Forum Übersicht - RE: 3. Tag - Trockene Kehle - 4

Ninims Augenbrauen heben sich erstaunt, als Keresin seine ganzen neuen Bekanntschaften beschreibt.

"Das sind ja eine ganze Menge Leute, die da mit Euch hergekommen sind," antwortet sie. "Aber je mehr wir hier sind, desto besser, besonders wenn das nächste Mal die Marodeure über uns herfallen."

Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: "Elurien, Allianz, Vorovis.... in Eurem Land muss es ganz schön viele Städte geben. Ist Elurien denn die Hauptstadt Eures Landes? Es kommen nämlich ganz schön viele Leute von da her. Wie ist es eigentlich, wenn man in einem Land mit so vielen Leuten wohnt?" Die Neugierde scheint Ninim plötzlich in das Gesicht geschrieben zu sein, das Interesse an dem Rest der Röhre eindeutig geweckt. Es ist aber auch kein Wunder, wenn ein so junges, hübsches Ding wie die Schankmagd an einem Ausbruch aus diesem doch etwas langweilig und öde anmutenden Ort in Erwägung ziehen würde, wenn sie denn von der Existenz eines aufregenderen Fleckens jenseits des Metchà erfahren würde. Sie sieht nun also Keresin an, beschwörend, mit großen Augen, aus denen blanke Begierde kommt, wobei es freilich hart abzuwägen ist, ob diese nur der erhofften Information gilt oder aber dem Mann, der mit dieser aufwarten kann - und eventuell als Bote zu dieser neuen Welt fungieren könnte.

Bald jedoch ist dieser Ausbruch auch wieder vorbei, die kühle Verführung kehrt in den Blick zurück. "Ich werde Euch Drei gleich holen," sagt sie ruhig. "Wünscht Ihr in der Zwischenzeit noch etwas?"

„Ich denke nicht alle von denen die mit mir aufgewacht sind sind werden in einem Kampf eine große Hilfe sein, aber letzendlich liegt das in der Hand Hostinos.“ Schmunzelnd schüttelt Keresin den Kopf bei den Vermutungen Ninims über die Hauptstadt seiner Heimat. „Nein, Elurien ist ein Staat, wie Vorovis und die Allianz, keine Stadt.“ Knapp und präzise wie ein Kundschafter gibt er Ninim einen Überblick über die ihm bekannten Teile der Röhre. Über Vobra und Vorovis spricht er etwas länger und es ist ihm anzumerken, daß er ein besonderes Verhältnis zu seiner Heimat hat. „In großen Städte mit zehntausend und mehr Einwohnern geht es natürlich lebhafter zu als hier. Es gibt zum Beispiel nicht nur eine Schenke sondern Dutzende, Märkte und jede Menge Händler und Handwerker, die alles nur Vorstellbare anbieten und herstellen. Zu manchen Tageszeiten ist das Gedränge in den Straßen so arg, daß man kaum vorwärts kommt. Aber große Städte sind auch laut, stinken, die Einwohner, wenn man von den Reichen und Mächtigen absieht, wohnen dicht aneinander gedrängt wie Viljanas und für alles braucht man Geld. Ohne Dublonen gibt es weder einen Bissen Brot noch einen Schluck Wein.“ Keresin merkt das Leuchten in ihren Augen, mit denen sie ihn begierig ansieht. Er nimmt nicht an das ihm gilt, obwohl er darauf hofft das zumindest ein Funken für ihn bestimmt ist. Wieder einmal kommt er aus dem Konzept und bevor er sich wieder gefangen hat, ändert sich Ninims Gesichtsausdruck. Er hofft daß seine Gesichtszüge nicht zu sehr entgleist sind und seine Gefühle verräterisch preisgegeben haben, als er etwas hastig weiter spricht. „Vielen Dank!“: erwidert er auf Ninims Angebot Drei gleich zu holen. „Nein, danke. Im Moment möchte ich nichts.“: erklärt er abschließend, obwohl es eine glatte Lüge ist. Nur zu gern hätte er ihr Haar berührt und ihre Haut auf der Seinen gespürt.

((OOC: musst halt aufpassen, zwischen dem Misaki-Plot und diesem hier ist ein halber Tag Differenz....))

Mit großen Augen vernimmt Ninim Keresins Schilderungen. Dass höchstwahrscheinlich Vorovis etwas vorteilhafter dargestellt wird als Elurien fällt ihr dabei wohl wenig auf - letztendlich hätte für sie die Schwarze Stadt als das Paradies beschrieben werden können, ebenso dass in Estichà lauter gehörnte Ungeheuer herumlaufen. Sie kennt diese Ländereien nicht und muss sich also auf das verlassen was der wohl wenig objektive Vorovise vor ihr erkärt. Und je weiter er spricht, desto mehr Begeisterung scheint in die sonst so kühle Fassade zu kehren. Sie hängt geradezu an seinen Lippen, und fast ist zu befürchten, dass sie ihrem Gast bald in den Arm fällt. Und so bleibt sie eine ganze Weile vor ihm stehen, nun nur mehr einen halben Vat entfernt und schaut ihn einfach nur an. Es ist nicht mehr die kühle Verführung, es ist nun heiße Begierde, die aus ihren Augen spricht.

"Ihr müsst mir versprechen, mich mitzunehmen, solltet Ihr irgendwann wieder in Euer Land zurückkehren," sagt sie dann. Schließlich fängt sie sich jedoch doch wieder, geht einige Schritte zur Seite und erklärt: "Ich bin bald wieder da. Ich muss nur kurz nachsehen, wo Drei gerade steckt."

Es fällt Keresin schwer gegen den Wunsch anzukämpfen, Ninim einfach in den Arm zu nehmen. Wenn er denn Imupuls auch unterdrückt, etwas von der Sehnsucht und Begierde zeichnet sich auf seinem sonst so beherrschten Gesicht ab. Seine Augen werden groß als Ninim ihn auffordert ihr zu versprechen sie mitzunehmen, wenn er einen Weg zurück finden sollte. Unglaublich scheint ihm was er da hört, selbst wenn er sich nicht der Illusion hingibt, daß allein er es ist der solche Begeisterungsstürme erwecken könnte. Für einen Moment setzt seine ständige Selbstkontrolle aus. „Mit euch gehe ich überall hin.“: entfährt es ihm. Es dauert einen Augenblick bis er sich klar wird was er da gesagt hat. Da es sich ohnehin nicht mehr zurücknehmen läßt, fährt er fort: „Ihr habt meine Wort darauf.“ Er sagt es entweder nicht einfach so dahin oder er beherrscht die Kunst seine Stimme so klingen zu lassen, wie er es will. Es wäre schwer zu sagen, doch der Glanz in seinen grauen Augen verrät ihn. Ninims Schritte zurück brechen den Zauber für den Moment. Keresin weiß nicht, ob er es bedauern soll oder es begrüßen so sehr verwirrt ihn Ninim. Er nickt nur während er seinen Blick nicht von ihr abwenden will.

Anscheinend geht es Ninim nicht viel anders als Keresin. Auch ihr Blick hängt geradezu in dem seinigen. Nun ist es ja bei Keresin recht klar, warum das so ist, einzig, ob Ninim es wahrnimmt, das ist für den Vorovisen nicht zu erkennen. Bei ihr ist es freilich etwas anderes: ist es Keresin als Mann, der sie so fasziniert, oder ist es Keresin als Bote aus einer anderen, aufregenden Welt, mit der leisen Hoffnung, in eben diese Welt wechseln zu können? Oder ist es etwa beides? Die Geschwindigkeit, mit der sie schließlich den Raum verlässt, lässt hingegen eindeutig darauf schließen, dass es ihr auch in einem anderen Aspekt ebenso geht wie dem Mann: dass sie eben drauf und dran ist, die Kontrolle über sich selbst zu verlieren, dies jedoch unter allen Umständen verhindern will. Und so ist Keresin im nächsten Moment alleine in dem Raum, einzig ein leiser Hauch von Ninims Parfum hängt noch in der Luft, dezent, leicht fruchtig. Es dauert eine ganze Weile, in der Keresin nach Lust und Liebe umschauen kann. In der er seinen Blick über die Tische schweifen lassen kann, nun adrett mit einem recht geschmackvollen Blumensträußchen geschmückt, den ersten Tisch vor der Tür, der durch den ordentlichen Blutfleck verunstaltet ist, der Ninim anscheinend ziemlich zur Rage bringt. Man sieht, dass auf dem Tisch herumgeschrubbt wurde, ist der Fleck doch heller, als er sein müsste, wäre er unbehandelt geblieben. Aber Blut aus Holz zu entfernen ist bekanntlich nicht so einfach. Er sieht die nun peinliche Ordnung hinter der Theke, wie sauber sämtliches Geschirr und Besteck ist, wie glänzend die Gläser. Und ihm fällt wohl auf, welche Divergenz nun zwischen der Führung durch die - und wie könnte man Ninim anders bezeichnen - betörende Schönheit und der Beschaffenheit des Lokales an sich auftritt. Schreiner müsste man sein, Zimmerer, irgendein Handwerker, der die gesamte Bude auf Vordermann bringen kann, die Dankbarkeit der bemerkenswerten Frau wäre ihm wohl gewiss gewesen.

Schließlich ist Ninim wieder da, hinter ihm kommt dieser Serv, der von ihr Drei genannt wurde. Nun sind Servs nicht gerade als Schönheiten bekannt, aber besonders neben der Bedienung des Silberkrugs schaut Drei geradezu abstoßend aus, mit seiner bleichen Haut, dem schiefen und krummen Rücken, dem unförmigen Gesicht mit den blassen und stumpfen Augen, dem viel zu breiten Mund und dem wuchtigen, unproportionierten Körper. Nun, neben diesem Serv und dem doch reichlich übergewichtigen Stanchek mag Keresin wohl wirklich wie die Vollendung jhoulanischer Schöpfung wirken.

"Drei," sagt sie dann zu dem Serv, "ich möchte, dass du diesen Mann zu Misaki bringst. Hörst, du? Zu Misaki, der Imkerin. Und wohin dieser Herr sonst noch gehen möchte. Wenn er dich aus seinen Diensten entlässt, wenn er also sagt, dass er dich nicht mehr braucht, dann kehrst du wieder hier her zurück. Hast du das verstanden?"

Wahrlich hat man nicht den Eindruck, als wäre Ninim von der Intelligenz des Servs überzeugt. Und wenn man nun den dumben Gesichtsausdruck betrachtet, mit der er sie ansieht und nickt, dann kann man sich nicht erwehren, sie darin zu verstehen. Kurz schaut er nun Keresin an, geht breitbeinig, leicht watschelnd zu der Tür und bleibt dann stehen, dreht sich um und schaut wieder Keresin an, darauf wartend, dass er ihm folgt.

"Sinuva, schöner Mann!" grüßt nun Ninim den Vorovisen mit ihrem kühlen, verführerischen Lächeln. "Beehrt Ninim bald wieder!"

Weder die Blumensträuße noch der verblaßte Blutfleck auf der Tischplatte interessieren Keresin, ebensowenig wie die peinliche Ordnung und die geputzten Gläser. Für einen langen Moment starrt er der verschwundenen Ninim nach und versucht seine Emotionen irgendwie unter Kontrolle zu bringen, doch er ahnt, daß er auf verlornem Posten steht. Ninim hat im Handumdrehen eine Bresche in den Panzer seiner Selbstkontrolle geschlagen, eine die er nicht zu schließen im Stande ist. Außerdem hegt er den Verdacht, daß er es auch gar nicht mehr will. Nur einmal in seinem Leben war ihm Ähnliches widerfahren. Doch diesmal gab es keine bevorstehende Schlacht in der er ein ehrenhaftes Ende finden wollte. Ein Hauch ihres Parfums steigt ihm in die Nase und jagt ihm einen wohligen Schauer über die Haut. Er fragt sich wie es wohl wäre neben ihr aufzuwachen, da erscheint sie auch schon wieder mit einer seltsamen Kreatur, doch mehr als einen Blick hat er für den Serv mit den seltsamen Namen nicht. Erst als der Mann zum Ausgang watschelt, reißt sich Keresin von Ninims Anblick los. Wie gern hätte er etwas Schmeicherhaftes in wohlgesetzten Worten auf ihre Verabschiedung geantwortet, doch mit Worten ist er Gegensatz zur Klinge ungeschickt und täppisch. So flüchtet er sich verlegen in die einfache Wiederholung ihrer Worte: „Bis bald, schöne Frau.“ Fast wäre er über einen Stuhl gestolpert, als er sich auf dem Weg zur Türe nochmals halb zu Ninim umdreht.

--→ Auf dem Weg zu Misaki