„Es freut mich das es euch besser geht und ihr habt gut getan euch an meine Empfehlung zu halten.“: entgegnet Misaki in ihrem üblichen höflichen Tonfall. „Ihr könnt jetzt aufstehen, Legat.“ Keresins Entschuldigung nimmt sie mit einer knappen Verbeugung zur Kenntnis. „Es gibt keinen Grund euch zu entschuldigen, ihr habt mich nicht beleidigt, Legat. Ihr habt mich nur an jemand erinnert der mir sehr nahestand, den ich immer noch vermisse.“ Ihr Tonfall macht klar das dieses Thema damit für sie abgeschlossen ist. Sie reicht Keresin eine kleine Tonflasche. „Ich nehme nicht an das es notwendig ist, aber sollten Krämpfe auftreten dann nehmt zehn Tropfen auf ein Glas Wasser ein und jetzt muß ich euch um Verzeihung bitten, denn ich muß euch ersuchen jetzt aufzubrechen.“ Misaki bringt Keresin zur Türe schließt hinter ihm ab.
Sie schließt die Tür hinter sich als sie Iras Zimmer verläßt um sich in den anderen Teil des Hauses zu begeben in dem der Legat liegt. Vor der Türe seines Zimmers bleibt sie stehen und versucht sich zu sammeln. Dieses verdammte spöttische Grinsen! Für einen Moment hatte sie in die grünen Augen des Mannes geblickt, mit dem sie eine Geistesverschmelzung eingegangen war und dessen Verlust sie nicht verwinden konnte. Mit diesem Grinsen hatte er sie angesehen…
„Lijan, Herrin über Leben und Tod. Ich flehe dich an, gib ihn mir zurück. Gib ihn mir zurück!“: flüsterte sie leise wie schon so oft zuvor. Für einen Augenblick lehnt sie sich gegen die Wand doch sie erlaubt sich keine weitere Schwäche. Mit einem Ruck löst sie sich von der Wand und straft ihre Haltung. Sie atmet tief durch und als sie das Zimmer betritt zeigt ihr Gesicht wieder den gewohnten höflich kühlen Ausdruck. „Wie geht es euch Legat.“: erkundigt sie sich.
Für eine Weile bleibt Misaki neben dem Bett Iras stehen und beobachtet wie sich das hübsche Gesicht der Vorovisianerin unter dem Einfluß der Droge langsam entspannt. Jugendlicht und gelöst wirkt der Ausdruck ihres Gesichts als die Droge ihre Wirkung entfaltet und Ira in tiefen Schlaf fällt. Mit einem leisen Seufzen wendet sich Misaki ab und verläßt den Raum. Sie kehrt mit einem Kästchen aus matt glänzendem Material zurück, das sie neben dem Bett abstellt. Aber für die eigentliche Behandlung war noch Zeit. Zuerst mußte der Legat entweder aus dem Haus oder ruhiggestellt werden. Sie will auf keinen Fall riskieren das Keresin Dinge zu sehen bekommt, die er nicht sehen sollte.
„Ihr belästigt mich nicht. Ich freue mich über eure Gesellschaft. Gehabt euch wohl!“: erwidert Misaki mit einer höflichen Verbeugung. Doch sie begleitet Sundara nicht wie gewöhnlich zur Türe. Stattdessen wendet sie sich an Ira. „Verzeih das ich euch so rüde unterbrochen habe, aber es wird in der Tat Zeit. Deine Medizin wird dich für längere Zeit schlafen lassen, länger als gewöhnlich.“ Sie öffnet die Türe und geleitet Ira ins Haus. „Um den Legaten brauchst du dir keine Sorgen machen.“: bemerkt sie beiläufig, als sie die Vorovisianerin in ihr Zimmer begleitet. „Es geht im den Umständen entsprechend gut.“ Sie nimmt Ira den Stock ab. „So jetzt lege dich bitte hin.“ Misaki reicht ihr einen vorbereiteten Becher. „Trink es aus. Am Besten auf einen Zug, der Geschmack ist wenig ansprechend. Du wirst schnell müde werden. Aber das kennst du schon.“ Ruhig wartet Misaki bis Ira den Becher geleert hat.
In dem Moment in dem Sundara den Salbentiegel zuwirft, klopft es an der Türe und Misaki betritt die Veranda. „Verzeiht, es hat etwas länger gedauert, aber ich habe gute Nachricht. Der Legat hat keine bleibenden Schäden erlitten. Wenn in der nächsten Jhane keine Komplikationen auftreten und sein Zustand stabil bleibt, dann kann man ihn guten Gewissens als geheilt bezeichnen.“ Misaki blickt von Ira zu Sundara und wieder zurück. Wieder liegt der Hauch von tiefer Trauer, die sich nicht vollständig verbergen kann, auf ihren Gesichtszügen. „Es tut mir leid, daß ich euer Gespräch unterbrechen muß, aber es wird Zeit für deine Behandlung, Ira.“ Zu Sundara gewandt sagt sie mit einer angedeuteten Verbeugung: „Nach Ira muß ich mich auch noch um den Legat kümmern und so kann ich euch bedauerlicher Weise für eine längere Zeit keine Gesellschaft leisten. Doch ihr könnt gerne bleiben wenn euch meine Abwesenheit nicht stört.“ Es besteht kaum ein Zweifel, daß diese Entschuldigung eine höflich formulierte Aufforderung für Sundara ist das Haus zu verlassen.
Als sich das spöttische Grinsen auf dem Gesicht Keresins abzeichnet verliert Misaki völlig überraschend nahezu die Fassung. Ihre Augen weiten sich und werden feucht. Sie dreht sich für einen Augenblick zur Seite und bedeckt ihre Augen mit der Rechten. Es dauert einen Moment, aber als sie sich wieder dem Vorovisianer zuwendet hat sie sich scheinbar wieder gefangen. Sie versteht es ausgezeichnet den Tonfall Keresins zu treffen, als sie ihm antwortet:
„Nein, Legat, ihr irrt euch! Ich weiß nicht warum ihr hier seid. Und rührt euch besser nicht, wenn ihr euch nicht scheußliche Krämpfe einhandeln wollt.“ Ihr Blick ist kühl, doch er verschleiert nicht ganz tiefe Trauer. Als sie weiter spricht ist ihr Tonfall ein wenig konzilianter: „Was euren Unfall betrifft, nun die Fallen sind in der Tat alt. Mehr werde ich euch dazu nicht sagen. Nicht weil ich nicht möchte, sondern weil ich zu gehorchen habe. Wie ihr und Ira habe auch Eide geschworen und ich nehme nicht an, daß ihr eure Pflicht vergesst und den wahren Grund eures Aufenthalts in Elurien ausplaudert und darüber sprecht was ihr in MilWis gesehen habt. Und nein, ich werde ich euch auch nicht sagen woher ich das über euch weiß. Aber ich sage euch etwas Anderes. Ihr werdet vermutlich hier den Rest eurer Tage verbringen, wenn es die Göttin es nicht anders beschließt. Richtet euren Blick nach vorn, nicht zurück in die Vergangenheit. Eure Fähigkeiten, eure Ausbildung, eure Hartnäckigkeit und eure Skrupellosigkeit werden euch auch hier gute Dienste leisten. Haltet eure Augen offen, fällt keine vorschnellen Schlüsse, schließt nichts von vornherein aus und denkt daran was ihr in MilWis gesehen habt. Stellt die richtigen Fragen, dann findet ihr auch die Antworten, die ihr sucht. Mehr kann und werde ich euch nicht sagen, ob euch das nun gefällt oder nicht. Jetzt bleibt so ruhig wie möglich liegen.“
In einer fließenden Bewegung erhebt sich Misaki: „Es wird nicht lange dauern.“: sagt sie und wendet sich zum Gehen. Als sie die hölzerne Schiebetüre öffnet, wendet sie sich nochmals um. „Eines noch, Legat! Grinst mich nie wieder so an, sonst wird es euch leidtun.“: sagt sie kühl und ihr Tonfall hat etwas vom Klang einer Klinge die über Metall kratzt. Dann schließt sich die Türe hinter ihr.
Mit einem angedeuteten Lächeln sieht Misaki auf den Vorovisianer hinab. „Das wo ist leicht zu beantworten, Legat. Ihr seid in meinem Hause. Ich habe euch herbringen lassen, denn auch wenn ihr euch jetzt sehr viel besser fühlt, können in der nächsten Jhane noch Komplikationen auftreten, die mein Eingreifen erfordern.“ Für einen langen Augenblick sieht sie dem Mann, der vor ihr auf dem Boden liegt nur an und das angedeutete Lächeln verblaßt. „Das was euch zugestoßen ist, läßt sich nicht so leicht beantworten.“: sagt sie schließlich. „Ich werde versuchen es euch zu erklären, Legat.“ Für einen Moment verliert ihr Blick den Fokus so als dächte sie nach oder müßte ihre Worte erst ordnen. „Diese Stadt ist alt, Legat, sehr alt.“: sagt sie schließlich. „Vieles hat die Zeit ausgeschlöscht, Anderes wiederrum nicht. Neben Artefakten, alten Münzen und dergleichen findet sich hie und da noch Vorrichtungen, wie die in die ihr getappt seid, Vorrichtungen die nicht töten sollen, aber jemand ausschalten; Fallen wenn ihr so wollt. Ihr hattet das Pech in einer dieser alten Fallen zu stolpern.“: sagt Misaki ruhig aber der Blick ihrer dunklen Augen liegt aufmerksam auf den Gesicht Keresins.
Thema von Misaki-NPC im Forum Die Straßen der Stadt
Keresin Bewußtsein ist wie ein flacher Stein der über das Wasser flitzt und immer wieder aufs Wasser aufschlägt, ist da und fort. Er hört Stimmen, Bruchstücke von Sätzen. „...unverantwortlicher Leichtsinn ….zuerst die Leichen und dann die Schockfalle…..gefährdet alles...“ Eine andere Stimme: „...Fehler wurden gemacht…dramatisiert nicht ....euer Verhalten ist gefährlich…..Ishikawa Erji, ihr bewegt euch auf Messers Schneide…..“ Wieder die erste Stimme: „Wir werden sehen…...das Metatorion wird darüber befinden……Jetzt geht! Er kommt zu sich.“ Immer weniger oft schlägt Keresin auf den dunklen Wassern der Bewußtlosigkeit auf und dann öffnet er die Augen. Es dauert einen Augenblick bevor sich der helle Fleck vor seinen Augen in ein Gesicht verwandelt, in Misakis Gesicht. „Bleibt ruhig liegen, Legat und bewegt euch nicht. Ich werde euch einen Trank gegen die Übelkeit und das Brennen in euren Gliedern geben.“ Er spürt ihre kühle Hand an seinem Nacken, die seinen Kopf hebt und dann den ekelhaften Geschmack in seinem Mund. „Es dauert nicht lange bis die Wirkung einsetzt, bis dahin bleibt liegen.“
Irgendwann hört Keresin schnelle Schritte und eine bekannte Stimme faucht: „Wie kann so etwas geschehen, ihr elenden Bajingan?“ Die Männerstimme antwortet erklärend: „Standardprotokoll Zugangssicherung, werte Ishikawa Erji….“ Misakis Stimme unterbricht den Mann zornig. „Nennt mich nicht so. Hier bin ich Misaki, ganz einfach Misaki! Verstanden?“ Ein Schatten fällt über Keresin, dann schimmert es für ein paar Augenblicke grünlich auf. Misaki seufzt erleichtert, dann kann Keresin ihre Stimme an seinem Ohr hören. „Ihr werdet es überstehen, Legat. Ich gebe euch etwas, daß die Schmerzen vertreibt und die Lähmung löst. Ihr werdet gleich wieder normal atmen können, aber schnell wieder das Bewußtsein verlieren.“ Ein leises Zischen ertönt und Keresin kann von seinem linken Arm ausgehend Wärme fühlen, die sich wie eine Welle in seinem Körper ausbreitet, die Schmerzen mit sich nimmt und dann fühlt er die Lähmung weichen und seine Lunge füllt sich mühelos mit Luft. Bevor er sich aber zu Misaki umdrehen kann hüllt ihn Schwärze ein und zieht ihn hinab. Misaki erhebt sich. „Bringt ihn zu mir und dann tragt dafür Sorge daß alles hier wieder so hergerichtet wird, wie es sich gehört. Der Erste Hüter wird von mir hören, bald, sehr bald.“
Misakis Blick wandert zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen hin und her. Mit einer knappen Geste, die immer noch etwas von ihrem Zorn verrät, zieht sie den Gurt der Tasche, der herabzugleiten droht, zurück auf ihre Schulter bevor sie knapp und harsch antwortet: „Ja, ihr kennt ihn. Den Legaten hat es erwischt.“ Dann hebt sie abwehrend eine Hand. „Was ihr jetzt auch sagen wollt, ich gehe allein. Ich werde alle Hände voll zu tun haben, um mich um den Legaten zu kümmern. Ihr bleibt hier, das heißt Ira bleibt hier.“ An Sundara gewandt ergänzt sie: „Ihr könnt natürlich hingehen wo ihr wollt, so lange ihr mir nicht folgt. Ich will euch nicht in meinem Haus festhalten.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, dreht sich Misaki um und zieht die Türe hinter sich wieder zu. Kurz darauf hören die beiden Frauen die Eingangstüre ins Schloß fallen.
In der Stille, die Sundaras Worten folgt, ist die Stimme Misakis durch Wände und Türe für einen Augenblick hörbar, doch unverständlich. Allerdings ist ihr Tonfall unverkennbar zornig, doch der Ausbruch nur von kurzer Dauer. Dann hören die beiden Frauen Schritte und diesmal öffnet Misaki die Türe ohne anzuklopfen. Ihre Augen blitzen und durch die Maske beherrschter Ruhe hindurch ist ihr der Ärger anzumerken:“ Ich muß mich entschuldigen für die Abwesenheit, aber ich habe Nachricht bekommen, daß es einen Notfall gibt. Jemand ist in eine der alten Fallen gelaufen, die es in der Stadt immer noch gibt. Ich werde dort gebraucht und muß euch für eine Weile alleine lassen. Ich hoffe das ich bald wieder zurück sein werde, aber versprechen kann ich es nicht.“ Mit diesen Worten wendet sich Misaki zum Gehen.
Es ist nur ein schmales Lächeln bei dem Gefühlsausbruch Sundaras, das darauf hindeutet das Misaki dieses Zwischenspiel wahrnimmt. Für den Moment sagt sie nichts und widmet sich dem Essen. Erst als sie sich an den gerösteten Fleischstückchen in der pikanten Soße mit verschiedenen Gemüsen satt gegessen hat und ihr Besteck zur Seite gelegt hat richtet sie ihren Blick auf die Elurierin. „Schön das es euch nichts ausmacht, Ira Gesellschaft zu leisten. Ich wollte euch ohnehin darum bitten. Ich komme zwar die nächsten Tage regelmäßig zu ihr, aber es wäre wirklich von Vorteil, wenn sie jemand den ganzen Tag über im Auge behalten könnte und sie von Unsinn, wie zum Beispiel laufen ohne Stock oder heftigen Waffenübungen, abhalten würde.“ Schmunzelnd wendet sie sich an Ira: „Du brauchst mir jetzt nicht zu sagen, das es nicht notwendig ist und du dich auf jeden Fall an meine Anweisungen halten wirst. Morgen wirst du sehr wahrscheinlich keine Schmerzen mehr spüren und ich habe dich trotz Schmerzen durch den Garten humpeln sehen, als wolltest du einen Rekord darin aufstellen.“ Misaki zwinkert ihr zu und oberflächlich betrachtet strahlt Misaki wieder die heitere Ruhe aus, die gewöhnlich von ihr ausgeht. Die ältere Frau stellt ihr gebrauchtets Geschirr auf ein Tablett. „Ich lasse euch jetzt für eine Weile alleine. Ich muß noch einige Vorbereitungen treffen.“ Geschmeidig erhebt sich Misaki und verläßt mit dem Tablett in der Hand die Veranda.
Misaki hat sich in der Zwischenzeit wieder völlig gefangen. Aber in ihrem Lächeln ist immer noch eine Spur von Bitterkeit, als sie ihre Hand auf Iras Linke legt. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen und du gehst mir nicht auf die Nerven. Ich kann mir gut genug vorstellen wie du dich in dieser Situation fühlst. Aber erinnere dich was ich dir am ersten Tag gesagt habe, als du mich nach dem Text auf dem Bild gefragt hast. Die Pflicht hat viele Gesichter. Gemeinsam ist ihnen das wir eines davon aus freien Stücken wählen, es auf unsere Schultern laden und es tragen. Wenn wir unter der Last nicht gehen können, dann kriechen wir, denn unsere Pflicht ist unsere Ehre und unsere Freiheit. Meine Pflicht ist mir so schwer geworden, daß ich nur mehr kriechen kann, denn mein Herz will in eine andere Richtung als die Pflicht mir weist.“ Misaki streicht in einer zarten Geste über Iras Handrücken. „Ich habe dir nicht die Augen geöffnet, Ira, das hast du von ganz allein getan. Ich habe dich nur angestoßen. Ich bedauere es sehr, daß mir verboten wurde, dir mehr zu lehren, Ira, das sollst du wissen. Ich hätte es mit großer Freude getan und ich weiß daß du stark bist, stärker als du ahnst.“ Sanft drückt sie Iras Hand und für einen Augenblick spiegelt sich tiefe Zuneigung in ihren Gesichtszügen. Für einen langen Augenblick sieht sie Ira nur an, dann läßt sie ihre Hand los. „Aber jetzt laßt uns essen, bevor alles kalt wird.“
Ob das Schmunzeln Misakis nun dem entäuschten Zwischentönen Iras bei ihrer Feststellung das Keresin sie nicht mag geschuldet ist oder der saftigen Bemerkung über das Schütteln ihrer Brüste bleibt offen. Auch in ihren dunklen Augen funkelt es amüsiert. Doch sowohl Lächeln als der Glanz in ihren Augen verschwindet als Ira ihren Fragen stellt. Sie legt ihren Löffel zur Seite und für einige Augenblicke hält sie den Kopf gesenkt und den Blick auf die Suppenschale gerichtet. Als sie den Kopf hebt und ihren Blick auf Ira richtet kann die Vorovisianerin den Zorn in den Augen sehen, der sich aber nicht gegen sie zu richten scheint, aber auch Bitterkeit und Bedauern. Dieses Bedauern schwingt auch in ihrer Stimme und mildert den harschen Ton.“ Ich habe schon zuviel gesagt, Ira. Viel zu viel! Doch du stehst mir über den ganzen Abgrund von Zeit und Geschick hinweg so nahe, daß ich dich warnen wollte. Ja, ich weiß all das über Keresin und noch viel mehr, aber ich kann es dir nicht sagen, darf es dir nicht sagen! Punkt!“ Misaki atmet tief ein und fährt dann wesentlich sanfter fort. „Ich habe es dir schon gesagt, Ira, ich bin nicht Herrin meiner Entschlüsse. Mich bindet meine Gehormsamspflicht und einiges mehr so wie dich dein Fahneneid. Es ist mir nicht gestattet dir all deine Fragen zu beantworten. Auch jene Unausgesprochene nicht, wer es ist dem ich Gehorsam schulde. Ich diene, wie du deinem Land gedient hast, Ira, in guten und noch mehr in schlechten Zeiten. Es liegt einzig in der Hand der Göttin, ob du diese Insel jemals wieder verlassen wirst. Ich bin keine Prophetin und kenne ihren Willen nicht, aber die Wahrscheinlichkeit, daß du in deine Heimat zurück kehren wirst ist gering. Richte deinen Blick nach vorn, nicht zurück in die Vergangenheit, verschwende nicht deine Kraft an ein Phantom, Ira. Gehe deinen Weg! Denke immer daran, daß hier kaum etwas so ist wie es auf den ersten Blick aussieht, traue nicht dem Schein, halte Augen und Ohren offen und vor allem deinen Verstand. Schließe nichts von vornherein aus und sei stark, mein Kind. Du wirst all deine Stärke brauchen.“ Eine Träne läuft über Misakis Gesicht. „Ich habe dir gesagt, was ich dir sagen kann. Jetzt dringe bitte nicht mehr in mich. Auch für mich ist es nicht leicht.“: sagt sie leise zum Abschluß.
Lächelnd winkt Misaki ab. „Probiert das Essen lieber bevor ihr es lobt. Es kann durchaus sein, daß es euch zu fremdartig gewürzt ist. Aber bitte greift nur zu.“ Dann wendet sie sich zu Ira und hört ihr aufmerksam zu. Nur für einen kleinen Moment erhellt sich ihre Mine. „Ich freue mich für dich Ira. Ich weiß was es bedeutet ausgeschlossen zu sein.“ Dann wird sie wieder ernst. „Warum er es auch getan hat, Ira, er hat seine Gründe dafür, da kannst du dir sicher sein. Er gehört sicher nicht zu der Art Mann die sentimentalen Eingebungen folgt.“ Jetzt bedient sich Misaki an der Suppe. „Was es auch immer ist, das ihn bewegt, es hat mit dir zu tun, Ira. Entweder er empfindet mehr für dich, als er zeigt oder die Einsicht, daß die einzigen Vorovisianer hier sich besser nicht feindlich gesinnt sein sollten oder es ist eine Mischung von Beiden. Ich habe es schon einmal gesagt, der Mann ist gefährlicher als es den Anschein hat und du hast Recht Ira, er ist ein fähiger Offizier und noch mehr. Wenn ich dir einen Rat geben darf, unterschätze ihn nicht und versuche nicht Katz und Maus mit ihm zu spielen.“ Sie schaut Ira in die Augen und lächelt. „Was aber nicht heißen soll, daß du deine weiblichen Vorzüge verstecken sollst.“ Sie zwinkert ihr zu und beginnt dann zu essen.
Nachdem Misaki Keresin verabschiedet hat, bringt sie einen niederen Tisch auf die Veranda und holt nach und nach das Essen aus der Küche, bis der Tisch mit Schüsseln, Tassen und Eßgeschirr gefüllt ist. In einer Schüssel dampft die seltsam gewürzte aber äußerst schmackhafte Suppe die Ira schon kennt und in einer Anderen türmen sich Nudeln mit Gemüse und Fleischstreifen. Die Schälchen enthalten mariniertes Gemüse, Salate und die Chiljri-Paste, die Ira so an Vorovis erinnert. Misaki winkt Sundara. „Kommt laßt uns essen solange die Speisen noch warm sind.“ Dann bemerkt sie, daß sie den frischen Tee vergessen hat. „Ich gehe den Tee holen. Dauert nur einen Moment.“ Wenig später ist mit mit dem Teegeschirr und dem Wasserkessel zurück und stellt das Tablett neben dem Tisch ab. Sie wartet bis sich auch Sundara gesetzt hat, dann nimmt sie auch Platz. „Bitte greift zu.“: fordert sie ihre Gäste auf sich zu bedienen.
In diesem Moment klopft es und Misaki zieht die Türe auf. Schnell sieht sie sich um und entdeckt Sundara draußen im Garten. Ira sieht nicht so aus als hätte sie einen schweren Strauß mit dem Legaten auzufechten gehabt, trotz der Tränenspuren. Es scheint also wie zu erwarten war, alles in Ordnung zu sein. Eine interessante Konstellation diese beiden Vorovisianer. Sie bedenkt Keresin mit der Idee eines Kopfnickens bevor sie sagt: „Das Essen ist fertig. Wenn ihr bleiben wollt, Legat, seid ihr mir willkommen.“: sagt sie höflich, vemeidet aber ihn direkt anzusehen und hofft das er diesen diskreten Wink verstehen wird.
„Gut.“: entgegnet Miskai. „Ich werde ihn herein bitten. Ich bin in der Nähe und wenn ihr mich braucht, dann ruft. Doch eins, Ira.“ Misaki fixiert die Jüngere mit ihrem Blick. „Bitte provoziere ihn nicht unnötig. Der Mann ist gefährlicher, als es den Anschein hat und du solltest ihn dir nicht ohne schwerwiegende Gründe vollends zum Feind machen, auch wenn du verletzt bist und es dir schwerfällt. Bitte versuche es zumindest.“ Mit diesen eindringlichen Worten zieht sich Misaki wieder ins Haus zurück. Auf dem Weg zur Türe holt sie ihren Fächer mit den verborgenen Klingen, mit dem sie meisterhaft umzugehen weiß und steckt ihn sich in die breite Stoffbinde, die ihr als Gürtel dient. Sie glaubt nicht, daß sie ihn brauchen wird, doch es ist besser auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Sie öffnet die Eingangstüre und bittet Keresin mit einer Verbeugung und einer einladenden Geste einzutreten. „Bitte, ihr werdet erwartet.“: sagt sie. „Ich verlasse mich auf euer Wort als Offizier, daß ihr mit Ira sprechen wollt und sonst nichts.“ Als Keresin das Haus betritt, bittet sie ihn aus den Sandalen zu schlüpfen, bevor sie ihn weiterführt, hinaus auf ihre Veranda und sich zurückzieht.
„Ich weiß wer ihr seid, Legat.“: antwortet Misaki kühl. Ihre dunklen Augen mustern den Vorovisianer. „Ich bin Misaki und ihr seid richtig informiert, Ira ist bei mir. Sie steht unter meinem Schutz und ich werde alle eventuellen Versuche ihr zu schaden mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln unterbinden. Ich dulde keine Gewalt in meinem Haus! Ist habe mich doch klar genug ausgedrückt, Legat?“ Der eindringliche Blick unterstreicht den bestimmten Tonfall Misakis. Sie läßt sich Zeit mit dem Weitersprechen. Der Klang ihrer Stimme ist jetzt ein wenig konzilianter als zuvor. „Entschuldigt mich bitte. Ich werde sie fragen, ob sie euch sehen möchte. Ich darf euch also ersuchen, euch ein wenig zu gedulden.“ Mit diesen Worten schließt Misaki ihre Haustüre. Unbeobachtet wie sie ist, gönnt sie sich ein amüsiertes Lächeln, bevor sie sich auf den Weg macht. Sie klopft an die Verandatüre bevor sie die Schiebetüre öffnet und wendet sich an Ira. „Der Legat ist da und will dich sprechen. Willst du ihn anhören? Wenn nicht dann schicke ich ihn wieder fort.“
Es dauert etwas bis sich die Türe öffnet und eine ältere Frau erscheint. Trotz der Spuren des Alters in ihrem Gesicht und dem grau-weißen aufgesteckten Haar, das mit langen Nadeln fixiert trägt, strahlt sie eine Aufmerksamkeit und eine Jugendlichkeit aus, die nicht zu ihrem Haar passen will. Das immer noch schöne exotische Antlitz mit den leicht schräg gestellten dunklen Augen ist von der Farbe alten Elfenbeins. Über einem weißen Gewand trägt sie eine Schürze. Als sie Keresin erkennt und das tut sie ganz offensichtlich, verändert sich ihr Gesichtsausdruck etwas und wird trotz ihres Lächelns auf eine subtile Weise härter und entschlossener. Höflich verbeugt sie sich, doch diese Verbeugung hat nichts Unterwürfiges an sich. „Seid gegrüßt, Legat! Womit kann ich euch zu Diensten sein?“: frägt sie mit distanzierter Höflichkeit.