Forum Übersicht - Der Platz der Tänzerin » Nächtliches Gespräch

(--> Das alte, neue Haus)

Nach ein paar Schritten sieht sich Keresin suchend um und läßt sich Zeit dabei. Erst als er sich nahezu sicher ist, daß niemand außer ihnen auf dem Platz zu sein scheint, geht er weiter. Den Brunnen mit der Statue, dessen Sockel förmlich zum Sitzen einlädt, läßt Keresin etliche Vat links liegen und geht so weit auf den Platz hinaus, daß sie etwa in der Mitte der freien Fläche und weit genug vom Brunnen entfernt sind, damit sie nach menschlichem Ermessen niemand belauschen kann. Noch einmal späht er in die Dunkelheit hinaus, dann wendet er sich an die beiden Frauen. „Hier kommt niemand weit genug an uns heran um uns zu belauschen ohne von uns bemerkt zu werden. Aber das will vielleicht nichts heißen. Kein Mensch weiß was dieser geheimnisvollen Gruppe noch an Möglichkeiten zur Verfügung steht. Aber mehr können wir im Moment nicht tun.“ Seine Gestalt ist nur als vager Umriß zu erkennen, als er sich an Inara wendet. „Was glaubt ihr ist dieser Kristall den Sundara in dem Zylinder gefunden hat?“

Die beiden werden wohl noch keine Minute auf dem Platz stehen, da stößt Sundara schon wieder zu ihnen. Die Geschwindigkeit, in der sie sich in „Schale“ geworfen hat, ist doch bemerkenswert. Sie trägt wieder ihre enge, lederne Hose und das inzwischen fast schon nur mehr durch die Hand der Götter zusammengehaltene Hemd. Die Waffengürtel mit Asnivala und Kurzschwert sind an ihrem Platz, der Bogenköcher mit Bogen auf dem Rücken, Pfeilköcher am Oberschenkel. Einzig auf die Stiefel hat sie verzichtet. Gerade hat Keresin die Frage an Inara gerichtet. Schwer atmend schaut sie die Empfängerin der Frage an. Die Neugierde auf die Antwort ist ihr in das Gesicht geschrieben.

Nachdem auch Sundara wieder zu ihnen gestoßen ist, schaut Inara sich noch einmal um. Beinahe könnte man glauben, sie sähe durch das Dunkel besser oder mehr als die anderen. Es ist ein wissender, ahnender Blick und doch auch misstrauisch. Das Misstrauen richtet sich aber in diesem Fall weder gegen Sundara, noch gegen den Vorovisianer. Nein, es gilt diesem Ort. Dem Platz. Der Stadt. Der ganzen verdammten Insel mit ihren Geheimnissen. Geheimnisse, wie die, die sie bis vor einer Woche selbst noch gehütet hat, wie ihren Augapfel. Doch es ist als wären alle Zuversicht, alle Glaubensgrundsätze zusammen mit ihrer ihrer Erinnerung fortgespült worden.
Der Blick der blau gewandeten geht von Sundara zu Keresin und wieder zurück. "Ich denke der Kristall, den du gefunden hast, ist ein Schlüssel. Mir ist klar, dass er nicht so aussieht, aber er öffnet vermutlich auch keine profane Holztür oder Truhe. Aber eine Tür könnte er durchaus öffnen. Oder er erweckt ein göttliches Werkzeug in Priesterhand zum Leben. Wozu er genau gedacht ist kann ich nicht sagen. Aber möglicher Weise gibt sein Fundort oder das Behältnis, in dem er aufbewahrt wurde, darüber Auskunft." Während sie spricht wendet sie ihr Aufmerksamkeit so gut es geht wieder Keresin zu. Ein Blick, den er ob aller Dunkelheit kaum zu deuten vermag. Und ich würde vermuten, dass wer auch immer uns hierher gebracht hat, nicht möchte, dass wir diese Art von Schlüssel besitzen."

Schweigend hört Keresin der Frau aus der Allianz zu. Er schweigt auch dann noch als die Frau bereits geendet hat, so als wolle ihre Aussagen überdenken. Dem Klang seiner Stimme nach scheint er ihre Worte nicht für unmöglich zu halten. „Ein Schlüssel sagt ihr? Das wäre eine Möglichkeit. In dem Fall könntet ihr auch damit Recht haben, daß den Unbekannten Sundaras Fund keine große Freude bereitet.“ Aber dann ändert sich seine Körperhaltung ein wenig aber doch merklich. Vielleicht ist es nur konzentriertes Nachdenken das sich darin ausdrückt, vielleicht aber auch neu erwachtes Mißtrauen. „Schön, nehmen wir also an es ist ein Schlüssel oder wie ihr sagtet so etwas wie ein Aktivator für ein göttliches Wunder. Doch woher habt ihr Kenntnisse über diesen mehr als ungewöhnlichen Gegenstand? Ich bin mir ziemlich sicher, daß derartiges Wissen auch in der Allianz nicht in den Schreibschulen gelehrt wird. Oder irre ich mich?“ Der ironische Tonfall seiner letzten Worte ist nicht zu überhören.

Vielleicht hatte sie mit Misstrauen gerechnet, vielleicht auch nicht. Inara schließt nach Keresins Frage kurz die Augen und atmet tief durch. "Ihr irrt Euch nicht. Dieses Wissen ist hochgestellten Priestern vorbehalten. Vielleicht wissen sonst noch die höherrangigen Mitglieder der Herrscherkasten davon. Aber das bedeutet nicht, dass es unmöglich ist dieses Wissen zu erlangen." Klingt die Blaugewandete zunächst noch so, als müsse sie sich wappnen, um dieses Eingeständnis zu machen, so ist sie bei ihrem letzten Satz ruhig und beinahe schon wieder gefasst. Durch die Dunkelheit versucht sie Keresins Mimik zu lesen. "Mein Gefährte war Priester des Vanor. Für eine Mission wurde ihm eine Weile lang ein ähnlicher Kristall anvertraut. Seine Erklärung worum es sich handelt habe ich Euch genannt." Sobald sie ihren Gefährten erwähnt, wirken ihre Gesichtszüge verschlossener. Hinter ihren Worten verbirgt sich noch mehr. Mehr Wahrheit? Oder vielleicht doch Lügen? In jedem Fall wartet sie auf Keresins Reaktion. Sie weiß, sie ist besser mit ihm dran, als ohne ihn, um den Dingen auf dieser Insel auf den Grund zu gehen. "Ich hoffe das ist nun kein Grund für Euch wieder alleine loszuziehen. Dass wir nicht denselben Glauben haben, dürfte Euch vom ersten Moment an klar gewesen sein. Es ist mir gleichgültig. Aktuell zählt für mich vor allem, dass Ihr die Insel genauso sehr verlassen wollt, wie ich. Dazu teile ich gerne mein Wissen. Auch jenes, mit dem ich sonst eher nicht hausieren gehe."

Sundara hört den beiden aufmerksam zu - was wie immer mit einem äußerst intensivem Blick an den Sprechenden verbunden ist, wenn dieser auch freilich durch das mangelnde Tageslicht reichlich verborgen bleibt. Als Inara zu schließlich zu sprechen aufgehört hat, bleibt sie noch einige Augenblicke stehen, kaut auf ihrer Unterlippe herum. Dann erst beginnt sie zu sprechen.

„Aber,“ sagt sie also, „ist es nicht absolut einerlei, woher irgendwelches Wissen stammt? Wir haben keine Ahnung, was dieses Irgendetwas sein könnte. Wenn Inara sagt, es sei ein Schlüssel oder ein Aktidingsbums, dann kann es ebenso ein Schlüssel oder ein Aktiirgendwas sein wie ein Gerät, das zum Eierbraten gedacht ist. Also, ich würde sagen, wenn Inara sagt, dass sie so ein Irgendetwas als Schlüssel oder eben das komische andere Ding erkennt, dann können wir ruhig auch mal davon ausgehen, dass sie auch recht damit hat.“

Kurz schaut sie von Inara zu Keresin und wieder zurück. Es sind fast schon scheue Blicke, aufgeregt, nervös auf jeden Fall.

„Nun ist es aber so,“ fährt sie dann fort, „dass jeder Schlüssel ein Schloss hat. Ich kann euch versichern, ich habe das Ding irgendwo im Nirgendwo gefunden. Ich kann euch den Ort zeigen, kann mir aber nicht vorstellen, dass dort etwas dazupassendes zu finden ist. Jedenfalls gilt es nun, eben dieses Schloss zu finden. Bis dahin werde ich den Schlüssel oder eben das Aktibums bei mir behalten, und ihr könnt Euch darauf verlassen, eher können die mich bei lebendigem Leibe in Roputanscheiße kochen, bevor ich ihnen diesen Schlüssel zurückgebe.“

Wieder wechselt ein wenig unaufgeregter Blick zwischen den beiden Gefährten hin und her. Und wenig lässt darauf schließen, dass die doch recht selbstsicher formulierten Worte auch wirklich so überzeugt gemeint waren.

„So etwas habe ich mir gedacht.“: erwidert Keresin. Er muß einen Moment nachdenken bevor er den Götzennamen Vanor zuordnen kann. Die Dunkelheit verbirgt seinen Gesichtsausdruck, aber die Abneigung, die sich in seiner Körperhaltung ausdrückt, ist nicht zu übersehen. „Selbstverständlich ist es mir klar, daß ihr nicht meinen Glauben habt. Das ist nicht der springende Punkt.“: sagt er kühl. Er dreht sich zu Sundara. „Nein, es ist nicht gleich woher dieses Wissen stammt. Ich war lange genug in Elurien um mich nicht mehr bei jeder Gelegenheit über Ketzer aufzuregen. Aber ich weigere mich entschieden mit den ärgsten Feinden des Reiches zusammen zu arbeiten, ganz egal wo und in welcher Form. Daher ist es für mich wichtig zu wissen woher Inara über diesen Kristall Bescheid weiß.“ Dann sieht er wieder zu der Frau in Blau. „Laßt mich eines klarstellen bevor wir unsere Unterhaltung fortsetzen. Ich bin durchaus bereit zu kooperieren wenn es angebracht und vernünftig ist und vor allem nicht den Interessen des Reiches zuwiderläuft. Doch ich treffe meine eigenen Entscheidungen und wenn ich Grund dazu habe alleine loszuziehen, dann werde ich es tun.“ Für einen kurzen Augenblick schweigt Keresin. Als er weiterspricht hebt er seine Stimme nicht, aber der eindringliche Unterton ist klar und deutlich. „Ihr sagt euer Gefährte war Priester dieses…Vanor.“ So wie er es ausspricht klingt der Name des neukultischen Gottes wie ein Fluch. „Und ihr? Was seid ihr, Inara?“

"Keine Ahnung." Inaras Antwort kommt so rasch, dass sie tatsächlich nicht darüber nachdenken musste. "Eine Frau. Ein Mensch. Aber alles andere? Als ich hier aufwachte war meine Antwort darauf noch Navigatorin. Aber was ist eine Navigatorin ohne Schiff? Und bevor wir es vergessen, ohne ihr bekannten Himmel und ihr unbekannte Gewässer?" Sie lächelt bitter. "Ehrlich, ich weiß nicht mehr was ich bin und je länger ich auf dieser verdammten Insel bin, desto mehr verliere ich mich selbst. Aber das war vermutlich nicht das was Ihr als Antwort erwartet hattet oder?" Nun ist es an der Frau in blau verärgert zu sein. Sie schüttelt den Kopf mehr zu sich selbst, als an Keresin gewandt. "Aber wisst Ihr was, es ist mir egal. Auch wenn es sicherlich nicht meine klügste Entscheidung ist, ich habe keine Lust mehr mich Euren Launen gegenüber zu sehen. Im einen Moment freundlich und zuvorkommend, im nächsten aufbrausend und abweisend. Ich habe Euch gesagt was ich weiß und euch sogar gesagt woher, auch wenn das vollkommen irrelevant war. Glaubt es oder glaubt es nicht. Macht mit dieser Information was Ihr wollt oder lasst es bleiben." Mit desen Worten dreht sie sich um, um den Platz in Richtung des zugeteilten Hauses zu verlassen. Sie hält kurz inne, um sich an Sundara zu wenden. "Tut mir leid." sagt sie leise und mit einem Lächeln.

Sundara nickt leise. Schweigend sieht sie Inara an, und es ist wieder ein typischer Sundara-Blick, tief und intensiv, warm und freundschaftlich, und doch irgendwie auch tieftraurig. Und woher diese Traurigkeit wohl kommt, wird Inara wohl auch verstehen, wenn sie so lange innehält, auch noch zu hören, was Sundara zu Keresin zu sagen hat. Denn ja, sie wendet sich danach zu Keresin, und ihr Blick verändert sich nur leicht. Ein leichtes zusätzliches Glänzen geht durch den Blick, das Traurige geht leicht zurück, ein Flehen kehrt ein.

"Keresin," sagt sie also ausgesprochen ruhig. Es klingt nicht vorwurfsvoll oder gar wie ein Angriff auf Keresin in irgendeiner Form. Es klingt vielmehr wie ein Wunsch, eine Bitte, die der kleinen Bogenschützin jedoch überaus wichtig zu sein scheint. "Warum kannst du nicht den Vorovisianer in dir in dieser Situation etwas hintenanstellen? So lange wir hier sind, nützt du Vorovis ebensowenig wie ich meinen Kameraden im vobrischen Grenzland, und wie Inara ihrem eigenen Reich, welches das auch immer sein mag. Zusammen haben wir bessere Chancen, von hier wegzukommen, als allein, und wenn wir einmal wieder drüben sind, können wir immer noch getrennte Wege gehen, wo immer wir drüben auch aufschlagen. Ich meine, wenn wir hier offen und ehrlich zusammenarbeiten, und uns nicht bei jedem Schritt misstrauen, können wir doch alle zusammen nur davon profitieren. Wovor hast du denn solche Angst? Dass ich oder Inara ohne dich rübersausen und drüben mal ganz kurz Vorovis über den Haufen hauen? Denk doch bitte, bitte einmal darüber nach."

Kurz schaut sie ihn noch mit ihrem durchdringenden Blick an. Sie lässt ihm aber keine Zeit für eine Antwort. Kurz schaut sie zu Inara, dann wieder zu Keresin.

"Ich gehe mal zu Ira," sagt sie schließlich. "Sie sollte mit ihrem Knie wohl noch nicht alleine nachts unterwegs sein - und wenn es nur Yresen ist, dem sie begegnet. Sinuva, bis später."

Sagt es und macht sich daran, über den Platz zu gehen, um eben die einzige Schenke der Insel zu erreichen.

„Ich habe keinen Launen, ich habe Prinzipien!“: antwortet Keresin kühl. „Im Gegensatz zu euch weiß ich genau was ich bin, auch auf dieser Insel hier und ich muß euch enttäuschen. Ich habe keine bestimmten Erwartungen gehabt im Bezug auf eure Antwort. Ich wollte Klarheit, sonst nichts.“ Als sich Inara schon abgewendet hat, setzt er noch hinzu: „Danke, daß ihr euer Wissen mit uns geteilt habt.“ Dann dreht er sich zu Sundara um und hört ihr zu. Aber als er zu einer Antwort ansetzt will, läßt sie ihn stehen und geht in Richtung Silberkrug davon. Es ist ihm gar nicht so unangenehm, sich nicht wieder durch ein fruchtloses Gespräch mit einer Fremden kämpfen zu müssen. Eine kleine Weile bleibt er noch stehen und überlegt. In den Silberkrug will er nicht, denn das hieße wieder endloses Gerede, so sehr ihn ein Wiedersehen mit Ninim auch verlockt. Außerdem würde sie ihn nur noch mehr durcheinanderbringen. Er braucht Klarheit nicht noch mehr Verwirrung. Seine Sachen waren gepackt, er brauchte sie nur aus dem Haus zu holen und sich einen Platz zu suchen, an dem er Nachdenken konnte. Für einen Augenblick sieht er noch zur Schenke auf der anderen Seite des Platzes hinüber. Das warme Licht der Lampen in der Dunkelheit ist wie eine Einladung, doch dann reißt sich Keresin los und setzt sich Richtung Haus in Bewegung.

Die Blaugewandete bleibt kurz stehen und zögert. Vielleicht wollte sie sich noch einmal zu den beiden umdrehen. Doch sie ballt die Hände zu Fäusten und geht weiter. Ihre Schritte scheinen sich zu beschleunigen, je weiter sie sich von dem Vorovisianer und der Eluriern entfernt.

(-->Die Straßen der Stadt - Das neue, alte Haus)

Wenig später verschwindet auch Sundara von dem nächtlichen Platz und betritt den Silberkrug - womit die Tänzerin wieder ihre nächtliche Ruhe hat, die sie ob der Angst der meisten Einwohner vor den Yurei wohl auch so gewohnt sein wird.

---> Schenke zum Silberkrug -> Bier her