Forum Übersicht - Unter der Stadt » Konfrontation tief unter der Stadt

„Das muß aufhören!“: grollt die hochgewachsene Chira in der schwarzen Robe, deren Ärmel mit Silberstickereien geschmückt sind. Verärgert zuckt Ihr Schwanz durch die Luft und ihre Augen mustern funkelnd den älteren Mann vor ihr, der ungerührt mit leicht in den Nacken gelegten Kopf zu dem Katzenwesen aufschaut. „Die Fehlleistungen eurer Hüter häufen sich und gefährden nicht nur das Experiment sondern auch die Sicherheit im Allgemeinen!“: zischt die Chira und macht sich nicht mehr die Mühe ihren Zorn auch nur ansatzweise zu verbergen. Unbeeindruckt antwortet der ältere Mann mit fester Stimme. „Wie oft habe ich euch davor gewarnt, die Konditionierung der Hüter nach den Vorfällen im Metatorion zu verschärfen? Ich habe euch wiederholt darauf hingewiesen, daß die Überkonditionierung und der damit verbundene Verlust selbstständiger Lagebeurteilung angemessene Reaktionen auf eine Bedrohungslage beeinträchtigt! Ihr habt euch über alle diese Warnungen hinweggesetzt und die Verschärfung trotzdem befohlen. Also beschwert euch jetzt nicht über die Folgen.“

Nur mit Mühe hält sich die Chira, die keine Widerrede gewohnt ist, so weit im Zaum, daß sich ihre angriffsbereiten Krallen wieder ein Wenig in ihre Tatzen zurückziehen. „Es war der Wille der Göttin!“: faucht sie derart heftig, daß sich ein Regen feiner Speicheltröpfchen in das Gesicht des Mannes ergießt, der demonstrativ einen Schritt zurück tritt und sich mit der Rechten übers Gesicht wischt.

„Ja, natürlich, der Wille der Göttin.“: sagt der Erste Hüter mit ehrerbietigem Neigen des Kopfes und versteht es seine Zustimmung etwas unterwürfig und doch spöttisch klingen zu lassen. „Doch wenn ihr schon dabei seid von Sicherheitsbedrohungen zu reden, dann erklärt mir doch bitte wie es möglich ist, daß der Reinkarnierte, der nach der versuchten Machtübername meinen Platz einnehmen sollte, direkten Kontakt zu einem der Versuchssubjekte in der Stadt aufnehmen und wie es geschehen konnte, daß er sich dazu einer Schnittstelle des Tempels bediente? Wir haben diesen Einbruch erkannt, zur Auswertung archiviert und die übernommene Jagddrohne isoliert. Ich lasse euch die Daten selbstverständlich zur Verfügung stellen solltet ihr sie benötigen, Hohepriesterin.“ Bei den letzten Worten gönnt sich der Erste Hüter den Anflug eines zynischen Grinsens.

Sofort ändert sich das Minenspiel der Chira. Obwohl sie dem Menschen liebend gern den Kopf vom Rumpf gerissen hätte, legt sie ihrem Zorn Zügel an. Sie weiß von dem ärgerlichen Vorfall, aber daß die Hüter Kenntnis davon erlangt hatten, ist mehr als überraschend. Der Einbruch in das Tempelnetzwerk ist unangenehm und untergräbt ihr Ansehen, da sie die letztendliche Verantwortung für alle Vorkommnisse im Tempel trägt. So nimmt sie sich schweren Herzens zurück und ignoriert das schamlose Grinsen des Menschen. „Danke! Ich weiß euer Angebot zu schätzen, aber es ist nicht notwendig.“ Sie hatte vorgehabt, die Neuigkeit in einem besonderen Rahmen bekannt zu geben, aber jetzt erscheint ihr der Zeitpunkt ideal um damit die Aufmerksamkeit von dem Zwischenfall auf das bevorstehenden Ereignis zu richten. „Über die Konditionierung unterhalten wir uns noch, aber ich muß euch dringend Ersuchen, alle Vorkehrungen für die Ankunft eines hohen Gastes zu treffen. Unsere Herrin segnet uns mit der Entsendung einer Botin! Gepriesen sei ihr Name!“ Sie läßt die Nachricht ein wenig wirken, bevor sie fortfährt: „Vergeßt vor allem nicht, daß die Gesegnete Männer als Opfer vorzieht. Es muß bei ihrer Ankunft bereitstehen. Ich überlasse euch jetzt euren Pflichten. Möget ihr immer in ihrem Schatten wandeln!“

In einer rein formellen Geste neigt der Erste Hüter seinen Kopf. „Gepriesen sei ihr Name!“: wiederholt er die Segensformel. Er enthält sich aller weiteren Äußerungen, denn er weiß, daß er mit dem Zugeständis der Hohepriesterin einen kleinen Sieg errungen hat. Die Ankündigung der Ankunft der Botin überrascht ihn nicht wirklich. Immer noch war kein Urteil über die Beteiligten am Umsturzversuch im Metatorion gefällt worden. Das es in der Luft lag, hatte er angenommen, als der Befehl für die Rückführung der Verbannten gegeben wurde. Die nächsten Tage versprachen interessant zu werden.