Forum Übersicht - RE: Auf Erkundungstour - 2

"Na, dann mime mal schön!" antwortet Chelia, schon weit freundlicher als gerade eben, doch würde ein blindes Roputan erkennen, dass ihr das Zusammentreffen mit Hel Nergal reichlich gegen den Strich geht.

Nun wendet sie sich an Timea. "Also los!"

Der folgende Spaziergang wird, sollte Timea kein Gespräch beginnen, wohl weitestgehend schweigend verlaufen. Nun, der Spaziergang ist auch nicht sehr lang. Es geht ein kleines Stück Richtung Hafen, doch bei der ersten Kreuzung biegt Chelia schon nach links - und schon sind sie da. Chelias Haus ist nämlich das erste auf der linken Seite. Es ist ein schmuckes Häuschen aus roten Backsteinen, dunklen Schindeln und einer ziemlich geräumigen Veranda. Schon von weitem ist ein ausladender Tisch zu erkennen, um den wohl die gesamte Bevölkerung der Stadt Platz finden könnte. Auch der Garten ist groß, von einigen ziemlich hohen Bäumen komplett beschattet, doch ansonsten ohne jegliche Zierde. Nun, das Haus sieht auf den ersten Blick aus wie zahreiche andere - die große Veranda ist sicher der größte Unterschied.

"Da wären wir!" sagt sie da zu Timea. "Wo wollt Ihr Euch hinsetzen?"

Der Barde wird kurz mit einem freundlichen Gruß verabschiedet, scheinen sich morgen ja offenbar alle Bewohner zu treffen, da dürfte sich sicher Gelegenheit für ein Gespräch ergeben.

Ohne große Umstände schlendert Timea neben Chelia her, immer noch damit beschäftigt sich in der Umgebung umzusehen. Von daher endet die kurze Besichtigungstour wohl auch schon viel zu früh, als sie das Backsteinhaus erreichen. „Schön habt ihr es hier.“ meint die Neue in freundlichem Plauderton. „Wobei ich seltsamerweise bislang auch noch kein wirklich heruntergekommenes Gebäude entdeckt habe. Hier siehts überall aus, als wären die Bewohner nur kurz einkaufen oder auf einem Tagesausflug. Oder gibt’s hier auch Viertel mit verfallen Hütten oder so ?“ fragend schaut sie Chelia an, während sie auf die Bäume deutet. „Dort im Schatten siehts gemütlich aus, wenn das in Ordnung ist. So große und gesunde Bäume habe ich zuhause glaub noch nie gesehen.“

Chelia sieht kurz irritiert zu Timea, als sie die Bäume anspricht. Gab es etwa in der Allianz keine Bäume? Bisher hatte sie nur eine baumlose Stadt gesehen, und die lag definitiv nicht in der Allianz - und sie wollte definitiv nicht dahin zurückkehren. Dann jedoch scheint doch etwas wie eine Gastgeberin in Chelia zu erwachen. In drei Sätzen ist sie auf der Veranda und kommt auch schon mit zwei Stühlen zurück, die sie genau dort hinstellt, wo Timea hingezeigt hat.

"Heruntergekommene Viertel?" beantwortet sie zunächst Timeas Frage mit einer Gegenfrage. "Nein, die gibt es hier nicht. Es sieht alles so aus, als wäre es genau für uns erbaut worden. Die Häuser sind neu, die Dinge darin ungebraucht. Ihr braucht Euch also nur ein freies Haus aussuchen, und was Euch fehlt, aus den anderen freien Häusern zusammensuchen. Wasser oder Rum?"

"Wasser bitte." durch Chelias Irritation fühlt sich Timea verpflichtet, hastig eine Erklärung hinterherzuschieben. "Nicht dass es bei uns keine Bäume gäbe, natürlich schon, und auch wirklich viele in den tollen Gärten, Parks und den Villen der Reichen. Nur bei uns in den Vierteln hätten die niemals so eine Größe erreicht. Da stehen die Häuser so eng aufeinander, da haben höchstens ein paar Büsche oder krumme kleine Bäume Platz." sie bleibt solange stehen, bis ihre Gastgeberin selbst Platz genommen hat. "Wie lange seid ihr denn schon hier in der Stadt ?"

Chelia lächelt kurz, dann scheint sie eine Zeit lang nachzudenken. Sie kaut auf ihrer Unterlippe und sieht auf einen undefinierbaren Punkt ungefähr einen Vat neben Timeas Füßen. Schließlich sieht sie Timea wieder an.

"Genau kann ich es dir nicht sagen," meint sie dann. "Hier ähnelt ein Tag dem anderen. Jedenfalls ziemlich von Anfang an. Als ich hier angekommen bin, waren einzig Javero und Hel schon da, und die auch noch keine Jhana. Doch nun entschuldigt mich kurz..."

Sie gibt Timea keine Zeit zum Antworten. Recht rasant geht es wieder zum Haus, und wenig später kommt sie mit einem Eimer und einem Tablett zurück, auf dem ein Krug und ein Glas stehen. Sie stellt das Tablett neben Timeas Stuhl, den Eimer, der randvoll Wasser ist, davor.

"Euer Wasser und Euer Brunnen," meint sie dann mit einem Grinsen und fügt dann hinzu: "Ich bin in zwei Minuten wieder da."

Nun, es werden wohl derer fünf oder sechs vergehen, ehe Chelia wieder im Garten erscheint. Allem Anschein nach hat sie sich gewaschen, wenigstens ist das Haar nass. Sicher hat sie sich umgezogen. Sie trägt nun ein weites, blusenartiges weißes Hemd, das sie leger-locker ein gutes Stück geöffnet trägt, dazu eine enge Hose aus Wildleder, feste Stiefel und einen Waffengurt, an dem eine Asnivala befestigt ist, an deren Griff ein großer Edelstein prangt. In der Hand hält sie ein weiteres Glas sowie eine Flasche mit Rum. Sie setzt sich auf den zweiten Stuhl, schenkt sich selbst ein, kramt dann eine Zigarette hervor und steckt sie sich an.

"Wann seid Ihr denn angekommen?" fragt sie dann.

Während Chelia sich frischtmacht, wirft Timea ihre Sandalen weg und macht es sich gemütlich. Als die Läuferin wieder aus dem Haus kommt, zieht die junge Händlerin gerade einen der schlanken Füsse aus dem Eimer und steckt den anderen hinein. Insgesamt wirkt sich recht zufrieden mit der Situation, ist es im Schatten doch wesentlich angenehmer. Zwanglos lächelt sie Chelia an. "Fühlt ihr euch wieder besser ? Ihr saht vorher aus, als wärt ihr schon eine ganze Weile gelaufen. Macht ihr das jeden Tag ?" fragt sie interessiert, während sie sich ein Glas Wasser einschenkt.

"Ich habe jetzt die vierte Nacht hier verbracht. Ich hab mich erst mal in einem der HÄuser verkrochen und mich nicht so recht hinausgetraut." gibt sie nach kurzem Zögern hinzu. "Aber nachdem nichts passiert ist und ich auch niemanden entdeckt habe, wurde das ziemlich langweilig und ich neugierig. Ist ja irgendwie nicht so viel los in dieser Stadt."

"Viel los? Nein, absolut nicht," antwortet Chelia zwar mit recht ernsthafter Betonung, und doch ist in ihren Augen eine gewisse Ironie zu erkennen, die sich in einer emporgezogenen Augenbraue und einem etwas starren Blick manifestiert. Mit den Zähnen zieht sie den Korken aus der Flasche, will dann wohl etwas von der Flasche in das Glas füllen, entscheidet sich dann aber anders und nimmt sich direkt aus der Flasche einen Schluck. Dann zieht sie an ihrer Zigarette, bläst den Rauch in die Luft. Und nun erst wendet sie sich wieder an Timea.

"Wann ich grad Lust habe," beantwortet sie dann auch die Frage nach ihren Laufgewohnheiten. "Den ganzen Tag nur rumsaufen bringt's halt auch nicht. Und wenn dann mal gar nichts mehr los ist, ist es vielleicht ganz nützlich, wenn man sich noch anständig bewegen kann."

"Hmm da habt ihr schon recht - ich muß mir noch irgendeine tagfüllende Beschäftigung suchen." stimmt Timea zu und streckt die Beine. "Da brauch ich neue Schuhe, aber das dürfte ja wohl kein Problem sein, was zu finden."
meint sie grinsend. "Das mit der Selbstbedienung hier ist echt praktisch. Nicht in Ordnung, aber beschweren kann sich ja keiner."

Nach einem weiteren Schluck redet sie leise weiter. "Nun das hoff ich nicht dass überhaupt nichts los ist, das wäre ja zum Gähnen langweilig. Vielleicht tauchen hier ja noch mehr Leute auf oder wir gehen abends zu Bett und wachen zuhause wieder auf. Ja ich weiß eine naive Vorstellung, aber wieso sollte das nicht auch anders herum klappen."

Chelia stutzt kurz. Mit zusammengezogenen Augenbrauen mustert sie die Händlerin, sieht dann einen Augenblick auf die Mündung ihrer Flasche, bevor sie einen erneuten Schluck daraus in ihren Rachen fließen lässt.

"So naiv ist das eigentlich gar nicht. Irgendwie sind wir hierher gekommen. Und ich bin ziemlich überzeugt, dass es kein Zufall ist, dass es gerade wir sind. Ihr kennt die Leute hier noch nicht, aber wir haben eine Priesterin des Neuen Kultes, dazu eine Frau, die von der Inquisition gebrochen wurde. Wir haben mich, die von Vorovis durchgekaut und ausgespien wurde, dazu einen vorovischen Tyrannen, der nur darauf wartet, mich mit seiner Asnivala aufzuschlitzen. Dann haben wir noch einen Barden, als ob er davon singen müsste und der Nachwelt berichten. Naja, und dann seid noch Ihr und ein Krieger, der sich an nichts erinnern kann. Wenn ihr beide auch noch irgendwie zusammenhängt..." Chelia zuckt mit den Schultern, dann zieht sie genüsslich an ihrer Zigarette und formt mit dem Rauch kleine Kringel.

"Wow." Mit großen Augen schaut Timea die neue Bekannte an, als diese die bunte Bewohnerschar aufzählt. Kurz überlegt sie wohl, ob Chelia gerade bei den Kurzbeschreibungen übertreibt oder seltsame Späße macht, kommt aber schnell zum Schluß dass diese keine Witze erzählt. "Na da pass ich ja sowas von nicht rein." meint sie nach einer Weile trocken und mustert ihren Becher, fast als wünsche sie sich jetzt doch einen ordentlichen Schluck Rum drin.

"Ich kenne keine Krieger - glaub ich jedenfalls." die junge Braunhaarige sieht wirklich nicht so aus, als sei sie mit irgendwelche kämpferischen Typen bekannt. Mit einem Blick zu Chelia und der Asnivala an ihrem Waffengurt zieht sie ein wenig unbehaglich die Schultern hoch. "Schätze wenn hier mal Feuer unterm Dach ist, dann muss ich entweder in Deckung gehen oder mir auch sowas zulegen." kurz deutet sie auf die scharfe Waffe. "Aber wird auch nix bringen, wenn ich nicht damit umgehen kann."

Chelia sieht Timea erneut etwas verdutzt an.

"Ihr kennt keine Krieger? Gibt es denn in der Hauptstadt der Allianz keine.... Armee... Stadtwache?"

Sie zieht wieder an ihrer Zigarette.

"Nun, wenn es nach mir geht, bringen wir die Cacha gar nicht zum Dampfen. Ich habe die Priesterin etwas kennengelernt, und wenn die Kleine nicht durchdreht, wird da nicht viel passieren. Naja, bleibt Hel Nergal, den müssen wir etwas unter Kontrolle halten. Ich hoffe nur, irgendwann sehen das die anderen auch ein... Denn sonst, naja, sonst wird es wohl bald zum großen Kampf zwischen uns kommen."

"Klar gibt es die, mehr als genug - aber sehen und kennen sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Mehr als ein paar Grußworte habe ich da mit keinem gewechselt. Wenn die Stadtwache anrückt, dann wenn es Ärger gibt und den versuchen wir ja zu vermeiden." Timea zögert einen Moment ehe sie fortfährt. "Hel habe ich schon kennengelernt und..naja da machte er einen ganz netten Eindruck." sie hebt vorsorglich beschwichtigend die Hände, um evtl. Widerspruch zuvorzukommen. "Aber natürlich kenne ich euch und eure gemeinsame Geschichte nicht."

Chelia nickt, sieht Timea jedoch mit eindeutig warnendem Gesichtsausdruck an. Man erkennt sofort, dass es ihr verdammt ernst bei der Sache ist, dass sie durch und durch überzeugt davon ist, was sie gerade zu Timea sagt. Mag es ein Hirngespinst sein? Möglich. Dann ist Chelia jedoch eindeutig gut darin, sich selbst etwas vorzumachen.

"Ein Làkas im Kleid eines Piyuva," antwortet sie. "Hel Nergal ist machtversessen, er ist grausam, er ist unerbittlich. Er zögert nicht, seine Ziele mit der Asnivala durchzusetzen. Und sollte er einmal unser Anführer sein, dann, bei Lijan, dann wird es richtig ungemütlich."

Sie macht eine kurze Pause, sieht Timea an.

"Ich meine, wir können auf ihn nicht verzichten. Niemand hat seine Erfahrung, und sollte irgend etwas passieren - wir haben nur drei ausgebildete Kämpfer. Aber wir müssen ihn einfach unter Kontrolle halten. Ich meine, sagt Euch Vorovis etwas?"

"Ja ich habe schon einiges über die schwarze Stadt gehört - und da war nichts Gutes dabei. Und auch Gerüchte darüber dass sie zerstört wurde. Allerdings wie gesagt - so ziemlich alles was ich über Vorovis weiß beruht auf Gerüchten und Gerüchte sind oft maßlos übertrieben." Timea sucht Chelias Blick. "Bestimmt ist auch viel Wahres daran, daran zweifle ich nicht. Ich mache mir aber gerne selbst ein Bild." der junge Frau ist es genauso wichtig zu vermitteln, dass sie sich nicht aufgrund von Hörensagen auf die eine oder andere Seite ziehen lässt.

Chelia seufzt, schaut zunächst vor sich auf den Boden, sinkt etwas in sich zusammen, die Füße flach auf dem Boden, die Beine schulterbreit, die Ellbogen auf den Knien. Dann dreht sie den Kopf und schaut Timea an. In ihrem Gesicht ist große Sorge zu erkennen.

"Ich kenne Vorovis. Ich habe in Vorovis gelebt. Und ich weiß nicht, was Ihr gehört habt, aber ich kann Euch sagen, es gibt an Brutalität praktisch keine Steigerung mehr. Leute, die in einer Kaserne verschwunden sind, entweder gar nicht zurückgekehrt sind oder aber blind und lahm. Ich will Euch zu nichts drängen, aber... Seid einfach vorsichtig. Hel Nergal war Reichsprovisor in Vorovis..."

Sie seufzt noch einmal, richtet sich aus und drückt den Rücken durch.

"Genug davon. Habt Ihr schon eine Wohnung gefunden?"