Forum Übersicht - RE: Besuche - 2

Der grobe Tisch in der versetzten Mitte des Raumes mit den einfachen Bänken gibt nicht das Gefühl sich in einem geschlossenen Raum aufzuhalten. In Richtung von Hel´s Haus kann Vella in das satte Grün der Insel sehen, von wo aus sich sogar ein längerer Ast in das offene Haus biegt, an dem der Baum dicke, fleischige Blüten trägt die einen blumigen Duft von sich geben, der so gar nicht zu der schlichten, männlichen Atmosphäre passen will. Auf der anderen Seite kann man auf ein Stück hoch gewachsenes Gras sehen, auf dem ein Pfad verrät dass der Krieger oft die umrandende Veranda in dieser Richtung verlässt und hinter den aufragenden Büschen blitzt das dunkle Holz eines zweiten, kleinen Gebäudes hervor hinter dem sich die primitive sanitäre Einrichtung und die Schlachtbank verbirgt. Ataeric schenkt seinem seltenen Gast den Kräutertee ein, bevor er einmal zum Holzregal zurückkehrt und Vella einen fragenden Blick zuwirft. Je nach Antwort kommt er mit einem oder zwei Holzteller und Suppenlöffel zurück und legt auch diese auf den Tisch. Er füllt sich seinen Napf und zieht ihn sich mit beiden Händen näher während er sich hinsetzt. . „Du kommst von Hel“, ist es mehr eine Feststellung als Frage an die sich nahtlos fügt:“ Will er mitkommen?“

Schmunzelnd lehnt Vella, als Ataeric fragend die zweite Schüssel hebt. „Danke. Ich hab schon gegessen. Der Eintopf ist für dich. Ich bring dir ja nichts um es gleich wieder aufzuessen. Laß es dir schmecken.“: sagt sie. Sie trinkt von ihrem Tee. Ab und zu knabbert sie eine Nuß während der Krieger ißt. Der Duft der Blüten steigt ihr in die Nase. Für einen langen Moment mustert sie die Blüten. Dann streift ihr Blick über die Veranda. Sie bemerkt den ausgetretenen Pfad. Ataerics Stimme läßt sie zu ihm schauen. „Ja, ich hab ihm auch was zu Essen gebracht. Er ißt ja sonst nur Trockenfleisch und Zwieback. Er sagt, daß er mit geht morgen. Ich nehm an, du stehst zeitig auf?“ Fragend schaut ihn Valla an.

Der Krieger isst mit gutem Appetit, das einzige Lob welches Vella bekommen wird obwohl ihr Eintopf wie immer nicht nur gut duftet, sondern auch noch schmeckt. Im Gegensatz zu seinen mangelnden Umgangsformen besitzt er offenkundig Tischmanieren. Statt sich über die Schüssel zu hängen und die Suppe geräuschvoll in den Mund zu schaufeln, sitzt er aufrecht am Tisch und hat beim Essen keine Eile. Ataeric nickt zu Vella´s Vermutung er würde es bevorzugen früh aufzustehen. „Sollen wir dich abholen? Ich bekomme Hel schon frühzeitig aus dem Schlaf.“

Es freut Vella das es Ataeric schmeckt. Sie schaut ihm ein bißchen zu, hebt dann den Blick wieder zu den duftenden Blüten. Als Ataeric ihre Vermutung bestätigt, schmunzelt sie breit. "Du kennst ihn auch schon recht gut. Morgens ist er schwer auszuhalten. Vor allem wenn er einen Kater hat. Ich hab ihm gesagt, er soll die Finger von der Rumflasche lassen." Sie nimmt einen Schluck von ihrem Tee. Am Anfang ihrer Bekanntschaft war es ein bißchen anders, aber jetzt ist sie gelöst und völlig natürlich. "Ja, gute Idee. Kommt mich abholen, ich mach uns Frühstück. Oder ißt du nichts am morgen?" Sie schaut den Krieger an. "Wie lang werden wir unterwegs sein? Den ganzen Tag?"

„Doch, nachdem ich eine Runde um die Stadt gelaufen bin“, was er bei ihrem Ausflug ebenfalls bevorzugen würde. Der Krieger denkt einen Augenblick nach und wägt die Vorteile eines frühzeitigen Starts gegenüber dem ab, keine gut verpackten und in der feuchten Wärme unverderbliche Vorräte mitnehmen zu müssen, entscheidet sich aber rasch für die Variante, die vermutlich Vella und Hel am ehesten zusprechen würden. „ Klingt gut“, nickt er knapp und kratzt mit dem Holzlöffel die Reste aus der Schale. Ein weiteres Mal zögert er kurz, unterlässt es dann aber Vella auf entsprechendes Schuhwerk und Kleidung hinzuweisen – tatsächlich vermutet er sogar, dass die kleine Frau den Marsch wahrscheinlich mit weniger Murren als sein Nachbar hinter sich bringen wird. „Die Felder sind nicht in der unmittelbaren Nähe der Stadt, waren aber auch nicht so weit weg. Mehr als zwei, drei Jhane brauchen wir zu Fuß vermutlich nicht. Aber wenn wir uns dort noch umsehen wollen, werden wir sicher den ganzen Tag unterwegs sein“, setzt er zu einer für ihn doch recht langen Erklärung an, bevor er nach seinem Becher greift und von dem Tee trinkt. „Mhm..“, brummt er leiser noch hinterher:“Ich freu mich auf die Felder“, was nun schon auffällig untypisch für den eher zurück haltenden und selten „freudig“ wirkenden Mann ist..

"Schön, dann mach ich uns auch was für den Weg zurecht.": sagt Vella. Es klingt so als hat sie sich schon was zurecht gelegt. Sie hört dem Krieger zu. "Wenn Hel interessante Pflanzen sieht, ist er nicht zu halten. Dann pack ich uns was für den ganzen Tag ein." Sie schaut Ataeric ein bißchen überrascht an, als er sagt, daß er sich auf die Felder freut. "Das erste Mal hast du über die Felder geredet, als ob du ein Bauer wärst. Jetzt freust du dich auf die Felder? Vielleicht hast du wirklich was mit Landwirtschaft zu tun gehabt? Ich glaub es ist wirklich eine gute Idee, hinzugehen. Vielleicht erinnerst du dich an etwas, wenn wir dort sind. Ich mein wenn du das Feld riechst und die Pflanzen zwischen den Fingern spürst. Wünschen tät ich es dir."

Der Ausdruck des Kriegers verrät, dass er sich genau das von einem Besuch auf die Felder verspricht. Ein Stück Erinnerung – mehr als nur das Wissen darum dass er weiß um was für eine Pflanze es sich handelt und wie die Frucht davon einzuholen. Ataeric gibt undeutliches Brummen von sich, welches die Hoffnung herunter spielt und nickt zu Vellas Plan etwas Proviant mitzunehmen. Kurz zögert er, doch wie bei dem Schuhwerk verzichtet er darauf die zierliche Vorovisin auf die Tauglichkeit hinzuweisen, die die Lebensmittel haben sollte. „Ich nehm ein paar Wasserschläuche mit und.. mhm.. verdünnten Wein“, bietet er an und erhebt sich, um die Schale in der einfachen Spüle abzuwaschen, die nicht mehr als ein großer Holzbottich mit frischem Wasser ist. Die Schale landet unabgetrocknet zurück an ihren Platz auf dem Holzregal und der Hüne setzt sich wieder zu Vella, die mit einem langen, nachdenklichen Blick bedacht wird, ehe er direkt fragt:“ Was ist Hel für ein Mensch?“.

Die Frage überrascht Vella. Sie stellt die Teetasse wieder zurück und schaut den Krieger forschend an. Aber sie kennt ihn schon gut genug und weiß das er nicht nur daher redet. Es dauert ein bißchen bis sie antwortet. „Weißt du wie oft ich mich das schon gefragt hab?“ Sie schüttelt leicht den Kopf.
„Er hat hundert Gesichter. Ich bin ihm eine Zeit lang sehr nah gewesen. Ich hab das Gefühl gehabt, daß ich den wirklichen Hel gesehen hab. Den der Lachen kann, der zärtlich ist, der für seine Freunde die Hand ins Feuer hält und der neben seiner Giftmischerei ein Heiler ist, ein wirklicher Heiler. Aber..“ Für einen Moment zieht sie die Schultern hoch, so als ob ihr kalt wär. „Ich hab auch den anderen Hel gesehen. Den Fanatiker, der über Leichen geht, kalt wie eine Jewakaschnauze. In Vorovis haben sie ihn gefürchtet. Sie nannten ihn den Hexenmeister. Natürlich nur wenn er es nicht gehört hat.“ Sie trinkt einen Schluck Tee. „Aber in Esticha ist er jede Woche einmal ins Hafenviertel und hat die Armen behandelt. Ohne was dafür zu verlangen. Er ist.. wie Tag und Nacht auf einmal, voller Gegensätze. Viele sagen er ist gefühllos, nur Kopf, kein Herz. Ich weiß das das nicht stimmt. Ich weiß aber auch, daß es nicht leicht ist ihm Nahe zu kommen. Wär er nicht so klug, skurpellos und verschlagen wie er ist, wär er in Vorovis nie so hoch gekommen. Trotzdem….aber ich bin nicht objektiv.“ Vella lächelt versonnen. „Wenns um ihn geht, war ichs noch nie.“: gibt sie ohne Zögern zu.

Ataeric greift nach seinem Tee und gibt Vella alle Zeit der Röhre die sie benötigt um zu antworten. Er hat im Grunde genommen nicht damit gerechnet die Frage beantwortet zu bekommen, weshalb er verspätet aufschaut als sein Gast beginnt zu sprechen. Auch nachdem Vella geendet hat verbleibt er still oder eher nachdenklich, bis er knapp nickt und die hellen Augen den Blick der Vorovisen suchen :"Danke," ein von ihm sehr selten formuliertes Wort das ihm angesichts der Ehrlichkeit mit der Vella geantwortet hat angemessen erscheint.Noch einmal verbleibt er still und es hat den Anschein als wolle er nochbetwas ergaenzen, bis er lediglich noch einmal nickt und das Thema damit zum Abschluss bringt. "Ich hab noch Fleisch von einem Kaninchon über, soll ich dir das einpacken?"

Vella schaut einen Moment in ihren Tee als Ataeric ihr dankt. Als die Rede dann auf das Kaninchon kommt, nickt Vella und schaut ihn wieder an. "Danke, das wär lieb. Ich mach uns etwas daraus." Wieder ist es für eine Weile still. Aber dann überwindet sie sich doch und fragt was ihr auf der Zunge liegt. "Du mußt nichts sagen, wenn du nicht willst. Aber ich möcht wirklich gern wissen, was du über ihn denkst." Vella schaut ihm ins Gesicht und ergänzt nach einem Augenblick. "Über Hel meine ich."

Während Vella mit dem Aussprechen ihrer Frage hadert verbleibt Ataeric ruhig am Tisch. Der Hüne hat keine Eile, trinkt seinen Tee und muss selbst nicht zwingend ein Gespräch führen so dass zumindest für ihn die Stille nicht unangenehm auffällt. Die Vorovisin holt ihn aus seinen Gedanken und der Krieger sieht wieder aufmerksam geworden zu ihr hin. Ein kurzer Laut entschlüpft ihn, am ehesten ein geschnaubtes Lachen bevor er beschwichtigend die Hand hebt." Ich hab keinen Grund daraus ein Geheimis zu machen", bemerkt er gewohnt direkt und legt die Arme vor sich auf den robusten Tisch. "Ich mag Hel. Ich mag die Art wie er die Dinge angeht und ich schätze seine Erfahrung", was für einen Mann, der auf einen solchen Erinnerungsschatz nicht zugreifen kann durchaus verständlich ist." Ich komme gut mit ihm klar, er ist direkt, unkompliziert, zielstrebig aber dabei nicht stur. Was er sagt hat Hand und Fuß und in seinen Ansichten stimme ich ihm fast vorbehaltlos zu. Ich halte ihn für.. nun ich bezweifel dass wir hier ohne ihn wieder weg kommen. Ich respektiere ihn und kann gut nachvollziehen, warum ihm gefolgt wurde. Wenn wir hier morgen weg kämen und ich immer noch keine Erinnerung an mein früheres Leben hätte, würde ich.. ich würde ihm helfen wollen wieder einen Ort für sein Volk zu schaffen." Der Blondschopf legt eine flache Hand auf seine linke Brust und erwidert Vella´s Blick:" Hier will ich ihm vertrauen", folgt der Weis mit dem Finger zur Schläfe:" Und hier, höre ich die Warnung. Also vertraue ich ihm und bin zeitgleich auf der Hut."

Sie hört ihm ganz still zu. Das was er sagt, scheint sie zu beruhigen. Ihre dunklen Augen schauen zu dem Krieger und darin kann er Verständnis lesen. Dann nickt sie leicht. "Es geht mir jetzt nicht viel anders als dir. Seit dem wir hier sind, hat sich viel geändert. Ich kann nicht abstreiten, daß ich immer noch viel für ihn empfinde." Dann deutet sie einen Moment auf ihren Kopf. "Aber hier, hier sitzen noch immer die Erinnerungen und die Schmerzen." Sie seufzt leise. " Das ist ein Dilema durch das ich irgendwie durch muß." Für einen Augenblick senkt sie den Blick. "Aber genug mit dem Gejammere. Ich bin froh, daß ihr euch versteht." Dann schaut sie den Krieger wieder an. "Ich mach mich jetzt langsam auf den Weg. Ich muß morgen früh raus, wenn ich uns noch was vorbereiten will."

Mit einem langsamen Nicken quittiert er ihre Worte, wird er die kleine Beamtin wohl kaum in Liebesangelegenheiten beraten noch dazu etwas passendes sagen können. „Warte einen Augenblick“, steht er jedoch noch eine Eile auf, als Vella beginnnt sich zu verabschieden. Der Hüne verschwindet im Garten hinter dem Schuppen und kommt mit einer abgedeckten Schüssel zurück. „ Das Kaninchon“, übergibt er Vella das zum Kochen vorbereitete Fleisch und nickt schließlich. „ Bis morgen dann..“

Sie schaut ein bißchen verlegen drein, als Ataeric zurückkommt. So als wär es ihr jetzt peinlich, dass sie einfach so drauf los geredet hat. Aber sie erwähnt das Thema nicht mehr. Sie nimmt die Schüssel, die ihr Ataeric gibt. "Vielen Dank. Ich mach uns etwas aus dem Kaninchon." Sie lächelt schon wieder und stellt die Schüssel in ihren Korb. "Ich wünsch dir noch einen schönen Abend. Bis Morgen." Sie steigt die Stufen hinunter und nach ein paar Schritten dreht sie sich noch einmal um. Sie winkt dem Hünen und ihr helles Kleid blitzt noch zwischen den Bäumen durch bevor sie verschwindet.

Der Krieger lässt sich nicht anmerken ob er überhaupt bemerkt, dass Vella etwas verlegen ist. "Bis Morgen", begleitet er sie noch zur Terrasse nach draußen, wo er stehen bleibt und ihr hinterher sieht. Das freundliche Winken wird jedoch lediglich mit einem knappen Nicken beantwortet, bevor er sich abwendet und ins Haus zurück kehrt.