Forum Übersicht - RE: Marschtritt und Malam - 2

(Haupstraße Richtung Hafen)

Nun denn, die veränderte Situation erspart Chelia ein gehöriges Maß an körperlicher Anstrengung. So bleibt der Wagen samt Polster und Decke unbenutzt stehen, und Javero erntet einen erleichterten und warmen Blick.

"Ich habe keine Ahnung, was mit dir passiert ist," sagt Chelia. "Ich wollte den Soldaten folgen, da sah ich dich auf der Straße liegen. Aber, wenn du dich dazu fühlst, sollten wir wohl den Soldaten folgen. Wer weiß, was die vorhaben. Vielleicht erfahren wir ja irgendwas. Und vielleicht ist es wirklich besser, du lässt dich von Tessya anschauen. Das hat überhaupt nicht gut ausgesehen, das kannst du mir glauben."

Man merkt Chelia nun eine innere Unruhe an, die wohl nur dadurch zu erklären ist, dass sie eben so schnell wie möglich zu den Soldaten laufen, andererseits aber auch den Barden nicht einfach so stehen lassen will. Und so geht ihr Blick immer wieder zwischen dem Trupp, der sich zusehends entfernt, und dem jungen Mann hin und her.

Der Malam-Trupp dürfte mittlerweile wohl nicht mehr zu sehen sein, immerhin hat es sicherlich eine Weile gedauert den Karren mit Decke und Kissen zu bestücken und dann zu dem Barden zu bringen. Dieser hat ja nun auch schon eine Weile lang auf dem Boden gekrampft und der Trupp selber war sicherlich nicht im Gänsemarsch unterwegs.
"Himmel Arsch und Zwirn - die frag' ich auch nie wieder nach einer Verabredung!" murrt der Barde unleidig und der etwas holprige Humor in seiner Stimme dürfte Chelia wohl eindeutig davon überzeugen, dass der Spielmann über den Berg ist. "Ich lauf denen sicher nicht nach!" entfährt es ihm dann aber schockiert, während seine Augen zu der Elurierin zurück zucken. "Ich verstehe eine deutliche Abfuhr, wenn ich sie bekomme. Vor allem so eine...Gott tat das weh." mit einem Brummen lässt er sich wieder auf das Pflaster sinken und kringelt sich ein - mitten auf der Straße. "Ich bin müde."

Den Göttern sei Dank hat Chelia ja schon bereits mitgebracht, was für eine angenehme Ruhe nötig ist, wenn auch Javero sich einen wenig geeigneten Platz ausgesucht hat. Nun, Chelia hält sich gar nicht lange damit auf, ihn zu einem Umzug zu bewegen. Stattdessen nimmt sie ihn einfach unter den Armen und zieht ihn in den Schatten eines Baumes im Garten des nächstbesten Hauses. Sie holt den Wagen, stopft ihm dann das Kissen unter den Kopf und deckt ihn mit der Decke zu. Einen Augenblick noch beobachtet sie den Barden. Er schläft inzwischen friedlich, und es hat keinen Anschein, dass ihm noch irgendetwas Schlimmes widerfahren könnte. Mal ganz abgesehen von möglichen Albträumen, aber dagegen kann Chelia ja doch nichts ausrichten. Dann spurtet sie den Soldaten nach, so schnell als möglich. Und schnell ist die gebürtige Vobrerin, die Chancen stehen also trotz allem noch recht gut, dass sie die Soldaten noch einholen würde, bevor diese bei Hel eintreffen.

Der Barde lässt sich weder irgendwo hin zerren, noch schläft er ein. Chelia wird ihn dann also einfach an Ort und Stelle liegen lassen müssen, wenn sie dem Trupp so unbedingt hinterher will. Dem Barden ist auch das recht, weder beschwert er sich, noch hält er sie auf...

Also wird Chelia den Barden nicht unter den Baum zerren. Einen Augenblick sieht sie ihn an, um zu sehen, was für einen Gesichtsausdruck er macht. Ist er entspannt? Ist er leidend? Hat er wohl noch immer Schmerzen?

Die Marschschritte sind lange verklungen und die Stadt hat ich wieder in ihr gewohntes Idyll gehüllt. Die Vögel, die vorhin noch aufgeschreckt durch den ungewohnten Lärm davongeflattert waren, sitzen nun wieder auf den Dachfirsten und trällern ihr Lied in den sonnigen Tag. Weiche Wattewölkchen ziehen träge am Himmel entlang und necken Delvans alleinherrschendes Sonnenrund mit fluffiger Zierde, sodass hin und an ein flüchtiger Schatten über das glitzernde Dächermeer gleitet.
Ein nahes Türschild quietscht träge unter einem lauen Windzug und gleichsam wird ein knisternder Steppenroller aus einer Gasse geweht, um die Haupstraße in theatralischer Vereinsamung zu überquren und in der gegenüberliegenden Straße wieder zu verschwinden.
Der Barde hat sich zusammengerollt und den Kopf in den Armen vergraben, sodass Chelia sein Gesicht nicht sehen kann. Er atmet gleichmäßig, zuckt nur hin und an, wenn sich ein Muskel an die vorherige Verkrampfung erinnert, was sicherlich nicht ganz ohne Schmerzen von statteten geht. Einen Klagelaut hört die Elurierin aber nicht.

(Marktplatz)
Na wenigstens eine Reaktion - wenn auch sicher nicht die von der Händlerin erhoffte, so dass sie erstmal stehenbleibt. Sich beherzt voller Schwung in eine Schlacht zu stürzen, ist sicher nicht Timeas Vorgehensweise. Die Augen zusammenkneifend, versucht sie weitere Einzelheiten zu erkennen. "Hey ihr da drinnen !" der laute Ruf ist mit Sicherheit auch unten im Gang zu hören, der darauffolgende durchdringende Pfiff mit Sicherheit. Auf die Kraft von Verhandlungen vertrauend, legt sie statt dessen eine Beharrlichkeit an den Tag, die einem gewaltig auf die Nerven gehen kann. Kurzerhand setzt sie sich mit störrischer Miene kurz vor den beiden Wachen im Schneidersitz auf den Boden, das seltsame Versteckspiel hat sie gründlich satt. "Ich bleib jetzt hier so lang bis ich mit jemandem reden kann !"

(Am Strand, Hels Haus)

Unbehelligt von den Vorkommnissen auf der Hauptstrasse ist Tessya zum Strand hinunter gehetzt. Ihr Atem geht schnell, doch sie bewältigt die Strecke, obwohl sie gegen Ende deutlich langsamer wird, als sie sich durch den weichen Sand kämpfen muss. Der Göttin sei dank hat sie einen Weg gewählt der sie ein gutes Stück westlich vom Hafen auf den Strand hat treffen lassen.
Noch bevor die Fremden den Strand vom Hafen aus erreichen, poltert sie die Treppe zu Hels Behausung hinauf, achtet sie nicht darauf, ob Ataeric noch auf der Veranda sitzt.
Sie stolpert fast über die Türschwelle, als sie ins Haus stürtzt, fasst ihre Hand haltsuchend nach dem Türrahmen.
"Vella?" keucht sie in das Zwielicht. "Mandelauge kommt. " bringt sie als Warnung hervor.
Die Hände auf die Oberschenkel gestützt , versucht sie ihren Atem wieder unter Kontrolle zu bringen, zwingt sich tiefer und gleichmässig zu atmen. Für einige Herzschläge schliesst sie die Augen.
Einen Moment verharrt sie so.
Langsam richtet sie sich auf, ihr Brust hebt und senkt sich noch unter schnellen Atemzügen, aber sie wrkt gesammelt. Ihr Gesicht wirkt gefasst und langsam wendet sie sich der Tür zu. Mit ruhigen Händen streicht sie glätten über den Kopf, zupft das Oberteil zurecht, und streicht sie über die Hüften, um die aufgebauschten Hosen zu glätten.
Noch einmal atmet sie tief durch, richtet sich auf und streckt die Schultern durch.
Ganz in der Haltung einer gefassten Priesterin verharrt sie auf der Türschwelle.

(Hels Haus, Strand)

Immer noch redet Vella als sie das Poltern hört. Endlich, die Heilerin! Ihre verweinten Augen richten sich auf die Chira. Zornige Worte liegen ihr auf der Zunge. Wo war sie so lang gewesen? Aber sie versteht sofort was los ist als die Priesterin von Mandelauge redet. Sie fragt nicht, sondern bettet Hels Kopf vorsichtig auf den Boden. Sie küßt ihn zart auf die kalten Lippen. Dann steht sie auf. Sie merkt das ihr Dolch zu Hause geblieben ist und schaut sich um. Sie weiß das Hel eine Menge Waffen zu Hause hat. Sie muß nicht lang suchen. Ein Dolch liegt auf dem Arbeitstisch. Mit ein paar Schritten ist sie am Tisch. Der Dolch ist ein bisschen groß für ihre Hand. Doch er muß genügen. Entschlossen stellt sie sich zwischen Türe und Hel.

(Straße vom Haupthaus zum Hafen)

Chelia sieht eine ganze Weile zwischen der Straße, auf der der Trupp inzwischen verschwunden ist, und dem am Boden liegenden Barden hin und her. Die Unterlippe leidet schwer unter den Misshandlungen ihrer Schneidezähne, schließlich seufzt die junge Frau, ein lautloser Fluch geht über ihre Lippen. Dann setzt sie sich im Schneidersitz vor den Barden, zieht eine Zigarette hervor und steckt sie an. Ruhig beobachtet sie nun den Ruhenden, weicht ihm nicht von der Seite, und lässt die Soldaten Soldaten sein. Es liegt auf der Hand, dass sie dem Trupp gerne gefolgt wäre, doch scheint sie noch viel weniger den Barden alleine zu lassen. Hätte sie wohl genauso gehandelt, wäre der am Boden Liegende Timea gewesen, oder gar Hel oder Ataeric?