Forum Übersicht - RE: Marschtritt und Malam - 4

(Platz der Tänzerin)
Verlassen liegt die kleine Schenke da, allerdings kann Javero drinnen Anzeichen entdecken, dass die Händlerin das kleine Gebäude nicht planmäßig verlassen hat. Ein Topf steht auf dem Herd, auf der Arbeitsplatte liegt halb geputztes Gemüse, anscheinend hat Timea ihre Arbeit mittendrin unterbrochen und ist seitdem nicht mehr zurückgekehrt. Unwahrscheinlich, dass sie die Marschtritte am in der Nähe befindlichen Marktplatz nicht gehört hat...und sich neugierig wie alle anderen auf die Suche nach der Ursache der Geräusche gemacht hat.

(Hels Haus, Strand, Abend)

Vella hört die Schritte von der Veranda. Sie sieht das grüne Leuchten, das auch das Zimmer erhellt in dem Hel liegt. Sie spürt die Angst wie einen Knoten im Magen. Einiges hatte sie schon gehört von der Unbekannten. Doch jetzt wird sie ihr gleich gegenüber stehen. Sie hätte viel gegeben um diese Begegnung zu vermeiden. Sie machte die langsamen Atemzüge die ihr Hel beigebracht hatte. Sie spürte wie sie ruhiger wurde. In den endlosen Momenten ihrer Dauerrede hatte sie gespürt, wie sehr ihr Herz immer noch an ihm hing. Sie kann es nicht mehr vor sich verstecken, daß sie ihn immer noch liebt. Sie wird um Hel kämpfen, wenn sein sollte. Auch wenn Mandelauge von Lijan selbst geschickt worden war. Ganz von selbst nimmt ihr Körper Kampfposition ein. Sie ist bereit.

[Hels Haus, Strand, dann Hauptstraße, vor Mitternacht]

So sicher bewegt sich die Gruppe von Soldaten mit Mandelauge an der Spitze durch die Dunkelheit der Nacht als wäre es heller Tag. An Ataerics Haus vorbei marschieren sie auf den Hafen zu. Trotz der regungslosen Gestalt, die sie auf der leichten Bahre mittragen, legt der Trupp ein zügiges Tempo vor. Bald erreichen sie den Hafen und dann hallt wieder Marschtritt durch die stillen Gassen der Stadt. Das Ziel der Gruppe scheint nicht das Haupthaus zu sein, sondern der Marktplatz.

[Platz der Tänzerin, vor Mitternacht]
Die schweren Stiefelschritte hallen weiträumig durch die Stadt und künden so demonstrativ von ihrer Ankunft, dass man sich an eine Stadtwachen-Patrouille erinnert fühlt. Die Zwysel sind wie gewohnt die Ersten, die sich beim Klang der nahenden Ordnungshüter in den Schatten verkriechen und so bleibt auch der Spielmann nicht lange auf dem Platz stehen, sondern huscht in den Schatten der Taverne, um sich vor den nahenden Kreaturen zu verbergen. Sicherlich rechnet er nicht damit, dass diese direkt auf ihn zusteuern und ihn so zielsicher orten, als hätte er ein Leuchtfeuer entzündet. Gerade schon will er weiter zurückweichen und sich zur Not auf die Dächer empor flüchten, als die Stimme der Frau erklingt und ihn ertappt innehalten lässt. Langsam wendet er sich um, die Hände wehrlos erhoben. Als sein Blick auf die vorgereckten Stäbe fällt, zuckt er zusammen wie ein geprügelter Hund der sich noch allzu gut an die Faust seines Herrchens erinnert. "Also das kommt ganz drauf an..." erwidert der Barde mit einem eckigen Lächeln, welches die Angst nicht gänzlich zu überspielen vermag. "Wie sauer ist Sie denn so..."

[Hels Haus, gegen Mitternacht]

Schweißgebadet fährt sie hoch. Es ist furchtbar heiß. Sie weiß einen langen Moment nicht wo sie ist. Schlaftrunken steigt sie aus dem fremden Bett. Sie schaut sich um, dann dämmert ihr es. Sie ist in Hels Haus! Schlagartig erinnert sie sich an Alles. Mandelauge hatte Hel weggebracht und sie hypnotisiert oder etwas ähnliches. Die ganze Angst um Hel ist wieder da. Sie versucht die bleierne Müdigkeit abzuschütteln. Irgendwie schafft sie es hinaus auf die Veranda. Sei weiß nicht wo die Chira ist, aber das ist ihr auch egal. Javero! Wut kocht in ihr hoch. Was hat er Hel nur angetan? Wieso? Ihr Zorn vertreibt die Müdigkeit. „Bei Hostinos! Das hast du nicht umsonst gemacht.“: murmelt sie durch die zusammen gebissenen Zähne. Aber zu erst kommt Hel. Wo kann ihn Mandelauge nur hin gebracht haben. In das Haupthaus? Auch hier draußen ist es entsetzlich heiß. Kein Wind geht. Aber das ist ihr egal. Sie macht sich auf den Weg Hel zu suchen.

[Platz der Tänzerin, vor Mitternacht]

Die dunklen Augen des Barden flirren verstohlen umher, wägen die Chancen ab, den Insektenwachen zu entkommen. Er ist schnell und geschickt und was die Flucht vor Wachpersonal betrifft, macht ihm so schnell keiner was vor! Aber wie weit würde er kommen in einer leeren Stadt, in welcher diese Monster offenbar in der Lage sind einen direkt aufzuspüren? Und von einer Insel flieht es sich generell eher mäßig ohne Schiffverkehr. "Na dann..."grinst er bleiern und hebt die Schultern, ehe er die Laute zurecht rückt und die Hände in den Taschen der Pluderhose vergräbt. Mit wippenden Schritten trottet er den Wachen hinterher, blickt sich dabei aber immer wieder verstohlen um. "Vielleicht könnt Ihr ja ein gutes Wort für mich einlegen." raunt er schließlich leise. "Ich mache Euch ja keine Schwierigkeiten. Und ich zeige mich natürlich auch erkenntlich! Was mich aber zu der Frage bringt...habt ihr da unten eigentlich auch..." er wedelt mit dem Zeigefinger in Richtung der Hose des männlichen Wächters. "Insektengröße? Muss dir nicht peinlich sein, wenn es so ist. Kleinvieh macht auch Mist!" plappert der junge Mann munter vor sich her.

Der heftige Stoß lässt Javero unsanft vorstolpern, was ihn jedoch nicht davon abhält noch ein halblautes "Keine Antwort ist auch 'ne Antwort." vor sich hin zu grinsen. Das Haupthaus hat er unterdessen in keiner sonderlich guten Erinnerung und so versteift er sich angespannt, während seine nackten Füße über die Schwelle tappen. Nachdem ihm aber weder blutrünstige Echsen, noch der übelkeiterregende Geruch von Blut entgegen strömen, atmet er erleichtert auf und lässt den Blick verstohlen schweifen.
In dem kleinen Raum angelangt legt sich sogleich ein beklemmendes Gefühl um seine Brust, doch er lässt sich nichts anmerken und wippt mit spöttisch gekräuselten Mundwinkeln zu der Wachfrau herum. "Ach...gut, dass du es sagst, ich wäre sonst glatt aus dem Fenster gestiegen." Wird er nicht müde die Nerven der Insektenkrieger zu strapazieren, wird aber wohl erwartungsgemäß mit Ignoranz und einer zuschlagenden Tür gestraft. Der Spielmann brummt etwas mürrisch in sich hinein und lauscht in der aufkommenden Stille einen Moment lag dem furchtsam klopfenden Herzschlag. Schnell hat er festgestellt, dass es in dem Raum nicht viel zu entdecken gibt und so setzt er sich kurzerhand mitten auf den Tisch, verschränkt die Beine in den Schneidersitz und starrt die Tür an...

[Irgendwo unter der Stadt, nach Mitternacht]

Ein blendender Blitz, dann Nichts, absolut Nichts, nur die Abwesenheit von Allem. Sein Geist implodierte, zog sich zusammen auf ein winziges Staubkorn in diesem unfaßbaren Schrecken. Nichts mehr blieb von ihm, nur ein vager Schemen des Echos ehemaliger Bewußtheit. Es gab keinen Raum und keine Zeit. Ein Lidschlag war eine Ewigkeit und die Ewigkeit der Fall eines Tautropfens von einem Lantisblütenblatt. Langsam verhallte das schwache Echo seines Geistes im endlosen Schrecken des absoluten Endes, verlosch und verwehte. Doch dann war da etwas. Zuerst bloß ein Zittern doch dann schnitt ein Sog ins Nichts und wirbelte das Staubkorn mit sich. Blitze, purpurne Schmerzfahnen über fahlgelben Flocken gewesenen Seins und dann kam die Qual, entfaltete sich, blühte auf, wuchs in dem Staubkorn bis sich der winzige Punkt begann auszudehnen. Noch mehr Schmerz und noch weit entfernt von jeder Erinnerung hörte er plötzlich eine Stimme schreien. Es dauerte lange, bis er verstand, daß diese Stimme seine Eigene war.

Licht, Schläuche in seinem Fleisch, Bündel von Drähten, Metall und weiße Schemen. Dann waren da wieder die Blitze, die durch ihn schossen, ihn zerteilten und ihn wieder zusammen fügten. Die ersten Erinnerungen flackerten auf. Er stolperte auf der halbzerstörten Mauer Metchiyas und stürzte in seinen Tod, er erlebte seine zweite Geburt in einer Klonkapsel tief unter der Oberfläche, vergaß alles wieder und es glitt schließlich zurück ins Dunkel. Doch da war die Stimme in seinem Kopf, zärtlich und doch bestimmt, lockend und betörend, die ihn zurück rief und er kam, folgte der Stimme bis er die Augen öffnete und sie sah.

Er weiß wer sie ist und er erinnert sich seiner Selbst, aber da ist auch der übermächtige Schatten des würgenden Nichts. Grauen, Angst und furchtbarer Schmerz in seinem Schädel trieben ihm die Tränen in den Augen. Durch die Tränenschleier blickt er in ihr Gesicht, in ihre mandelförmige Augen. Er weint wie ein kleines Kind und sie nimmt ihn in die Arme, hält ihn bis ihn die Medikamente, die in seine Blutbahn injiziert werden, ihn in übermächtigen Schlaf sinken lassen. Noch eine Weile sitzt die exotische Schönheit neben ihm, bis sie plötzlich aufsteht und mit allen Zeichen von Zorn davon eilt.