Forum Übersicht - RE: Nächtliches Intermezzo - 2

Chelia hält inne. Erst jetzt scheint sie zu bemerken, dass dies nicht ihre Veranda ist. Sie dreht sich langsam zu Hel, seufzt schmerzerfüllt auf, greift sich an die Seite und geht wieder in ihre Ausgangsposition zurück. Mit einem weiteren Stöhnen erhebt sie sich schließlich. Sie steht schief, die Schultern in die Richtung der geschundenen Seite gebeugt. In ihrem Gesicht ist die Bahn verkrusteten Blutes deutlich zu sehen. Der Blick ist glasig, sie ist bleich, mit dunklen Ringen unter den Augen. Sie atmet flach und schnell - jede Bewegung des Brustkorbs ist wie ein Messerstich.

"Was ist passiert?" fragt sie dann, verzieht noch einmal das Gesicht und reibt sich die Seite.

Als Chelia aufsteht, legt sich Hels Rechte auf den Knauf seiner Asnivala, die neben ihm auf dem Tisch liegt.
„Was passiert ist?“ Hel lacht freudlos auf.
„Glaubt ihr etwa ihr kommt bei mir mit der ich-kann-mich-an-nichts-erinnern Masche durch? Bei Lijans silbernen Klauen, ich habe mich in euch geirrt. Ich dachte ihr hättet wenigsten soviel Rückgrat, zu dem zu stehen was ihr tut. Vorovis hat an euch wirklich nichts verloren. Ihr widert mich an.“
Nichts als Kälte und Verachtung ist seinem Blick.
„Dann will ich eurem löcherigen Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge helfen, vielleicht erinnert ihr euch doch noch. Abgesehen davon, daß ihr mir meinen Teppich ruiniert und mir die Veranda vollgekotzt habt, wolltet ihr mich im Schlaf ins große Schweigen schicken. Pech für euch, daß ihr nur mein Bett mit eurer Asnivala durchlöchert habt.“
Seine Stimme trieft vor ätzendem Hohn.
„Nun beflügelt das euer Gedächtnis ein wenig?“

Chelia schaut Hel ziemlich überrascht an.

"Ich soll was? Ihr spinnt doch," entgegnet sie ihm kühl. "Zuerst einmal habe ich gerade gestern der Priesterin mein Wort gegeben, mit Euch zusammenzuarbeiten, und ich pflege mein Wort zu halten. Und zweitens... hätte ich Euch wirklich umbringen wollen, hätte ich es auch getan. Ich weiß ja nicht, was hier für ein Spiel abgeht, aber ich habe keine große Lust, in eben diesem Spiel noch länger vorzukommen. Also, gebt mir meine Asnivala, und ich bin hier weg."

Sie hat nun eine ganze Weile gesprochen, und dementsprechend tief muss sie jetzt auch Luft holen, was ihr wieder einen ziemlich verschmerzten Gesichtsausdruck verleiht. Sie sucht die Veranda mit den Augen ab, ob sie irgendwo ihr teures Stück erblicken kann.

„Abgesehen davon das ihr eine erbärmliche Lügnerin seid, sind euere Fähigkeiten als Meuchlerin noch erbärmlicher. Ihr könnt nicht einmal einen stockbesoffenen Einbeinigen auf die Eisfelder schicken, wenn er euch nicht von selbst in die Klinge fällt.“
Langsam steht Hel von seinem Stuhl auf.
„Was meint ihr wo eure Schmerzen her kommen? Oder wollt ihr mir weiß machen, daß ihr euch auch daran nicht erinnert, daß ich euch zusammen geschlagen habe? Was ehrlich gesagt auch keine große Kunst war.“
Für einen Moment mustert er sie dann spuckt er angewidert aus. In diesem Moment verwirft er auch seinen Plan sie zu fordern und sie im Duell zu Xith zu schicken. Das wäre zuviel Ehre für diesens elurische Zwysel.
„Spart euch euer Gerede. Ich habe die Nase gestrichen voll von euch.“
Er dreht sich um geht ins Wohnzimmer holt ihre Klinge und wirft sie ihr vor die Füße.
„Laßt euch gesagt sein, wenn ihr mir nochmals in die Quere kommt, dann ziehe ich euch die Haut ab und nagle sie an meine Scheißhaustüre. Jetzt schert euch davon!“

Er war schuld an ihren Schmerzen! In Chelias Augen blitzt es auf, als sie diese Worte vernimmt. Ja, sie muss verhindern, dass Hel Nergal hier zu viel Macht bekommt. Doch nicht jetzt, wo sie nicht einmal gerade stehen kann. Sie hat keine Ahnung, wie sie hier her gekommen ist. Sie weiß nur, dass sie die Babacye gegessen hat, und von da an bis jetzt ist in ihrer Erinnerung gähnende Leere. Er muss sie hergelockt haben, irgendwie, und dann über sie hergefallen sein. Der Mann ist Abschaum, schlimmer noch als sie gedacht hat. Sie hat auf der Hut zu sein. Sie muss die kleine Gruppe vor Hel Nergal beschützen. Irgendwie.

In diesem Moment kommt Hel aus dem Wohnzimmer zurück. Ihre Asnivala fällt scheppernd vor ihre Füße. Chelia bückt sich, hebt sie auf. Von dem angeknacksten Rippenbogen strömt der Schmerz stechend in den ganzen Oberkörper, die Niere gibt brummend Beifall. Sie versucht, sich den Schmerz nicht anmerken zu lassen. Es gelingt nur höchst marginal. Sie schiebt die Asnivala in die Scheide. Sie sieht Hel an. Dann spuckt sie ihm gerade in das Gesicht, bevor sie sich umdreht, um die Stufen von der Veranda hinabzusteigen.

Das leise Lachen in ihrem Rücken ist ein Versprechen. Mehr geschieht nicht. Er sieht ihr nur nach, wie sie zwischen den Bäumen verschwindet. Hel wischt sich ihren Speichel aus dem Gesicht, gießt sich etwas Rum in die hohle Hand und reibt sich damit übers Gesicht. Dann holt er einen Eimer Wasser und wäscht sorgfältig ihre Kotze von seiner Veranda. Seinen Teppich rollt er ein und schleppt ihn auf die Veranda. Er hat vor ihn irgendwo in den Wald zu werfen, weit von seinem Haus weg. Dann setzt er sich, gießt sich einen Becher ein. Verdammnis, das war wohl das Ende der ruhigen Nächte. Das nächste Mal würde das Zwysel wohl nüchterner kommen. Es war Zeit ein paar Vorbereitungen zu treffen. Aber das konnte noch ein wenig warten. Es dauerte mit Sicherheit ein paar Tage, bis sie sich wieder halbwegs schmerzfrei bewegen konnte. Jetzt bedauerte er, ihr nicht noch ein paar Rippen eingetreten zu haben. Schließlich beschließt er gähnend, sich noch ein wenig hinzulegen. Er packt seine Waffe neben sich und schläft ein. Das Himmelsfeuer ist ein gutes Stück weiter in den Westen gewandert, als er die Augen aufschlägt und aufsteht. Auf dem Weg in die Küche um sich ein paar Reste zusammen zu suchen, bleibt er im Wohnzimmer stehen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Er steht auf einem Teppich, etwa so groß wie der Alte, aber die Muster sind in gold gehalten, nicht in blau. Pest und Hölle, was ging hier vor? Wer schleicht sich in sein Haus und legt ihm einen neuen Teppich auf den Fußboden? Völlig verrückt. Der Hunger ist ihm vergangen. Er geht in den anderen Zimmern nachsehen, aber es fällt ihm keine Veränderung auf. Erst auf der Veranda bemerkt er, daß der alte, eingerollte Teppich verschwunden ist. Er geht rund ums Haus, aber er kann keine Spuren finden. Mit den ruhigen Nächten war es wohl wirklich aus.

Zu Beginn schaut Chelia reichlich überrascht, doch ist mit Sicherheit nicht die nervöse Bestürzung zu sehen, die es bei Hel Nergal gegeben hat ob seines neuen Teppichs. Gut, Chelia war ja auch lange genug weg, dass es JEDER hätte sein können. Nach dieser besagten ersten Überraschung legt sich jedoch ein verträumtes Lächeln auf ihre Lippen. Wohl hat sie jemanden in Verdacht, ihr dies Geschenk gemacht zu haben, und die Gefühle für diesen jenigen scheinen wohl recht romantischer Natur zu sein. Sie geht, oder besser, schleppt sich vor bis zu diesem Laib Brot, setzt sich vorsichtig auf einen Stuhl, nimmt den Laib hervor, schneidet mit der Pejura aus ihrem Ärmel ein Stück davon ab und beginnt, dies Brot langsam und bedächtig zu essen - wohl um zu vermeiden, dass es in ihrer Küche dasselbe Malheur geben könnte als in Hels Wohnzimmer und dann noch einmal auf seiner Veranda.