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Wie verabredet erschein Bhok am frühen Morgen im Silberkrug um dieser schon seltsamen Frau zu helfen. So richtig weiß er nichts mit ihr anzufangen. An dem einen Tag will sie ihm an die Gurgel und am nächsten schon bittet sie ihn um Hilfe. Bhok selbst beginnt schon seit einiger Zeit ein Bart zu wachsen und auch seine Gesundheit scheint dieser ungewisse Zustand in der Stadt nicht gut zu tun. "Sichara" meint er zu den anwesenden und schaut sich erst einmal um ob vielleicht Sundara auch schon da ist.

Bhok wird nicht lange brauchen, um sich nach den Anwesenden umzusehen. Wie so oft im Graben ist er der einzige Gast, noch dazu zu dieser Tageszeit. Es sieht so aus, als wäre es auf der Insel nicht Sitte, sich im Gasthaus zum Frühstück einzufinden. Ebenso wird er bald entdeckt haben, dass keine seltsamen Frauen zugegen sind, die Bhok bereits kennen würde. Es ist nämlich nur eine eine Frau da, diese steht hinter dem Thresen und räumt gerade frisch gespülte Teller auf ein Bord. Diese eine Frau jedoch hat es wohl in sich, entspricht sie wohl genau dem, das bei vielen Männern in der Röhre das Schönheitsideal sein könnte. Ein ebenmäßiges Gesicht von feinsten Zügen wird auf der einen Seite von zwei großen, stahlgrauen Augen dominiert, strahlend doch kühl und geheimnisvoll, auf der anderen Seite von sorgfältig hochgesteckten braunen Haaren umrahmt. Diese Haare geben einen schlanken Nacken frei, der in ebenso schlanken Schultern mündet. Diese werden von der strahlend weißen Bluse nicht verdeckt, ebensowenig wie der flache, schlanke Bauch, dessen Bauchnabel ein funkelnder Edelstein ziert. Der nachtblaue, tiefsitzende Rock reicht bis zu den Knöcheln, doch hohe Schlitze offenbaren bei jedem Schritt die langen, schlanken Beine der wohl um die 175 Clat großen Frau. Zierliche Füße stecken schließlich in fein gearbeiteten Sandalen.

Als Bhok also den Silberkrug betritt, ist es wohl sehr ruhig in dem Lokal, bis sich die Frau hinter dem Thresen ihm zuwendet.

„Sichàra,“ grüßt sie freundlich, doch etwas kühl. „Mein Name ist Ninim. Wie kann ich Euch helfen?“

Bhok bemerkt durchaus den kühlen Ton der Frau und legt den Kopf schief. "Sichara Ninim. Ich bin hier verabredet mit Sunadra. Habt ihr Sie gesehen?". Er fragt direkt und ebenso kühl wie die ihm nicht bekannte neue Bedienung.
Sie bemerkt durchaus, dass seine Blicke nicht dem entsprechen was sein kühler Ton vorgibt. Bhok ist sichtlich beeindruckt von dieser Frau und so muss sie sich wie sicherlich von vielen Männern einer genaueren Musterung unterziehen.
Dann wendet Bhok sein Blick vom Tresen weg durch den Raum und hofft bald auf den Wirt zu treffen.

In der Tat lässt wenig darauf schließen, dass Ninim Bokhs Blicke irgendwie unangenehm wären. Im Gegenteil - sie beginnt sogar, ganz leicht mit ihm zu kokettieren, was sich in einem leicht anzüglichen Lächeln und einem Zucken ihrer rechten Augenbraue manifestiert. Die zeugt auf der anderen Seite freilich auch davon, dass sie den bemüht kühlen Tonfall in seiner Frage durchschaut hat. Dies ist aber auch schon alles - der Blick bleibt relativ kühl und unnahbar, und ebenso unnahbar ist ihre Antwort: „Sundara? Ich keine Sundara. Die muss wohl neu hier sein. Aber ich kann Euch beruhigen, Ihr seid heute, abgesehen von einem Knecht Roalds, der erste Gast hier im Silberkrug. Eure Sundara ist jedenfalls noch nicht hier gewesen. Ich bin aber auch nicht hier, um irgendwie zu verfolgen, wer wann gerade wo steckt. Ich bin hier, um Euch etwas zu trinken oder zu essen zu geben, wenn Ihr dafür bezahlen könnt und wollt.“ Sagt es und beginnt wieder, die Teller ins Bord zu räumen.

Wenn man von Lijan spricht... Gar zu oft hat sich dieses in der Röhre recht gebräuchliche Sprichwort bewahrheitet. Und so auch hier. Ninim hat sich wohl gerade erst wieder ihren Tellern zugewendet, als sich die Tür öffnet und die hübsche Schwarzhaarige darin erscheint, die eben auf den Namen Sundara hört. Bart ist ihr keiner gewachsen in den zwei Tagen, die sie sich auf der Insel befindet, und nur sehr schwer ist es anzunehmen, dass so etwas in den nächsten Wochen passieren könnte. Und so sieht sie auch aus wie in den Tagen zuvor. Vom Typ so unterschiedlich zu der Schönheit hinter dem Thresen, zu klein, zu breite Schultern, keinen so ausladenden Busen wie Ninim, keinen Edelstein im Bauchnabel, der bei Sundara wohl nur durch das schlecht und auch nicht aus ästhetischen Gründen gekürzte Hemd sichtbar ist. Kein eleganter, hochgeschlitzter Rock, sondern eine krude Lederhose, keine feinen Sandalen sondern einfache, feste Stiefel. Hinter dem Thresen ein geschliffener Diamant, vor dem Thresen ein Rubin, der wohl noch im Stein steckt. Einzig Ninims Augen, die gemeinhin als schön bezeichnet werden können, sind fahle Tümpel gegen Sundaras Seelenspiegeln. Und so ist wohl Ninim der Typ, dessen Bild man sich als Soldat in den Spint hängen würde, Sundara hingegen derjenige, den man einfach so umarmen möchte. Und so ist auch keine Kühle zu hören, als sie mit freundlich strahlenden Augen ein fröhliches „Sichàra Stan...“ zu artikulieren bringt, dann jedoch überrascht abbricht. Nur kurz mustern ihre Augen die Inkarnation jhoulana-inspirierter Phantasien. Wenig ist jedoch von der fast neidischen Argwohn zu spüren, die so vielen Frauen bei der Beobachtung gleichgeschlechtlicher Wesen eigen ist, und noch viel weniger als sich ihre Hand nach vorne bewegt, über den Thresen, zum Ergreifen angeboten, und ein ebenso freundliches „Sichàra, ich bin Sundara!“ ertönen lässt. Die linke Hand legt sie dabei auf Bhoks Schulter, wohl als Zeichen dafür, dass er sehr wohl bemerkt wurde und sich auch keinesfalls ignoriert fühlen sollte.

Umso prüfender ist Ninims Blick, der nun die eben eingetroffene Sundara trifft. Zuerst fallen ihr wohl die Augen auf, argwöhnisch geht eine Braue nach oben, dann geht ihr Blick an der jungen Frau nach unten, und je länger sie Sundara ansieht, desto zufriedener wirkt sie, und besonders das einärmelige, schief abgeschnittene Gebilde von Hemd erntet einen mehr als abschätzigen Blick. Kurz schaut sie zu Bokh, auf Sundaras Hand auf seiner Schulter, dann wieder zu Sundara selbst, bevor sich das freundlich-kühle Lächeln auf ihre Lippen legt, das ihr so eigen zu sein scheint. Sie nimmt Sundaras Hand in die ihre, drückt sie nur kurz.

„Sichàra,“ antwortet sie dann, „ich bin Ninim, die Schankmagd des Silberkruges. Wenn Ihr was wünscht, ich bringe es Euch gerne.“

Sagt es und widmet sich wieder ihren Tellern. Bald hat sie diese verräumt, dann beginnt sie, die Flaschen über der Theke zu ordnen, wie zufällig genau vor Bokh. Sie muss sich dazu gehörig strecken und räkelt sich also vor dem Mann mit Dreitagebart, während sie die Flaschen zurechtrückt.

Bhok bemerkt Sundara und lächelt sie beim Hereinkommen an. Er springt vom Stuhl auf und kommt ihr etwas entgegen. Keine Augen mehr für die Barfrau und macht sich gleich auf zum Gehen. Die Hand an der Schulter lässt ihn stoppen und seine Blick wandert zu Sundara. "Sichara. Wollen wir? Ich möchte das erledigt haben." Der sonst so freundliche Bhok scheint auch anders zu können, denn seine Stimmlage ist nun etwas ruppig und nicht wie sonst so übernatürlich freundlich.

Das plötzliche Sich Erheben und auch der wenig freundliche Tonfall lässt Sundara ihre Hand zurückziehen. Etwas unsicher sieht sie Bhok an, mit großen Augen. Sie sagt zunächst nichts, sie nicht nur und verlässt mit ihm den Silberkrug. Draußen angekommen, bleibt sie stehen und stellt sich vor Bhok hin. Ihre rechte Hand geht an seinen linken Unterarm, und noch immer etwas unsicher schaut sie zu ihm hoch.

„Wenn du das nicht machen willst,“ sagst sie dann, „dann musst du das nicht machen. Es geht nur darum, dass ich für Shassla diesen Schrott sammeln muss, und sie meinte, ich solle da ja nicht alleine gehen, sondern jemanden mitnehmen, der mir den Rücken freihalten kann. Und ich wusste einfach nicht, wen ich sonst fragen sollte. Du hast auch etwas gut bei mir, ganz egal was. Du brauchst nur fragen, und ich helfe dir, wobei du auch immer Hilfe brauchen könntest.“

Sie sieht ihn nun an, noch immer unsicher, eine Antwort erwartend, während ihre Schneidezähne ihre Unterlippe bearbeiten und die Spitze ihres Stiefels irgendwelche Formen in den Staub auf dem Pflaster malen.

Bhok schaut ein wenig überrascht. "Ach.. du meinst..." sein Daumen wandert zurück zum Silberkrug. "Ach nein. Selbstverständlich helf ich dir gerne." Er macht eine kurze Pause und wartet auf eine Reaktion. "Es geht um diese aufgeblasene Frau am Tresen. Es ist eine Sache, wenn wir zwei uns wegen unterschiedlichen Meinungen streiten, oder wenn mich hier kein Mensch mag weil ich zu meinem Glauben stehe oder sonstigem. Aber diese Frau wirft mich wohl einen genervten Tonfall rüber weil ich ein Mann bin ... ich weiß nicht was die heute morgen schon genommen hat. Ich komme gut gelaunt herein und diese kalte abweisende Art nervt mich langsam."

Dann lächelt er über beide Ohren Sundara an

Bekanntlich hört man es ja selten, wenn Steine von Herzen fallen, aber sehen kann man es mitunter. Wenn es sich nun um eine Person handelt wie eben Sundara Jahasi, die soundso ihre Gefühle auf einem Silbertablett zu präsentieren scheint, so ist dies nun auch unübersehbar. Jedenfalls präsentieren sich urplötzlich eine ganze Reihe weißer Zähne, die Augen blitzen erfreut auf und strahlen Bhok an, so sehr, dass er wohl die Augen sofort schließen müsste, hätten Blicke die Eigenschaft, blenden zu können. Die Hand geht vom Unterarm hinunter zu seiner Hand, nimmt sie kurz, und gleichzeitig blitzt der Schalk in ihren Augen auf.

„Naja, hübsch ist sie ja,“ meint sie. „Vielleicht mussst du sie erst noch etwas warm machen, wenn sie dir zu kühl erscheint... Aber gehen wir.“

Sie lässt seine Hand los und macht einige Schritte vom Silberkrug weg.

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