Forum Übersicht - RE: 3.Tag/Bei Misaki - 3

„Ich hab keine Angst vor den verlausten Katzen!“: schnappt Ira zurück. Zornig funkelt sie Sundara an. „Es ist nicht egal! Jeder Mensch ist mir am Arsch lieber als eine Katze im Gesicht!“ Aber zumindest äußerlich beruhigt sie sich wieder. Auch das böses Glitzern in den Augen verschwindet langsam. Sie hört Sundara zu.
„Warriag? Das sind extra für den Kampf gezüchtete Bestien. Wenn ich Bestien sag, dann mein ich Bestien. Die sind für die Führer fast so gefährlich wie für den Feind. Wirklich schlimm diese Viecher. Aber von einem Warriagthron hab ich noch nie was gehört.“ Nachdenklich schaut sie Sundara an. „Aber mir fehlen ein paar Jahre. Keresin hat was von einem Putsch gesagt und das es nur mehr einen Herrscher gibt. Vielleicht nennt der seinen Hof so. Da mußt du Keresin fragen.“ Dann denkt Ira kurz über Sundaras Worte nach. „Sie ist was Besonderes, das ist absolut richtig. Einem Menschen wie sie hab ich noch nie getroffen. Ich hab mich lang mir ihr unterhalten. Sie hat ein paar Mal angedeutet, daß sie Probleme hat. Mit wem genau hat sie nicht gesagt. Aber es müssen die sein, die hier wirklich das Sagen haben. Denn die gibt es! Sie hat von Gehorsamspflicht gesprochen. Hat es mit meinem Fahneneid verglichen. Also ist sie jemand unterstellt und das paßt ihr gar nicht. Ehrlich gesagt, ich hab das Gefühl sie wird gezwungen.“ Für einen Moment schaut sie in den Garten hinaus. „Ich mag sie sehrseufzt, aber manchmal komm ich mir vor wie ein Idiotin in ihrer Nähe.“: sagt sie leise. Dann schaut sie Sundara wieder an. „Sie weiß wahrscheinlich mehr über unsere Heimat als wir zwei zusammen. Und nicht nur das. Vielleicht klingt das jetzt blöd. Aber sie kann den Menschen ins Herz sehen. Zumindest bei mir kann sie es.“ Ira seufzt leise. „Ich wär wirklich gern ihre Schülerin geworden.“ Aber dann reißt sie sich zusammen. „Stimmt schon, sie ist mit denen irgendwie verbandelt. Es muß auch eine Verbindung in die Heimat geben. Aber weißt du was das bedeutet?“ Jetzt fangen ihre Augen an zu glänzen. „Irgendwo gibt’s eine Tür sonst wär das einfach nicht möglich.“

Iras kurzer Ausbruch zaubert ein neckisches Lächeln auf Sundaras Gesicht, und die Augen strahlen dabei, dass es wieder einmal sehr schwer sein dürfte, ihr wirklich böse zu sein. Auch ist es ganz und gar klar, dass ihre Bemerkung keineswegs ernst gemeint war. Als Ira dann hingegen von den Warriags spricht, hört sie einfach nur aufmerksam zu. Nun ist es dieses Mal keine ganz offensichtliche Gefühlsregung, und doch merkt man, dass sie der ganzen Warriag-Zucht mehr als skeptisch gegenübersteht. Allerdings sagt sie kein Wort darüber. Nur als dann die Rede auf Keresin kommt, presst sie ihre Lippen etwas zusammen, die Augenbrauen zucken zur Mitte, ein leichtes, wütendes Blitzen huscht über ihre Augen. Doch auch diese Aussage bleibt schließlich unkonmmentiert. Was soll man sagen, wenn es etwas gibt, das Sundara nicht machen sollte, dann als Spion irgendwo arbeiten. Ist sie doch durch und durch ein offenes Buch - eine Eigenschaft die sie auf der einen Seite ungemein sympathisch machen kann, auf der anderen für sie selbst jedoch äußerst nachteilig sein könnte. Doch dann beginnt Ira über Misaki zu reden, und nun kommt wieder ein Lächeln in Sundaras Gesicht zurück. Etwas schelmisch, etwas neckisch, etwas belustigt.

„Ein Fahneneid, zum Gehorsam verpflichtet, aber nicht sehr glücklich damit,“ meint sie dann. „Das klingt für mich ganz verdächtig nach Ira Verra.“

Wieder klingt es mehr nach kleiner Stichelei als ernsthafte Feststellung - wenn Sundara damit wohl nicht ganz daneben liegen wird. Dann fährt sie jedoch ernster fort: „Ich glaube, es ist ganz unmöglich, sie gar nicht zu mögen. Ich haben selten freundlichere Leute gesehen. Wenn, und das sollten wir nicht ganz außer Acht lassen, das nicht alles nur gespielt ist. Ich vermute es nicht, ich hoffe es nicht, aber es ist nicht unmöglich. Und freilich weiß ich nicht, was sie dir beibringen hätte wollen, doch könnte ich mir ganz gut vorstellen, sie wollte dir einfach nur beibringen, die zu sein, die du bist, ohne dabei ständig Selbstzweifel haben zu müssen. Ich weiß, ich bin absolut die Falsche, dir über das etwas zu erzählen. Dazu verstehe ich deine Vergangenheit zu wenig. Ich kenne nur die Gegenwart. Und Ira Verra ist schwer in Ordnung, hier und jetzt. Und das zählt. Aber als ich dir das das letzte Mal versucht habe, zu erklären, hat Misaki ganz schön geschimpft mit der kleinen Sundara. Deshalb lasse ich das auch gleich wieder. Und ich glaube, es ist weniger das Ding, in das Herz von jemandem zu sehen, es ist vielmehr, die richtigen Worte zu finden, um das zu beschreiben, was man sieht. Das kann Misaki wohl besser als die meisten anderen.“

Schon spricht Ira weiter, ihre Augen beginnen zu glänzen. Nun würde man, wenn schon Iras Augen glänzen, bei Sundara wohl den Ausbruch kompletter Begeisterung erwarten. Doch hier wird man nun doch enttäuscht. Vielmehr lächelt sie reichlich verklärt, und antwortet nur: „Freilich gibt es eine Tür zu unserer Welt. Ich meine, irgendwie mussten wir ja hierher kommen. Und genau so, wie wir hergekommen sind, kommen wir auch wieder zurück. Ich könnte mir gut vorstellen, dass Misaki weiß, wie wir wieder zurückkommen. Wenn sie es auch verneint. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass es ihr einfach verboten ist, darüber zu reden.“

Sie streicht sich nun mit der Zunge über die Lippen, die Schneidezähne streichen über die Unterlippe. „Ich weiß, das magst du nicht hören, aber für mich ist besonders diese Chirà die, die hier das sagen hat. Und die irgendwelche besonderen Fähigkeiten haben muss. Ich meine, kaum ist das zwischen Keresin und dir passiert, war sie auf einmal da. Da sind keine fünf Minuten vergangen, und außer Keresin, dir und mir war ja keiner da. Ich habe sie nicht geholt, Stanchek wollte gerade jemand schicken, da steht sie plötzlich im Raum, weiß, was passiert ist, und irgendwie auch, was dir fehlt. Das ist schon sehr sonderbar. Und wenn uns sicher jemand sagen könnte, wie wir hier wegkommen, dann sie. Man müsste sie nur zu fassen kriegen.““

Die Warriags erwähnt Ira nicht mehr. Ihre Gedanken sind längst wieder bei Misaki, der Katze und der Möglichkeit hier weg zukommen. Als Sundara vom Fahneneid spricht, schüttelt Ira den Kopf. „Falsch! Der Fahneneid hat nichts damit zu tun. Den hab ich von ganzen Herzen geleistet. Auch wenn mich Keresin unehrenhaft aus der Garnison geworfen hat fühle ich mich nicht davon entbunden. Die Sache ist….“ Ira erwischt sich dabei den Mund zu weit aufzureißen. Sie zögert eine ganze Weile. Dann redet sie weiter. „Ich wollt nie zur Armee. Ich wollt zur Flotte! Nicht auf ein Schlachtschiff wie die Meisten. Nein, ich wollt auf eins der Rammschiffe. Schon als kleines Mädchen wollt ich das. Aber mein Vater, dieses…...“ Sie sagt nicht was ihr auf der Zunge liegt. „Er hat mich gezwungen in die beschissene Armee einzutreten. Er war ja ein hohes Tier. Ich habs gehaßt vom ersten verdammten Tag an. Damit war ich nicht glücklich. Aber zu Lijan damit. Ich kanns nicht mehr ändern und jetzt es es sowieso egal.“ Ira greift nach ihrer Teeschale. Aber sie dreht sie nur in den Fingern. Sie hat schon eine Ahnung, was ihr Misaki beibringen wollte. Aber das geht nur Misaki und sie an. Also sagt sie nicht auf die Vermutung Sundaras. „Um was in schöne Worte zu fassen muß man es erst sehen. Aber du hast recht. Bei uns gibt’s ein Sprichwort. Das trifft auf sie zu. Sie könnte einem Glatzkopf mit Worten dazu bringen einen Kamm zu kaufen. Wenn du mir in einem Jahr noch einmal sagst, das ich in Ordnung bin, werd ich anfangen es zu glauben.“: sagt sie halb im Spaß halb im Ernst. Dann wiegt sie nachdenklich den Kopf. „Vielleicht weiß sie es. Es kann auch gut sein das sie nicht darüber reden darf. Aber sie hat mir erkärt, daß ich mir keine Hoffnungen machen soll. Ziemlich deutlich sogar. Es wär ein Wunder, wenn ich hier wegkäme.“ Als Sundara wieder von der Katze redet, wird Iras Blick kalt. Das böse Funkeln in ihren Augen paßt zu dem grausamen Lächeln. „Dann greifen wir sie uns wenn ich wieder ganz auf den Beinen bin. Wenn wir sie haben, dann bring ich sie zum Reden.. Wenn sie einem sonst nichts beigebracht haben in der Garnison, das Verhören haben wir gelernt. Damit hab ich Übung“: sagt sie mit Vorfreude in der Stimme.

Sundara hört zu, den Blick tief in dem der Ira Verra versenkt. Sie kommentiert jedoch ihren Ausbruch über den Fahneneid nicht. Sie sagt kein Wort über ihren Wunsch, auf ein Rammschiff zu kommen. Was soll sie dazu auch sagen? Und, eines hat sie wohl gelernt, es ist etwas gefährlich, mit Ira über sie selbst zu reden. Ira ist nicht gerade die Ausgeburt der Ausgeglichenheit, der Ruhe. Sundara kennt das. Sie gleicht Chelia darin wie ein Heva dem anderen. Doch scheint Ira doch besser auf sich aufpassen zu können - es ist also nicht notwendig, ihr ständig einmal im übertragenen, dann wieder im buchstäblichen Sinn in den Arsch zu treten. Wenigstens vorläufig. Und wenn sich das ändert, naja, dann wird sie sich halt wieder ab und zu eine blutige Nase holen müssen, um ihr zu helfen. Und so verwundert es nicht, wenn sie belustigt grinsend antwortet: "So wie ich dich kenne, werde ich es dir ein einem Jahr immer noch sagen, oder aber ich werde gar nichts mehr sagen."

Dann wird Ira konkreter, es geht um ihre nächsten Schritte hier. Und da freilich kann Sundara viel weniger schweigen.

"Auch mir hat Misaki gesagt, es sei äußerst unwahrscheinlich, von hier wieder wegzukommen," sagt sie. "Aber auch hier weiß ich nicht, ob sie das sagt, weil sie so denkt, oder ob sie das sagt, weil sie es eben sagen muss. Was allerdings das Fassen der Ehrenwerten angeht, da bin ich nicht so optimistisch. Zuerst müssten wir sie einmal finden. Ich weiß nicht, ob das so einfach ist. Dann müssen wir sie fangen. Keine Ahnung, was die für Fähigkeiten und Möglichkeiten hat. Aber so wie sie eben im Silberkrug aufgetaucht ist, und wie schnell das gegangen ist, naja, sie scheint uns da doch etwas überlegen zu sein. Und wenn wir sie haben, müssen wir sie zum Reden bringen, hoffen, dass sie etwas weiß. Sonst springen wir selbst über die Klinge. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die restlichen Bewohner dieser Insel sehr erfreut sind, wenn du ihrer Anführerin das Fell über die Ohren ziehst."

Sie schaut Ira nun eine kleine Weile einfach nur an, und die die Unterlippe bearbeitenden Schneidezähne verkünden davon, dass sie wohl nachdenkt.

"Was mir sonst noch einfällt... Shasla hat mich eindeutig davor gewarnt, in das Haupthaus zu gehen. Natürlich kann das einfach nur baufällig sein und es kann da einem einfach ein Ziegelstein auf den Schädel fallen. Aber wenn die alle instruiert sind, uns hier zu behalten, dann würden sie uns wohl nach Möglichkeit von allem fernhalten wollen, das uns zum Zurückgehen befähigen würde. Ich würde deshalb vorschlagen, bevor wir uns jetzt gleich die Königin der Insel greifen, erst einmal das Haupthaus unter die Lupe nehmen. Das heißt, vorher muss ich mal Shasla ihren Schrott bringen. Heute habe ich ja außer einer Schramme an der Stirn nichts gefunden."

„Ich weiß es nicht. Aber ich glaub nicht daß sie uns anlügt. Das paßt nicht zu ihr. Sie redet nicht, wenn sie nicht darf. Aber sie lügt nicht.Wenn es hier eine Ehrenwerte gibt, dann ist es Misaki.“: sagt Ira überzeugt. „ Die Katze finden? Wir werden sehen. Wenn ich wieder ganz auf den Beinen bin.“ Ira überlegt kurz. „Und wenn wir sie nicht finden, dann wird sie uns finden. Mit Speck fängt man Zwysel heißts bei uns. Da wird uns schon was einfallen.“ Mißbilligend schaut sie Sundara an. „Was kratzen dich die Leute hier? An denen die ich kenne putz ich mir selbst jetzt die Stiefel ab. Aber wenn die verdammte Katze wirklich das Sagen hat wird sie auch eine Wache oder so was haben. Kein Mächtiger risikiert seinen Arsch freiwillig. Darauf kannst du Gift nehmen. Zum Reden bring ich sie schon. Das ist nicht das Problem.“: versichert Ira mit einem kalten Grinsen. „Du meinst die große Ruine? Hm! Sollten wir uns auf jeden Fall vornehmen. Ganz besonders wenn die nicht wollen das wir hingehen. Aber vorher werd ich mir Stanchek vornehem. Vielleicht lock ich ihm was heraus. Als Zivilistin kann ich jetzt Tittenwackeln soviel ich will.“ Ira grinst. „Bist du jetzt unter die Schrottsammler gegangen oder was?“:erkundigt sie sich.

Sundara schaut Ira an. Sie kaut auf ihrer Unterlippe, und erneut muss man kein Meister des Gedankenlesens sein, um zu erkennen, dass sie nachdenkt.

„Was mich die Leute hier kratzen?“ beginnt sie nun mit einer Frage, mit sehr, sehr ruhigem Unterton. „Naja, ich habe keine Ahnung, wie viele es im Endeffekt sind. Und ich habe keine Ahnung, wie viele davon kämpfen können. Der Waffenschmiedin möchte ich im Nahkampf nicht gegenüberstehen. Aber ich bin ja auch Fernkämpferin. Und - wir sind zu zweit. Wenn wir da gegen dreißig Männer kämpfen müssen, die halbwegs wissen, was sie tun, naja, das könnte brenzlig werden. Und wenn ich die Wahl habe, dann suche ich mir eine Alternative, die weniger ins Auge gehen kann.“

Kurz sieht sie wieder schweigend den Blondschopf an, ihre Reaktion musternd, doch wird Ira kaum zu Wort kommen, da spricht sie schon weiter.

„Als sie zu dir kam, hatte diese... Katze... jedenfalls keine Wache bei sich. Sind wir mal ehrlich, du legst dir eine Wache zu, wenn du glaubst, in Gefahr zu sein. Wenn du aber alle so weit unter Fuchtel hast, dass du weißt, dass dir niemand ein Haar krümmen wird, dann wirst du darauf verzichten, dass du immer irgendwelche Typen hast, die hinter dir her latschen, egal ob du dich duschen willst oder einfach nur auf den Topf gehen. Auch das wissen wir nicht. Und wenn sie Wachen hat, wissen wir nicht wie viele, wie sie ausgerüstet sind, wie gut sie sind. Herlocken dürfte das Problem nicht sein, wirst wohl imstande sein, eine Ketzerin so herzurichten, dass ein Heiler kommt?“

Sie blinzelt Ira nun kurz schelmisch zu, einen Augenblick lang, dann wird sie wieder ernst und fährt fort: „Für mich ist diese Ruine das Ding, das mir am wenigsten unsicher erscheint. Wir brauchen ja nicht an die große Glocke hängen, dass wir da hin wollen. Und ich kann die Bude ja schon mal etwas beobachten. Und wenn es nix bringt, können wir immer noch einen Krieg mit der ganzen Stadt beginnen.“

Und wieder sieht sie Ira kurz musternd an, bevor sie noch hinzufügt: „Und du hast recht, bevor du nicht wieder vollkommen auf dem Damm bist, brauchen wir gar nichts tun. Das wäre einfach nur dumm. Wir wären dann nur halb so stark wie wir sein könnten, und wenn ich die Wahl habe, dann plane ich meinen Angriff dann, wenn ich bei voller Stärke bin. Also, lass uns erst mal was Leckeres hier essen. Ich werde uns dann eine Bleibe suchen, wo wir hin können, wenn du hier wieder rausdarfst. Und wenn du dir sicher bist, wieder ganz die Alte zu sein, dann schlagen wir los.“

--->Auf dem Weg zu Misaki

Auf dem Wege zu Misaki hat Keresin erfolglos versucht den Bediensteten des Silberkrugs mit dem seltsamen Namen in ein Gespräch zu verwickeln. Entweder war er wirklich so stupide wie er aussah oder er hatte den Auftrag sich nicht aushorchen zu lassen. Stattdessen konzentriert sich Keresin auf den Weg und nach einiger Zeit muß er sich eingestehen, daß er sich wahrscheinlich auch mit einer guten Beschreibung verlaufen hätte, wenn ihn dieser Drei nicht absichtlich auf dem verwinkelsten Weg zu Misaki führt. Als sie endlich am Ziel angelangt sind, entläßt Keresin Drei nicht ohne sich bei ihm zu bedanken. Obwohl er lange in Elurien gewesen war beeindruckt ihn die verschwenderische Verwendung des in Vobra so knappen Holzes immer noch. Das Holzhaus zu dem ihn Drei geführt hatte, war alt aber liebevoll und sorgfältig Instand gehalten. Er betrachtet das Haus eine kleine Weile bevor die paar Schritt zur Eingangstüre zurücklegt und vernehmlich klopft.

Es dauert etwas bis sich die Türe öffnet und eine ältere Frau erscheint. Trotz der Spuren des Alters in ihrem Gesicht und dem grau-weißen aufgesteckten Haar, das mit langen Nadeln fixiert trägt, strahlt sie eine Aufmerksamkeit und eine Jugendlichkeit aus, die nicht zu ihrem Haar passen will. Das immer noch schöne exotische Antlitz mit den leicht schräg gestellten dunklen Augen ist von der Farbe alten Elfenbeins. Über einem weißen Gewand trägt sie eine Schürze. Als sie Keresin erkennt und das tut sie ganz offensichtlich, verändert sich ihr Gesichtsausdruck etwas und wird trotz ihres Lächelns auf eine subtile Weise härter und entschlossener. Höflich verbeugt sie sich, doch diese Verbeugung hat nichts Unterwürfiges an sich. „Seid gegrüßt, Legat! Womit kann ich euch zu Diensten sein?“: frägt sie mit distanzierter Höflichkeit.

Unwillig nickt Ira. „Ja, hast schon recht. Wer weiß wer sich hier noch herumtreibt. Aufklären, Lage erfassen, Zuschlagen wies in der Armee so schön geheißen hat.“ Ira kratzt sich durch den Verband am Knie. „Ist diese Schmiedin wirklich so ein Vieh? “: erkundigt sich Ira. Dann verzieht sie das Gesicht. „Wunder wärs keins bei diesen widerlichen Schuppenärschen!“ Dann wechselt sie das Thema als Sundara was von Ketzerinnen herrichten sagt. „Ja, ich glaub ich könnt dir den Hintern ganz schön versohlen. Schaust sicher süß aus mit einem roten Hintern.“ Sie grinst anzüglich. Aber dann schüttelt sie den Kopf. „Nein, nein, da bist du wieder auf dem Holzweg. Wer Macht hat, hat Feinde. Je größer die Macht, umso mehr Feinde. Wenn die Katze was zum Sagen hat, dann hat sie auch Wachen! Nur weil du keine gesehen hast, heißt nicht das sie nicht da waren.“ Dann lacht sie auf. „Wir beide im Krieg mit der ganzen Stadt? Das klingt wie daheim. Hab ich dich angesteckt, oder was?“ Sie zwinkert Sundara zu. „Wird nicht so lang dauern bis ich wieder auf den Beinen bin. Misaki hat was von ein paar Tagen gesagt. Sie will mich im Haus einquartieren wo wir geschlafen haben. Sie hat auch gesagt, daß sie die nächsten Tage nach mir schauen will.“

Wer soviele Jahre seines Lebens in der strikten Hierarchie der Reichsarmee verbracht hat, bekommt ein Gespür für Rang und Machtbefugnisse. Es sind kleine und kleinste Gesten, Mimik und Körperhaltung, oft gar nicht bewußt, die viel über Stellung und Position verraten. Keresin ist sich sehr schnell darüber im Klaren das er vor jemanden steht, der lange Zeit befohlen hat. Das ruhige und aufmerksam-selbstsichere Körpersprache, die beherrschten Bewegungen verraten ihm auch das er es mit ziemlicher Sicherheit mit einer ausgebildeten Kämpferin zu tun hat. So beugt auch er höflich den Kopf, kein Haarbreit tiefer als die ältere Frau. „Seid gegrüßt. Mein Name ist Keresin. Ich nehme an ihr seid Misaki! Wir wurde gesagt, daß Ira Verra zu euch gebracht wurde. Ich möchte gerne mit ihr sprechen, wenn sie hier sein sollte.“ Die Überraschung mit seinem korrekten Rang angesprochen zu werden, läßt er sich nicht anmerken. Selbst in Vorovis wußten nur ein paar Wenige in höchsten Regierungskreisen über seine Ernennung Bescheid.

„Sagen wir es mal so,“ antwortet Sundara lachend, als Ira auf die Sramen zu sprechen kommt, „ich glaube, die könnte mich in einem Stück runterschlucken und würde nicht einmal einen dicken Bauch davon bekommen.“ Etwas ernster fügt sie hinzu: „Das ist wirklich eine beeindruckende Erscheinung. Und sie ist... wie soll ich sagen... etwas sonderbar. Aber irgendwann lernst du sie sicher ebenfalls kennen.“

Als Ira jedoch von der Ehrenwerten zu sprechen beginnt, zuckt sie mit den Schultern. „Du hast da schon recht,“ sagt sie. „Überall in der Röhre brauchen die Mächtigen Wachen. Aber hier scheint so vieles anders zu sein... Nur mal als Beispiel: Wir befinden uns auf einer Insel. Hast du irgendwo Seeleute gesehen? Jede Insel, die bewohnt ist, hat Leute, die zur See fahren. Ist aber auch egal, wenn sie Wachen hat, werden wir es herausfinden. Nur eben... irgendwie müssen wir die hervorlocken. Bei dir hat das ja gut funktioniert, als dich Keresin windelweich geschlagen hat. Ob da allerdings ein roter Hintern ausreicht... Aber auch da: kommt Zeit, kommt Rat. Und nein, Krieg mit der ganzen Stadt ist eben das, was ich unter allen Umständen vermeiden will. Das kann ins Auge gehen, und etwas, das ins Auge gehen kann sollte man nur dann unternehmen, wenn es unumgänglich ist. Deshalb sage ich ja auch, zunächst sollten wir uns mal das Haupthaus anschauen. Vielleicht lernen wir da etwas, was nützlich sein könnte.“

Sie sieht Ira nun wieder fragend an, wie sie es so oft tut, wenn sie ihre Meinung kundtut. Schließlich schließt sie mit folgenden Worten: „Jedenfalls ist es großartig zu hören, dass du bald wieder auf dem Damm bist. Und wenn dich Misaki in das Haus einquartieren will, ich bin auf jeden Fall dabei, wenn du magst. War letzte Nacht bei Lenari zum Schlafen, und naja, es lief so mittelprächtig. Wenn du wieder ganz fit ist, würde ich mich mal umschauen, ob wir bei dem ominösen Haupthaus was finden. Ein paar Tage den Schuppen beobachten, bevor wir da reinmarschieren kann auf jeden Fall nicht schaden.“

„Ich weiß wer ihr seid, Legat.“: antwortet Misaki kühl. Ihre dunklen Augen mustern den Vorovisianer. „Ich bin Misaki und ihr seid richtig informiert, Ira ist bei mir. Sie steht unter meinem Schutz und ich werde alle eventuellen Versuche ihr zu schaden mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln unterbinden. Ich dulde keine Gewalt in meinem Haus! Ist habe mich doch klar genug ausgedrückt, Legat?“ Der eindringliche Blick unterstreicht den bestimmten Tonfall Misakis. Sie läßt sich Zeit mit dem Weitersprechen. Der Klang ihrer Stimme ist jetzt ein wenig konzilianter als zuvor. „Entschuldigt mich bitte. Ich werde sie fragen, ob sie euch sehen möchte. Ich darf euch also ersuchen, euch ein wenig zu gedulden.“ Mit diesen Worten schließt Misaki ihre Haustüre. Unbeobachtet wie sie ist, gönnt sie sich ein amüsiertes Lächeln, bevor sie sich auf den Weg macht. Sie klopft an die Verandatüre bevor sie die Schiebetüre öffnet und wendet sich an Ira. „Der Legat ist da und will dich sprechen. Willst du ihn anhören? Wenn nicht dann schicke ich ihn wieder fort.“

„Nur wenn du mir nicht die Ohren voll schnarchst jede Nacht.“: sagt Ira grinsend auf die Frage Sundaras. Sie will noch was sagen, aber da klopft es. Misaki macht die Tür auf und sagt das Keresin da ist. Es kann nur Keresin sein. Außer ihm gibt es hier keinen Offizier der Reichsarmee. „ Was Legat ist der?“ Die Frage rutscht ihr so heraus. Ira hat schon geahnt, daß Keresin ein höherer Offizier ist. Aber Legat? In dem Alter? Sie schaut kurz zu Sundara und überlegt. Wenn er nur reden will dann ist es gut. Das letzte Wort in der Geschichte ist noch nicht gesagt. Das ahnt Ira. Wenn er nicht nur reden will, dann sind sie jetzt Drei, Misaki eingerechnet. Das ist schon beruhigend. Allein hat sie in dem Zustand nicht die kleinste Chance sollte er ihr auf die rauhe Tour kommen. Und kneifen kommt gar nicht in Frage. Also nickt sie. „Nein schickt ihn nicht weg. Ich will mit ihm reden.“: antwortet sie Misaki. „Bin schon gespannt was der will von mir.“: sagt sie dann in Richtung Sundaras. Automatisch dreht sie sich so, daß sie schnell aufstehen kann ohne das verletzte Bein zu sehr zu belasten. Jetzt ist sie bereit, was da auch auf sie zukommen wird.

Freilich kommt Sundara nicht dazu zu antworten. Sie wird ernst, als Misaki Keresin ankündigt. Ihr Blick verfinstert sich nicht. Sie schaut zu Ira, sie hört ihr zu. Ihr Blick liegt tief in dem ihren. Sie nickt aufmunternd. Sie sind nur wenige, und es ist nicht gut, wenn sie sich zerstreiten. Das hat Gronk gesagt. Und nun ist die Gelegenheit gekommen, einen tiefen Riss in der kleinen Gruppe wenigstens ansatzweise zu kitten. Wenn Keresin denn überhaupt so etwas im Sinn hat. Und wenn nicht… Sundara hat keine Angst vor einem Kampf. Sie ahnt wohl, dass es ein harter Kampf werden würde. Aber sie hat gegen die Sragon gekämpft, und sie kann sich keinen härteren Gegner vorstellen.

"Ich hoffe doch nichts Böses," sagt sie. Das Lächeln ist zaghaft. Die Atmosphäre, voller Erwartung darauf, was nun denn kommen möge, mehr als gespannt. Sundara schiebt mit den Füßen ihren Stuhl nach hinten, weg von Ira. Sollte es zu einem Kampf kommen, ist es nicht gut, wenn sie zu nahe beieinander sind. "Aber du machst das Richtige. Ihr könnt euch hier eh nicht auf ewig aus dem Weg gehen."

Ihr Blick geht zur Tür. Jeden Moment muss er auftauchen. Sie sitzt scheinbar entspannt da, den Bogenköcher über die Lehne gehängt, leicht in den Stuhl gelümmelt. Aber ihre Sinne sind geschärft - und das ist wieder einmal unschwer an ihren Seelenspiegeln abzulesen. Die Augen wirken etwas kleiner, fokussiert, wenigstens für Sundara eigenartig ausdruckslos. Ja, was wird er wohl wollen?

„Gut.“: entgegnet Miskai. „Ich werde ihn herein bitten. Ich bin in der Nähe und wenn ihr mich braucht, dann ruft. Doch eins, Ira.“ Misaki fixiert die Jüngere mit ihrem Blick. „Bitte provoziere ihn nicht unnötig. Der Mann ist gefährlicher, als es den Anschein hat und du solltest ihn dir nicht ohne schwerwiegende Gründe vollends zum Feind machen, auch wenn du verletzt bist und es dir schwerfällt. Bitte versuche es zumindest.“ Mit diesen eindringlichen Worten zieht sich Misaki wieder ins Haus zurück. Auf dem Weg zur Türe holt sie ihren Fächer mit den verborgenen Klingen, mit dem sie meisterhaft umzugehen weiß und steckt ihn sich in die breite Stoffbinde, die ihr als Gürtel dient. Sie glaubt nicht, daß sie ihn brauchen wird, doch es ist besser auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Sie öffnet die Eingangstüre und bittet Keresin mit einer Verbeugung und einer einladenden Geste einzutreten. „Bitte, ihr werdet erwartet.“: sagt sie. „Ich verlasse mich auf euer Wort als Offizier, daß ihr mit Ira sprechen wollt und sonst nichts.“ Als Keresin das Haus betritt, bittet sie ihn aus den Sandalen zu schlüpfen, bevor sie ihn weiterführt, hinaus auf ihre Veranda und sich zurückzieht.