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Die Nacht nach der Versammlung


Die Stimme kommt überraschend, schreckhaft ist Ataeric allerdings nicht. Er benötigt eine Weile bis er den Barden findet, was daran liegt dass er ihn erst in der Krone des selbigen sucht. Ein paar Herzschläge denkt der Krieger über die Bemerkung des Lockenkopfes nach, dann gibt er in gewohnt trockenem Tonfalls zurück:" Die fallen aus."
Das Glas hatte dem Schlag nicht viel entgegen zu setzen. Einige Bruchstücke streben noch in die Mitte, wie ein Maul Zähne das dem Krieger immer noch den Zutritt verwehren will. Ataeric verwendet ein weiteres Mal den Knauf seiner Asnivala und fährt zügig über das Holz des Fensters, dort wo vorhin noch der glatte Übergang zum Glas zu sehen war. Lautlos geht auch das nicht von statten. Zuerst kläfft nur ein Jewaka, dem sofort ein weiterer antwortet und es dauert nicht lange bis die abendliche Ruhe vom Gebell der Kleinbären durchbrochen wird. Nach diesem zweifelhaften Dienst befestigt er die Waffe wieder am Gurt und hebt die Hand - erinnert sich aber gerade noch rechtzeitig an die fehlenden verstärkten Handschuhe. " Du hättest dich auch eher bemerkbar machen können. Oben ist vielleicht die Balkontür offen," wird dem Barden zum Vorwurf gemacht nicht völlig unbeteiligt an dieser Randale hier zu sein. Ataeric zieht das schreiend bunte Jewaka-Tuch aus der Tasche und wickelt sich den Stoff um die Hand, die anschließend über den Fensterbereich wischt und grob die Scherben beseitigt.

"Natürlich - was sonst." erwidert der Barde amüsiert, aber wohl mehr zu sich selber. Er räkelt sich etwas und nun erklingt auch das Schellenband, als er die Beine aus dem Schneidersitz löst. "Ich hab' hier friedlich vor mich hin gedöst, was kann ich ahnen, dass du in das Haus da einsteigen willst." lügt er ohne rot zu werden, aber dem geradlinigen Gedankengang des blonden Kriegers sicherlich Antwort genug die Ausrede hin zu nehmen. "Außerdem bin ich sicherlich nicht dein persönlicher Klettersklave." gemütlich erhebt er sich, zieht die Laute über die Schulter und trottet die paar Schritte zu Ataeric heran. "Was willst du denn da drin? Passt du überhaupt durch das Fenster? Ich glaub du bist ein ziemlich erbärmlicher Einbrecher." bemerkt er, während er sich über die frisch rasierten Wangen kratzt.

"Ach tatsächlich", bemerkt Ataeric weniger amüsiert als zynisch auf den Einwand des Barden, er sei nicht sein persönlicher Sklave. " Ich will da rein", erweisen sich die Gedankengänge des Kriegers als denkbar einfach und das er in das Fenster sehr wohl passt, beweist er dem Jüngeren sogleich. Mit den Händen stützt er sich auf der Fensterbank ab, zieht sich hoch und rollt kopfüber in das Zimmer dahinter. Ganz offensichtlich nicht seine Passion, das Poltern mit dem er aufkommt und aufsteht ist auch draußen noch gut vernehmbar, genau wie die Schritte die Javero von Drinnen vernehmen kann. Die plötzlich sehr hektisch werden. Der Barde würde kaum bis fünf zählen können, da hechtet der Krieger bereits kopfüber wieder aus dem Fenster heraus. "Lauf!" bekommt dieser noch zugerufen während sich Ataeric aufrappelt und auf den Baum zurennt, unter dem der blond Gelockte vor gar nicht langer Zeit so gemütlich herumlungerte.
Viel Zeit zu überlegen bleibt dem Barden nicht, hört er von drinnen ein gut vernehmbares Kratzen auf Holz und den Geräuschen nach einen schweren Leib der mit hohem Tempo gegen ein Möbelstück kracht. Das Splittern von Holz folgt und ein klackerndes Geräusch das nichts Gutes verspricht und von weiter hinten im Haus mit einem ganz ähnlichen beantwortet wird.
Der Krieger indes beweist seine eigenen Kletterfähigkeiten. Das mangelnde Geschick gleicht er mit Kraft aus, als er nach oben springt und mit beiden Händen nach einem Ast greift. Nur kurz baumelt er daran, dann zieht er seinen Körper hoch.

"Ach echt, und ich dachte du hast nur eine ausgeprägte Zerstörungspassion." nimmt der Barde das zynische Ballspiel bereitwillig und mit lockerer Zunge auf, während er sich mit der Schulter gegen die Hauswand lehnt und irgendwie vergnüglich dabei zuschaut wie Ataeric es mit der Einbrecherkarriere versucht. Ein Glucksen entfährt ihm, als es drinnen so wenig elegant poltert, doch währt die Heiterkeit nicht lange, denn Ataeric purzelt schon wieder aus dem Fenster hinaus, als hätte das Haus in einem regen Eigenleben den langfringrigen Vandalen einfach wieder ausgespuckt.
Was dem Lumpenpack fürwahr an Disziplin und Sittenwahrung fehlte, machten sie durch andere, mehr oder weniger anerkannte Vorzüge wieder wett. Hierzu gehörte zweifelsohne auch die instinktive Reaktion auf eine Fluchtwarnung, denn bekannter Maßen zerstreut sich das Gesindel stets schneller in alle Himmelsrichtungen, als man gucken kann, wenn Gefahr im Anflug ist. So wartet Javero auch garnicht erst bis er eine Ahnung davon bekommt was den Krieger zu seiner rasanten Flucht veranlasst hat, stattdessen nimmt er den direkten Weg nach oben, hüpft aufs Fensterbrett und stößt sich davon ab, um mit wenigen gezielten Handgriffen die Fassade bis zu einem kleinen Balkon im ersten Stock des Hauses zu erklimmen. Sicherlich eine dankbarere Position, um weiter fliehen zu können als ein Baum, dennoch duckt sich der Barde erstmal hinab und lauscht angespannt.

Es ist gar nicht notwendig lauschend zu verharren. Kaum haben Javeros Füße die Fensterbank verlassen und höhere Gefilde erreicht, da kann der Barde bereits das Zusammenschnappen eines kräftigen Kiefers unter diesen hören. Eine Ablenkung die der Krieger bitter nötig hat, wäre seine eigene Flucht sonst wahrscheinlich recht knapp ausgefallen. Der Kopf des Tieres ist recht schmal, spitz zulaufend und wie der Rest des Körpers tiefschwarz geschuppt. Zwei silbrige Streifen rechts und links auf dem schlanken aber überaus muskulösen Leib geben das fahle Dämmerlicht irisierend zurück. Die Echse setzt an dem Barden vom Fensterbrett aus hinterher zu springen, bekommt von hinten aber unsanfte Konkurenz. Die Kraft mit der das zweite, identisch aussehende Tier in das erste prallt und beide aus dem Fenster katapultiert lässt erahnen, zu welchen Geschwindigkeiten die Viecher bereits auf kurzer Distanz fähig sind. Ineinander verkeilt biegen sich die langen, schlanken Hälse um nach dem jeweils anderem zu schnappen, dann erinnern sie sich an ihre eigentliche "Beute". Mit einem Satz springen sie auf ihre kräftigen, zwei Beine die genau wie die deutlich kürzeren "Arme" mit dolchartigen, sicher zehn Clat langen Krallen bewehrt sind. Mit dem langen, spitz zulaufenden Schwanz erinnern sie in der Grundform an ein Karkech, was aber die einzige Gemeinsamkeit zu seins cheint. Deutlich kleiner, gehen sie Ataeric kaum bis zur Brust, wirken sie dafür aber viel beweglicher- und vorallem agressiver. Der Krieger mag es bereits ahnen als die Zwei beschleunigen und auf den Baum zurennen und greift bereits nach dem Ast über ihn. Die erste Echse nutzt noch den weichen Boden als Absprung, die zweite springt gleich auf den sich noch im Flug befindenden tierischen Kollegen, drückt diesen herunter und katapultiert sich so in beachtliche Höhe. Ataeric zieht seine Beine an und rammt der springenden Echse die Füße auf den Kopf, was den Ast bedrohlich schwanken lässt. Einen weiteren Sprung wartet er erst gar nicht ab, sondern zieht sich weiter hoch. Auch dort macht er nicht Halt, setzt die Hände gleich wieder an den Stamm und benutzt die nun deutlich dichter zusammenstehenden, aber leider auch dünner werdenden Äste dazu, weiter nach oben zu klettern.
Abhalten lassen sich die Echsen von so einem Schlag ganz offensichtlich nicht. Sie rappeln sich gleich wieder auf und setzen zu einem erneuten Sprung an, der mangels Zusammenarbeit aber nicht mehr die Höhe gewinnt wie zuvor. "Na toll", kommt nicht unbedingt laut aber gut hörbar die Stimme des Kriegers. Der sich hier nun im Fokus der beiden Raubtiere sieht, denn der Barde- das haben die beiden Tiere mit einem kurzen Blick in dessen Richtung festgestellt- befindet sich nun wirklich nicht mehr in Reichweite..

Dass diese Flucht reichlich knapp ausgefallen ist, scheint dem Barden durchaus bewusst zu sein, denn als er sich auf den rettenden Balkon hochgezogen hat, hat sein Gesicht deutlich an Farbe eingebüßt. Das Geräusch des Zuschnappenden Kiefers noch in den Ohren, starrt er fassungslos auf die blutrünstigen Echsenjäger hinab und krallt die Hände mitfiebernd in das Balkongeländer, während er beobachtet, wie Ataeric wie ein Happen an der Angel an dem Baum baumelt. "Welcher Idiot flüchtet sich bitte auf einen Baum?" ruft er dem Krieger in einem Anflug von Galgenhumor zu, erstmal wohl erleichtert, dass die Sprungkraft der Raptoren nun nicht mehr ausreicht, um die Beute zu erreichen. Doch die Rechnung wurde wohl ohne die ausgehungerte Meute gemacht, denn denen scheint so etwas wie tierisch-reduzierte Intelligenz fremd zu sein. Die Echsen geben ein paar röhrende Laute von sich, dann entfernen sie sich etwas vom Stamm. Schon will der Barde aufatmen, in der Hoffnung sie zögen sich wieder zurück, doch dann rennt einer der beiden plötzlich los und springt kurz vor dem Baum ab. Etwas zeitlich verzögert sprintet dann auch der Zweite los, nutzt seinen Artgenossen wie vorhin als Sprungbrett und katapultiert sich erneut in die Höhe, sodass er Ataerics Fuß nun doch wieder gefährlich nahe kommt. Der Kiefer schnappt nur wenige Clat unterhalb seines Beines zusammen und durchbeißt dabei einen zwei Finger dicken Zweig, als wäre es Reisig. Kurz nur währt der Blick in das geschlitzte Auge des Reptils, doch die Böswilligkeit die darin aufblitzt entspringt nicht bloß einer situationsbedingten Einbildung. Erneut setzten die beiden Echsen zu dem recht effektiven Manöver an, als jäh ein Lederbeutelchen kurz vor der Schnauze der Echse vorbei segelt und in humoristischer Nutzlosigkeit im Gras landet. Zielsicher werfen konnte der Barde als auch nicht. Das zweite ist dann allerdings schon besser platziert, und offenbar mit genügend Krimskrams beladen, sodass es scheppernd gegen den schlanken Schädel rumst.

Wie zuvor zieht Ataeric die Beine an, doch das bedrohliche Knacken des erschlankten Stammes lässt ihn davon absehen auch nach dem Tier zu treten. Lange, das wird dem Krieger klar wird er sich hier oben nicht halten können und sich entweder freiwillig stellen müssen oder den Beiden wie eine Frucht aus dem Baum vor die erwartungsvollen Schnauzen fallen. Der Ruf des Barden bleibt ungehört und damit auch unbeantwortet. Ataeric konzentriert sich auf die Bewegungen seiner beiden Gegner, die- das wird nicht nur ihm bewusst sein- ihm deutlich an Schnelligkeit, Gewandheit und leider auch an Anzahl und Bewaffnung überlegen sind. Sogar die glänzenden Schuppen bieten den Tieren einen besseren Schutz als der dünne Stoff den er auf der Haut trägt. Sichernd sieht er zu dem Fenster, aus dem - wenigestens etwas!- noch keine weitere Echse hinausgesprungen ist, bevor er den Pejura zieht und das sich vorbereitende Tier anvisiert. Er ist sicher kein guter Werfer. Zweifelhaft ob er mit einem so unkontrollierbaren Geschoß wie ein Beutel überhaupt in die Nähe der wendigen Tiere geworfen hätte. Allerdings kommt er nicht dazu seine eigenen Fähigkeiten auszutesten.
Der erste Beutel erntet nicht mehr als einen lahmen Blick, der zweite dann immerhin einen, der hoch zum Barden geht. Die gelben Augen sind gut in dem schwarzen Schuppenkleid auszumachen, mit denen nun Javero gemessen wird. Intelligenz, zweifelsfrei die mag der Barde darin lesen, genauso wie ein nicht unerhebliches Maß an Bosheit, die bereits der Krieger bemerken durfte. Javero kann förmlich sehen wie es in den kleinen Köpfen arbeitet und die gelben Augen vom Balkon nach unten wandern zu dem zerstörten Fenster. Die Entscheidung fällt schnell und nahezu synchron. Genauso flink und zielstrebig wie sie aus dem Haus gestürzt kamen springen sie nun wieder in das Zimmer hinein, auf dem Weg nach oben, ein Stockwerk höher, ihrem zweiten Opfer entgegen.
Nur kurz wartet Ataeric, dann lässt er sich begleitet vom Geräusch brechender Zweige und Äste vom Baum rutschen. Statt nun aber das sichere Weite zu suchen läuft er den Echsen hinterher und erklimmt das Fenster mit der gleichen fraglichen Geschicklichkeit wie zuvor. Das Knallen einer Tür wird hörbar, dann wie etwas schweres verschoben wird. " Hilf mir mal damit!" ruft er laut vernehmbar und fordert den Barden allen Ernstes auf, ihm in dem düsteren Raum auch noch Gesellschaft zu leisten.

Nun gut, die Ablenkung war wohl irgendwie auch so geplant, weiter gedacht hatte der Barde aber ganz offensichtlich nicht. "Ach du Scheiße..." entfährt es ihm daher auch, als die Echsen den Entschluss fassen von dem Leckerbissen auf dem Baum abzulassen, um sich den vermeintlich leichter zugänglicheren Happen zu organisieren. Rasch gleitet sein Blick zum Dach empor, ist die Flucht nach oben sicherlich dankenswerter, als sich mit den wendigen Echsen ein Wettrennen zu liefern. So will er sich gerade schon daran machen sich auf selbigem in Sicherheit zu bringen, doch da hechtet Ataeric auch schon lebensmüde in die Höhle der Echsen hinein. "Bist du irre?" entfährt es dem Barden fassungslos, doch als dann der Ruf nach Hilfe erklingt, stöhnt er gepresst, ehe er sich über das Geländer schwingt und sich durch das Fenster gleiten lässt. Im dämmrigen Raum ist er kurz nahezu blind, ehe sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen und er zumindest Ataerics kantigen Umriss erkennen kann. Mit raschen Schritten ist er bei dem Hünen und hilft ihm wohl dabei ein Möbelstück vor die Tür zu schieben, um diese zu verbarrikadieren (oder eben das, wobei er sonst Hilfe braucht ). Von oben her erklingt derweil wüstes Gepolter, was dem Nervenkostüm des Spielmannes nicht unbedingt zuträglich ist. "Lass uns hier abhauen." presst er demnach auch gehetzt hervor und fährt auch schon herum, als jedoch ganz plötzlich Stille einkehrt. Abrupt hält er inne und lauscht in das Fehlen jeglicher Geräuschkulisse hinein, ein Zustand der fast noch beängstigender ist als das Toben der Echsen. Seine eigene Atemzüge gehen rasch und stoßweise, während er es kaum wagt sich zu bewegen, um ja keinen verräterischen laut von sich zu geben, was bei dem geräuschaffinen Mann wohl wahrlich nicht so einfach ist. So gleitet sein Blick über die Schulter, um den Ataerics zu suchen.

Einen voll gefüllten Schrank schieben die beiden Männer vor die Tür. Ataeric sammelt noch zwei Holzbruchstücke auf und verkeilt sie vor dem Möbelstück, damit es nicht mehr so leicht von der Tür wegzukippen ist. Seine eigene Atmung ist ruhig wie die Bewegungen die er ausführt und nicht einmal der Apell des Baden nach Eile und Flucht bringen den Krieger aus seinem Gemüt heraus. Javero erstarrt zu ungewohnter Bewegungarmut und auch Ataeric hebt den Kopf, plötzlich lauschend. Er erwidert den Blick des Jüngeren und legt einen Zeigefinger an den Mund. Sehr langsam, bemüht auf dem von Holzsplittern und -resten übersäten Boden kein Geräusch zu erzeugen kehrt der Krieger zurück zum Fenster. Ein Knacksen können seine tastenden Füße gerade noch vermeiden und das Schleifen eines beseitegeschobenen Stuhlbeins hebt sich von dem schnellen Stakkato des Barden Atemzüge kaum ab. Ataeric platzert sich rechts neben das offene Fenster und legt die linke Hand auf die Scheide seiner Waffe. Clat für Clat zieht er die Asnivala behutsam aus seiner ledernen Umarmung ohne das es von dem typischen Geräusch blank ziehenden Stahls begleitet wird.
Es bleibt weiter still.

Für den Barden beginnt nun eine wahrlich quälende Episode, kann er sich nicht bewegen ohne dass das Schellenband unweigerlich einen Laut von sich geben würde. Er nimmt das Warnsignal des Kriegers jedoch ernst und verharrt mit angespannter Miene und dem dröhnenden Klopfen des eigenen Herzens in den Ohren, welches das Lauschen deutlich erschwert. Die Stille dehnt sich aus, sodass selbst die Atmung des Spielmannes wieder Gelegenheit hat sich etwas zu beruhigen. Gerade schon will die Ungeduld ihn dazu drängen Ataeric erneut zum Aufbruch zu animieren, da wirft sich etwas mit voller Gewalt gegen die Tür, sodass es laut knallt und der versperrende Schrank erzittert. Javero taumelt schreckend einen Schritt rückwärts, die Starre ist damit nun eindeutig durchbrochen und der Puls wieder in einem Wettlauf mit sich selbst. Glücklicher Weise hält die Barriere jedoch stand, obwohl sich die Echse weiter wie ein Rammbock dagegen wirft. Im nächsten Moment splittert in der oberen Etage Glas, ein geschuppter Körper springt in einem Regen aus glitzernden Glaskristallen herab und wendet sich dem Fenster zu, somit in vollstem Bewusstsein den Fluchtweg blockierend. Der röhrende Laut erklingt erneut, fast schon verspottend und regelrecht siegessicher, während die listigen Augen den Barden fixieren, welcher nun in der zugeschnappten Falle auf dem Präsentierteller steht. Dieser hat nun auch noch den letzten Rest Farbe aus dem Gesicht verloren. Kurz zucken seine Augen zu Ataeric, welcher immer noch verborgen neben dem Fenster ausharrt, die Klinge blank gezogen.

Warten. Ruhe. Atmen. Der zweite Lebensinhalt eines Veteranen wenn man sich nun nicht gerade zu den Endrakhi zählt. Fraglich ob Ataeric mit einer solchen Koordination der Raubechsen gerechnet hat. Vertrauen in die behelfsmäßige Barriere scheint er aber zu haben, wendet er sich nicht von dem Fenster ab um sie zu kontrollieren. Das Glas splittert und die Echse fängt den Sturz unbeschadet ab obwohl sie nicht nur mit den Beinen, sondern gleich dem ganzen Körper und Kopf auf dem Boden aufprallt. Mit der schon bewiesen Schnelligkeit steht sie bereits einen Atemzug später wieder auf den Beinen. Der Schwanz schlägt bedächtig hin und her, die gelben Augen liegen gierig auf dem Barden. Der Hals ist lang gestreckt während die dunklen Krallen der kurzen Vorderbeine wie zum Vergnügen nacheinander gehoben und gesenkt werden und eine überraschende Beweglichkeit präsentieren. Geduckt pirscht das Tier vor und Javero kann das Muskelspiel sehen, das sich trotz der schwarzen Schuppen gut sichtbar abhebt. Warten. Ataeric stellt das linke Bein vor und hebt die Asnivala bis auf Armhöhe. Ruhe. Die Echse verharrt und stösst dann mit einem behänden Satz durch das Fenster auf Javero zu, der hier ob nun geplant oder ungeplant als denkbar schmackhafter Köder dient. Atemzug. Mit einem Ausfallschritt bringt sich Ataeric näher heran, vollführt eine passende Armbewegung und die scharfe Klinge saust nach unten. Der Stahl prallt auf den schlanken Hals der Echse, dem das Schuppenkleid nicht viel entgegen zu setzen hat. Ledrige Haut, Sehnen, Muskel und Gefäße werden durchtrennt, eine Fontäne warmen Blut ergießt sich wie sprühender, dicker Regen über den Barden. Pulsierend nur noch für einen Herzschlag dann bricht der Körper der Echse in dem Fensterrahmen zusammen während der Kopf auf den Boden fällt. Es knallt an der Tür, der Schrank zittert.

War es nun Vertrauen in die Kampfeskunst des Kriegers, oder schlichtweg Schockstarre welche den Barden an Ort und Stelle hält? Er blickt der Echse reglos entgegen, sich der Tatsache ganz eindeutig bewusst, dass er sich hier am unteren Ende der Nahrungskette befand. Der gewandte Jäger wäre so schnell bei ihm, dass er kaum genug Zeit hätte herum zu fahren und die fingerlangen Klauen hätten ihn zerrissen, noch ehe der Körper im Stande gewesen wäre das Signal vom Schmerz an den Kopf weiter zu leiten. Immerhin wäre es ein rascher Tod. Die Welt um Javero herum verliert sich in einem Zeitraffer, als die Echse durch das Fenster hechtet. Der gezielte Schlag des Kriegers beendet ein Leben und rettet damit ein anderes, doch die Erkenntnis dessen rückt in diesem Moment in weite Ferne. Die sprühende Blutfontäne netzt den Spielmann in einer makabren Willkür, besprenkeln ihn warm und klebrig und verhöhnt seine friedfertige Ideologie mit dem harten Kontrast blutiger Realität. Der metallene Gestank dehnt sich im Raum aus und scheint jede Luft zum Atmen zu verdrängen, sodass sich die Brust des jungen Mannes nunmehr flach und stoßweise hebt. Sein Blick ist immer noch starr geradeaus gerichtet, dorthin wo sich gerade noch das zahnbespickte Maul des Reptils in gierigem Hunger nach ihm gereckt hat und nun ein kopfloser Hals über dem Fensterrahmen hängt, aus welchem das Blut wie dickflüssger Pech quillt. Der Knall gegen die Tür dringt wie durch Watte in seine Gedanken und erst das zweite Rammen reißt ihn aus dem Nebel. Sein Blick gleitet zu dem abgeschlagenen Kopf hinab, dann zu Ataeric, dessen glänzender Stahl von einem trübenden Schleier überzogen ist. Die Übelkeit kämpft sich mit aller Macht empor, doch ein weiterer Knall an der Tür lässt den Mann zur Seite taumeln, fort von der Barrikade, fort von der blutigen Schneise, aber auch nicht wirklich in Richtung Fenster, wo der tote Echsenleib wie ein Mahnmal hängt.

Die Blicke der Männer kreuzen sich und Ataeric erkennt im gleichen Augenblick, dass er sich in diesem Punkt geirrt hat. Es hat keinen Sinn dem Barden sein Pejura in die Hand zu drücken. Bis jetzt hat sich der Barde tapfer geschlagen, nicht das Weite gesucht als er die Möglichkeit dazu hatte und ihm mit seiner Wurfeinlage draußen ebenfalls die Haut gerettet. Doch damit scheint er die Grenze dier Belastung erreicht zu haben. Kein kaltschnäuziger Messerschwinger im verbergenden Gewand eines fröhlichen, jungen Mannes. Lediglich ein Spielemacher mit gutem Körpergefühl und einer Portion Mut und Loyalität.
"Stell dich dort rüber. Hnter den Schreibtisch", weist er Javero an. Er will ihm erst gar nicht das Gefühl geben hier ein weiteres Mal als Köder zu dienen, weshalb er ergänzt:" Da bist du außer Reichweite von Fenster und Tür und mir nicht im Weg." Die Ecke ist dunkel, das Holz des wuchtigen Tisches ebenso und doch zweifelt der Krieger nicht daran, dass die zweite Echse dem Geruch des Blutes, das der Barde dank der eigenen Körperwärme verlockend verströmt folgen wird. Die Anstrengung der Echse im Korridor nimmt wütende Züge an. Keine Raserei in Glauben, hier drinnen wäre bereits die Mahlzeit eingeleitet worden, was das Ansinnen des Kriegers in Frage stellt. Gut möglich dass das intelligente Tier einen Unterschied zwischen dem Geruch des Todes eines Artgenossen und dem der Beute macht.
Ataeric fordert den Barden kein zweites Mal auf, noch hält er sich damit auf seine Anweisung durchzusetzen, sofern Javero dieser nicht Folge leistet. Stattdessen tritt er gegen die eines der beiden Bretter, die dem Schrank mehr Stabilität geben, dann gegen das zweite. Er platziert sich diesmal von der Tür aus gesehen links und wechselt die Asnivala in die linke Hand, steht nun dem Schreibtisch am anderen Ende des doch eher kleinen Raumes gegenüber. Warten. Ruhe. Atmen.
Doch erst einmal geschieht nichts. Es wird still.

Nein, einen verkleideten Assassinen hatte Ataeric wahrlich nicht vor sich. Nichtmal einen Mann der wusste mit Stahl sein eigenes Leben zu verteidigen. Ein Dieb vielleicht, ein Scharlatan, oder auch tatsächlich einfach nur einen unbedarften Musikus aber nein, keinen heldenhaften Schwertschwinger. Die Worte des Kriegers helfen Javero dabei sich noch ein wenig zusammen zu reißen, nicht einfach dem Drang nachzugeben und den spärlichen Mageninhalt auf den Dielen zu verteilen. So stolpert er eilig hinter den Schreibtisch hinterlässt eine blutige Spur auf dem feinen Holz, als er sich an der Kante abstützt, um sich in die Ecke zu drücken und den Ekel nicht überhand gewinnen zu lassen. So steht er da, konzentriert sich einfach darauf stehen zu bleiben und zu atmen, während sich sein Blick auf Ataeric heftet, um nicht irgendwo anders hinsehen zu müssen als sich die plötzliche Stille erneut wie ein Leichentuch über den Raum legt.

Viel zu beobachten gibt Ataeric nicht her. Gleich wie zuvor am Fenster, lediglich spiegelverkehrt steht er an der Wand und wartet. Die Brust hebt sich kaum merklich und tatsächlich wirkt der Mann so entspannt und seelenruhig, wie der Barde ihn noch nie zuvor, ganz besonders nicht während ihrer Gespräche, hat erleben können. Dennoch passiert nichts und für Javero mag genau dieses "nichts" am nervenaufreibendsten sein. Der rote, klebrige Saft auf seiner Kleidung wird zäher und dort wo es auf seine Haut gekommen ist beginnt es zu spannen und womöglich noch zu jucken. Der Gestank in dem kleinen Raum ist nahezu überwältigend, verdeckt die tote Echse einen großen Teil des Fensters. Frische Luft kann er von dort nicht erhoffen.
"Warte", flüstert der Krieger, dem durchaus bewusst ist das genau das das Schwierigste ist. Plötzloch komt Bewegung in die Situation. Von ganz anderer Stelle als von Ataeric vermutet. Ein Ruck geht durch den toten Leib der Raubechse, der Hals knallt gegen die Fensterbank, das verstümmelte Ende reißt hoch und vollführt einen Kreis als wolle das Tier sich seinem Schicksal nicht einmal jetzt beugen wollen, dann wird sie hinaus gezogen und ist verschwunden.
Ataeric kann nur hoffen das das zweite Tier lautlos über den Balkon den Weg in den Garten gefunden hat, denn nun ist die Tür weit weniger gut gesichert. Erneut wechselt er die Hand, mit der er die Waffe führt bevor er seinen Platz neben der Barriere verlässt und sich auf das Fenster zu bewegt.