: gibt er unumwunden zu. „Wir werden sehen, aber ich bin durchaus lernfähig. Ich weiß selbstverständlich, das nicht alle Priester gleich sind und auch das es verschiedene Strömungen gibt. Aber, werte Thessya, ich habe zum Beispiel keinen Anteil an Detoris Mischlingsmassakern gehabt. Ich habe sie weder befohlen, noch daran teilgenommen. Trotzdem werde ich als Vorovisianer und Teil der Führung von der restlichen Welt dafür mitverantwortlich gemacht. Wenn man sich an ein System verkauft, dann wird man nicht mehr als Einzelwesen beurteilt, sondern als Teil des Systems. Damit muß man leben.“
Kurz wird seine Aufmerksamkeit von ein paar Fliegen abglenkt, die er mit der Linken fortwedelt, die immer noch geschwollen und verkrustet ist.
„Das ihr Heilerin seid, ist mir nicht unwillkommen. Ich bin zwar selbst einer, aber es ist im Ernstfall extrem beschwerlich an sich selbst herum zu nähen oder zu schneiden. Ich stehe euch natürlich auch zur Verfügung, sollte sich die Notwendigkeit ergeben. Aber um nochmals auf unseren Waffenstillstand zurück zu kommen. Ich weiß nicht ob euch Vella schon begegnet ist. Aber wie auch immer, laßt sie in Frieden, sie hat unter Euresgleichen noch weit mehr gelitten als ich. Sollte mir zu Ohren kommen, daß dem nicht so ist, dann bin ich hinter euch her und der Waffenstillstand ist Vergangenheit.“
Sein Tonfall und Blick lassen keinen Zweifel daran, daß er meint was er sagt. Doch dann zeigt sich kurz ein sarkastisches Lächeln.
„Ihr wolltet Aufrichtigkeit, jetzt habt ihr sie. Abgesehen davon werde ich mich aber daran halten, solange ihr euch daran hält.“

Ohne mit der Wimper zu zucken und eine Miene zu verziehen hört die Priesterin Hel zu.
Sie nickt lediglich knapp.
"Wir werden sehen , wohin uns das ganze führt. Wir haben beide einiges zu lernen und ich für meinen Teil bin eher überrascht, das wir uns so schnell einigen konnten. Ich habe mehr Widerstand erwartet" gibt sie umunwunden zu.
DIe Erwähnung des Namen Vellas lassen ihre Ohren nach hinten zucken und ihr Schweif klopft peitschend auf die holzplanekn.
Rasch hat sie sich wieder im Griff.
Sorgsam wählt sie ihre Worte.
"Ja das bin ich. ich habe nicht vor, ihr etwas zu tun, wenn ihr das meint. Ich werde ihr meine Gesprächsbereitschaft signalisieren,mich ihr aber nicht aufzwingen. Ihr kennt sie anscheind besser, steht zu fürchten, das ihre Angst in Aggression umschlägt? "
Erneut sucht sie seinen Blick.
"Solange sie nichts dummes tut, wird es kein Problem sein. Aber auch wenn ich das Leben schätze, bin ich nicht so altruistisch, das Leben Andere über mein Eigens zu stellen. Auch wenn ich keine Mondrai bin, weiss ich mich zu schützen. Behaltet sie also besser im Blick, wenn Ihr mir so etwas auferlegt."
Sie schnekt ihm ein feines Lächeln. "Aufrichtig genug?"

Hel zuckt mit den Achseln.
„Ich hatte zum ersten Mal seit vielen Jahren das Privileg eine politische Entscheidung treffen zu können, die niemand anderer als ich selbst ausbaden muß. Irre ich mich, gehen keine Hundertschaften den Weg in Xiths großes Schweigen, sondern ich allein. Niemand anderer wird dafür bluten müssen. Ich sehe gewisse Notwendigkeiten, wozu also noch tagelanges Geschwafel? Außerdem ist ein Waffenstillstand noch lang kein Friede, vergeßt das nicht. Ich werde es nicht vergessen, da könnt ihr euch sicher sein.“
Er zeigt nicht viel Emotionen, ist eher kühl distanziert, aber korrekt. Als die Chira dann auf Vella zu sprechen kommt, lacht er freudlos auf: „Gesprächsbereitschaft?“
Doch dann wird Hel ernst und diesmal tanzt ein irritierender Funke in den grünen Augen, als er sie ansieht. Auch sein Tonfall hat sich geändert. Kalt, arrogant, befehlsgewohnt, ganz Vorovisianer.
„ Ihr wißt nicht was ihr daher redet. Ich sagte euch schon laßt sie in Ruhe! Sie hat genug gelitten! Sie tut keiner Fliege etwas zu leide, solange ihr sie in Frieden läßt. Bleibt ihr vom Leib, sonst werdet ihr es bereuen, darauf habt ihr mein Wort.“
So als wäre ein Fenster, daß einen Spalt geöffnet war, wieder zugeschlagen worden, verschwinden das bedrohliche Glitzern und sein Tonfall ist immer noch harsch, aber schon konzillianter.
„Glaubt mir einfach. Sie will nichts mit euch zu tun haben, gar nichts. Eure verdammte Inquisition hat sie fast zerbrochen, obwohl jeder wußte, daß sie schuldlos war. Deswegen ist sie Vorovisianerin geworden, damit sie euch und euresgleichen nicht mehr sehen muß. Also versucht es erst gar nicht.“

Die Chira hat bei weitem nicht so viele gelebte Jahre hinter sich, wie Hel, vermutlich gerade einmal die Hälfte.
Doch steht sie ihm in nichts nach, wenn es darum geht, ihre wahren Gefühle und Beweggründe zu verbergen.
Wie in einen Schleier hüllt sie sich in die kühle Distanziertheit, die man bei einer Priesterin erwarten würde, Hels Ausbruch perlt an ihr ab wie Regen an einer Lotusblüte.
Kaum ein Volk vermag Arroganz und Stolz so zu vereinen, wie die Chira und Tessya ist in diesem Punkt eine ausgesprochen gute Vertreterin.
Buchstäblich von oben herab, überragt sie den Mann doch um Haupteslänge, betrachtet sie ihn kühl.
"Ihr braucht mir nicht zu drohen und den Beschützer ihr gegenüber heraus zu kehren. Vella fürchtet Euch kaum weniger als mich. Auch wenn Sie alles ist, was Euch von Eurem Volk geblieben ist, sie wird es Euch nicht danken"
Ihre Stimme klingt klar und ruhig,
"Es fällt mir schwer zu glauben, das Vella einfach so in den Blick der inquisition geraten ist. Fagt Euch, wer sie mit da hinein gerissen hat. Fragt Euch, wer die Verantwortung dafür trägt."
Noch immer liegt der Blick der klaren blauen Augen auf ihm, eine erstaunliche Ruhe und Weisheit liegt darin, wenn man ihre jungen Jahre beachtet.
"Vor über zehn Stürmen war ich nicht einmal alt genug, um Novizin zu sein. Was habt Ihr da getan, Hel? Meine Bürde ist es, für Dinge verantwortlich gemacht zu werden, die ich nicht begangen habe, die ich niemals gut geheissen hätte.Ich ahbe Schuld auf mich geladen,weil ist diesen Weg gewählt habe und kann doch nichts dafür tun, Ungerechtigkeiten Ungeschehen zu machen. Doch Ihr Hel Nergal..."
ihre Stimme sinkt zu einem Flüstern herab, aus ihrem Blick ist die Kälte verschwunden. "Seid Ihr so unverzeihlich, weil Ihr Euch selbst nicht verzeiehn könnt, Hel? Werdet Ihr je Frieden finden, wenn Ihr mit Euch und Eurer Vergangenheit keinen Frieden schliessen könnt?"
Nach einem Herzschlag wendet sie den Blick ab und schaut hinaus auf die weite des Wassers.