Forum Übersicht - RE: Neuer Tag, neues Glück - 2

Die Geschwindigkeit, mit der sich die breiten Schultern des Riesen spannen und vorschieben, als er den Knüppel in der Hand des Wirtes entdeckt, wird nur von dem Reflex seines Bruders übertroffen, der sich schlichtend dazwischenschiebt und somit den Schritt vorwärts behindert, der ganz offensichtlich folgen sollte, um über die Theke zu greifen. Gronk fixiert den Kneipenbesitzer mit den Augen, grollt dabei leise und hat die Faust mit den klobigen Silberringen bereits geballt, die Bedrohung ganz eindeutig nicht in dem kleinen Tierchen, sondern in dem Schlächter mit der Keule sehend. Dessen eindringliche Warnung lässt dann aber die dichten Brauen des Riesen zur Nasenwurzel hin sinken, ehe sich sein Blick zu dem putzigen Äffchen wendet. Er hat keinen Zweifel, dass der Wirt die Wahrheit spricht, denn dessen hysterische Reaktion zeigt recht deutlich, dass derartige Tiere wohl in dieser Gegend berüchtigt sind. Dennoch! „Ich zeig dir gleich mal wer hier gefährlich ist.“ Herrscht er den Dicken an. „Gehst du mit dem Knüppel auch auf jeden Idioten los, der eine Waffe am Gürtel trägt, man? Der Kleine hat bisher ganz friedlich dagesessen und du gehst wie ein Irrer auf ihn los!“

Bisher haben die Gäste des Silberkrugs den Wirten nur höflich und zuvorkommend erlebt, aber jetzt platzt ihm der Kragen. „Ich ein Irrer? Wenn hier jemand verrückt ist dann seid ihr das! Kommt hier mit einem verdammten Stachelschwanz angetanzt und reißt blöde das Maul auf wenn ihr gewarnt werdet. Kennt ihr den Unterschied zwischen einem giftigen Vieh und einem Menschen? Nein? Dann ist ohnehin jedes Wort an euch verschwendet. Ich sag euch aber trotzdem etwas. Hängt euch das Vieh um den Hals, laßt euch fünf Mal stechen wenn ihr wollt, das ist mir vollkommen egal. Aber gefährdet meine Gäste und mich nicht mit diesem Vieh! Und jetzt schaut dazu das hier samt dem Stachelschwanz verschwindet! Und laßt euch mit diesem Vieh nicht mehr bei mir blicken! Habe ich mich klar ausgedrückt?“ Das Gesicht des Wirten hat sich gerötet, seine Stimme ist sicher bis ins obere Stockwerk zu hören und es scheint ihm im Moment völlig egal zu sein, daß ihn Gronk weit überragt und auch an Körperkraft weit überlegen ist.

„Ja, Stanchek hat uns einen Tip gegeben. Wir haben in einem Haus gleich am Platz übernachtet, daß bis vor Kurzem bewohnt war.“: antwortet Keresin dem Älteren der beiden Brüder. Als der Wirt seine Warnung in den Raum schreit, weicht er flinkt und behende von der Theke zurück, seine rechte Hand fährt dabei instinktiv an die Stelle an der gewöhnlich eine Asnivala am Waffengurt befestigt ist. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen läßt er die Hand wieder sinken, als ihm seine intuitive Bewegung bewußt wird. Keresin behält das kleine, an und für sich possierliche Tierchen im Auge. Er zweifelt keinen Moment an Wahrheitsgehalt der Warnung, die der Wirt lauthals ausgestoßen hat, obwohl der Kleine so aussieht, als wäre er völlig harmlos. Doch die scheinbar spielerischen Bewegungen des buschigen, langen Schwanzes des Tieres erscheinen jetzt in einem anderen Licht. Keresin hält Abstand und mischt sich im Moment auch nicht in den jetzt lautstark gewordenen Streit zwischen dem Wirten und dem Hünen ein.

Kaar lässt sich nicht anmerken, dass er das Vertrauen, welches der Vorovise in den Wirt setzt als merkwürdig empfindet, nickt er lediglich zu dieser Information, die für ihn nicht einmal gänzlich neu ist. Er konnte die kleine Gruppe am Vorabend dabei beobachten, wie sie von der Taverne in das Haus am Platz wechselte. Kurz gleitet sein Blick zu der fremden und fremdartigen Frau am Tisch, als der Streit zwischen seinem Bruder und dem Wirt ausbricht. Er muss sich nicht umsehen, um die Hand mit einer Bewegung nach hinten passend auf Gronks breite Brust abzulegen und er kann die Spannung, die in dem Hünen innewohnt förmlich unter den Fingern spüren. „Wir wollten ohnehin gehen,“ seine ruhige Feststellung, mit der er zu dem Wirt sieht, ehe er sich zu seinem Bruder umwendet, seine Hand aber nicht von Gronk zurückzieht. Stattdessen legt er mehr Gewicht in die Berührung, als würde er den Riesen hinausschieben wollen – ein lächerliches Unterfangen, aber den verstärkten Druck wird sein Bruder spüren, wie auch den eindringlichen Blick aus den blauen Augen. „Wir wollten gehen,“ bekräftigt er mit fester Stimme.

Dem Riesen steigt die heiße Wut in den Kopf, was man sehr anschaulich an der sich rötenden Gesichtsfarbe erkennen kann, ehe sich seine breite Brust spannt, um Luft zu holen und den Streit in ebenbürtiger Lautstärke fortzusetzen: „Du schmeißt mich ernsthaft aus dieser verdammten Taverne????“ das Poltern, mit welchem er seinen Bruder ein Stück weit näher an den Tresen schiebt, der hier als einziger Puffer zwischen den beiden Streithähnen fungiert. Weder die Hand auf der Brust, noch der kleinere und auch schmalere Körper würden den wütenden Riesen im schlimmsten Fall aufhalten und so mag es erstaunlich scheinen, dass Gronk dennoch gegen eine unsichtbare Barriere läuft, dort einen Moment lang wüst mit den Zähnen knirscht, den Körper schließlich aber wieder etwas zurücknimmt, um Kaar somit von dem Gefühl zu erlösen, ein tollwütiges Roputan mit bloßen Händen von einem Amoklauf abhalten zu müssen. Seine Nasenflügel blähen sich, als er den Wirt mit Blicken durchbohrt und es dauert einen Moment, bis seine Augen den Kraftakt vollbringen sich zu lösen und zu dem Weißhaarigen zu rucken, wo ein stummer Austausch dazu führt, dass Gronk auch wieder die geballten Fäuste öffnet. Mit einem Grollen und nicht ohne Widerstreben nickt er, tritt nun vollständig einen Schritt zurück und blickt zu dem fauchenden Äffchen. „Killer. Abmarsch.“ Brummt er, ehe er sich auf dem Absatz umwendet, die Taverne mit langen Schritten durchpflügend und auf den Platz der Tänzerin tretend…

Stancheks Zorn ist schnell verraucht. Abgesehen davon das ihm jetzt der Schädel schmerzt, als hätte ihn jemand mit einem Hammer bearbeitet, ist er weder streitsüchtig noch hat er Freude an Prügeleien. Wäre der Schock einen Stachelschwanz in seiner Schenke auftauchen zu sehen nicht gewesen und der Kater nicht so ausgeprägt wie er war, hätte er niemals einen seiner Gäste bedroht. So atmet er auf als der Ältere der Beiden ankündigt ohnehin gehen zu wollen. Allerdings sitzt ihm der Schrecken noch immer in den Knochen. Auf die zornige Frage Gronks antwortet er schon leiser aber nichts desto weniger mit fester Stimme: „Ohne den Stachelschwanz seid ihr mir jederzeit willkommen. Aber mit diesem Vieh will ich euch hier nicht haben.“ Noch ein paar kurze Atemzüge dann löst sich die Spannung als Gronk die Schenke verläßt und der Stachelschwanz ihm folgt. Stanchek legt den Knüppel weg und läßt sich auf einen Hocker fallen, der unter seinem Gewicht leise knirscht.

Der ältere Mann wird durch das Geruckel und Gestampfe in seinem Rücken nicht beeindruckt, aber die Muskeln seiner Beine spannen sich sichtlich an, als er sich oben scheinbar gelassen, aber unten beansprucht gegen das Gewicht seines Bruders stemmt. Mit einem Ruck richtet er sich das Hemd, als der Hüne von dem Wirt und damit auch von ihm ablässt und sich mit einem Schnauben aus der Taverne trollt. Ein kurzes Nicken gilt dem Wirt, für dessen Einladung – ohne den Affen – bevor sein Blick zu dem Pärchen am Tisch gleitet. Der kurze Wink mit dem Kinn Richtung Tür gilt Keresin, so dieser der Einladung nach draußen folgen will und damit folgt der Weißhaarige seinem Bruder auf den Platz..

Der wütende Marsch des Hünen überdauert nur bis kurz hinter die Tavernenüberdachung, wo die morgendlichen Sonnenstrahlen einen leichten Rotstich im dunkelbraunen Haar enttarnen. Breitbeinig und mit gespannten Schultern bleibt er auf dem Platz stehen, starrt finster die kopflose Brunnentänzerin an, als könnte diese etwas dafür und verlagert seinen Blick schließlich auf den Stachelschwanz, der so arglos hinter ihm hertapert, als würde ihn das alles nichts angehen. „Der Name ist Programm, was Killer? Hättest ruhig mal was sagen können.“ zieht er sich die Hosenbeine ein Stück hoch und geht dann in die Knie, was bei dem wuchtigen Körper ein wenig behäbig wirkt. Die Ellenbogen auf den Oberschenkeln abgelegt, späht er dem Äffchen ernst entgegen. „Ich sag dir jetzt mal was, Killer. Sollte dein Stachel auch nur in die Nähe meiner Haut oder der meines Bruders kommen, brech ich dir deinen winzigen Hals, klar so weit? Ansonsten werden wir gut miteinander auskommen. Scheiß auf den Feigling von Wirt. Würde man dich ordentlich behandeln, müsste man auch keine Angst vor dir haben, was?“

Interessiert hat Keresin die schnell eingedämmte Auseinandersetzung verfolgt. Der Stachelschwanz oder wie das Tierchen heißen mochte, scheint ihm immer noch keine akute Bedrohung zu sein, doch die Warnung des Wirten nimmt er ernst. Was ihn aber erstaunt ist die Art und Weise wie der Ältere der Beiden seinen Koloss von Bruder im Zaum hält. Zweifellos hätte der den Wirten samt umstehendes Mobilar in Kleinholz verwandelt, wäre der Ältere nicht eingeschritten. Außerdem zeigte seine Reaktion, daß er den Bruder gut kannte und sich seines Einflusses auf ihn sehr bewußt war. Ebenso erstaunlich war es wie das Tierchen auf den Hünen reagierte. Zwar bezweifelt Keresin, daß der Stachelschwanz die Worte des Hünen versteht, aber er scheint den Koloss als Leittier zu betrachten, denn er folgt ihm auf dem Fuße. Für einen Moment überlegt Keresin ob er der stummen Aufforderung den Brüdern nach draußen mitzukommen Folge leisten sollte. Wie ein Laufbursche hinaus auf den Platz beordert zu werden, widerstrebt ihm. Doch dann siegt die Neugierde. Keresin geht die paar Schritte zu Freyjare hinüber. „Entschuldigt mich noch einen Moment! Vielleicht ist es etwas Wichtiges, ich bin gleich wieder zurück.“: wendet er sich an die Weißhaarige, bevor er gemächlich Kaar hinaus auf den Platz folgt.

Das Delvanlicht erzeugt eine scharfe Grenze zwischen dem Schatten, den der Vorbau auf den Platz wirft und dem Bereich, auf den seine Kraft ungehindert nieder geht. Kaar blinzelt in dem hellen Licht und streicht sich über den ebenso strahlenden Schopf, der wohl noch mehr blendet als die hell beschienen Steine. Einen kurzen Moment rotiert er lockernd die Schultern und sieht zu seinem Bruder, der sich genauso schnell wieder beruhigte wie sich die Wut in seinem Gesicht abbildete und nun eine ernste Zwiesprache mit seinem neuen, tierischen Freund hält. Einige Augenblicke ist er in Gedanken versunken, in der Vergangenheit, ehe er sich von dem Anblick loslöst, als er Keresins Schritte hört. Er war sich tatsächlich nicht sicher, ob der Vorovise hinauskommen wird, nimmt das aber als gutes Zeichen. Ein grüßendes Nicken folgt, welches man ebenso als Dank interpretieren kann, bevor er die Hände in die Hosentaschen gräbt und sich so entspannt hinstellt, wie es wohl nur ein Zivilist hinbekommt, dem der Drill nicht wie eine zweite Haut antrainiert wurde. „Habt ihr herausfinden können, wo wir sind?“

Gronk nimmt aus den Augenwinkeln wahr, dass Kaar ebenfalls vor die Taverne tritt, wendet den Kopf jedoch nicht, sondern entlässt ein etwas betretenes Brummen über die Lippen, während er sich mit der flachen Hand über den Kopf streicht – eine fast schon identische Geste zu der seines Bruders, die doch die Ähnlichkeit verrät. Noch einmal wirft er einen versichernden Blick zu dem Äffchen, rechnet natürlich nicht mit einer Antwort, aber vielleicht hat das schlaue Tier ja zumindest die Stimmung richtig interpretiert, ehe er sich aus der Hocke erhebt und die Daumen in die Hosenträger hakt. Da Kaar nicht zu ihm herankommt, wendet er schließlich irritiert den Blick, gerade zu dem Zeitpunkt, als der Vorovise ebenfalls aus der Taverne kommt und direkt auf seinen Bruder zusteuert. Sogleich legt er die Stirn in tiefe Runzeln, setzt sich dann aber in Bewegung, um das kurze Stück zu überbrücken und sich mit vor der Brust verschränkten Armen neben Kaar aufzubauen.

Es scheint zu einer Versammlung auszuarten, denn in diesem Moment kommen Keresins Begleiterinnen vom Vortag zu der Schenke getrottet. Unterschiedlicher könnten sie wohl kaum sein, die beiden Frauen, die eine groß, die andere klein, die eine blond, die andere schwarzhaarig, die eine kurzes Haar, die andere langes, doch beide recht nett anzusehen. Freilich ist Ira mit ihren langen Beinen und dem üppigen Busen die auffälligere der beiden, eine jener Frauen, deren Akt wohl jeder Soldat in der Röhre gerne im Schrank hängen hätte. Sundara ist eher hübsch, mit ihren strahlenden blau-grünen Augen, die irgendwie jeden in den Bann ziehen, den ihr Blick getroffen hat, dem Stubsnäschen. Und beide sehen nicht aus, als würden sie sich nicht zu wehren verstehen, wenn es denn nötig werden würde.

„Guten Morgen!“ grüßt Sundara freundlich in die Runde, ohne freilich irgend eine Ahnung zu haben, was eben in dem Wirtshaus vorgefallen sein könnte. Da trifft ihr Blick auf den kleinen Kerl mit dem hoch erhobenen Schwanz. „Meine Fresse, ist der niedlich!“ ruft sie aus, die Augen gebannt auf das Fellknäuel gerichtet. Schon streckt sie die Hand aus, nichts ahnend von der Gefahr, die von dem kleinen Tier ausgeht, und geht auf Killer zu.

----> Nachtlager

Vom Sehen kennt Ira die beiden Bärtigen, die bei Keresin stehen. Der größere der Beiden schaut aus, als würde er Keresin am Liebsten das Kreuz brechen. So wie er dahsteht mit gerunzelter Stirn. Ira schaut plötzlich recht mißtrauisch. Im Gehen gleitet ihre Hand in ihre Umhängetasche. Sie lächelt Keresin zu. Kurz angebunden sagt sie: „Heil Vorovis!“ Skeptisch beäugt sie das kleine Tier. Als Sundara auf den Affen zugeht sagt sie. „Paß lieber auf. Wer weiß was das ist.“ Sie stellt sich auf Keresins rechte Seite. Etwa einen halben Schritt hinter ihm. „Alles in Ordnung?“: erkundigt sich Ira bei Keresin. Dabei läßt sie die beiden Männer aber nicht aus den Augen.