Forum Übersicht - RE: In den Morgenstunden - 4

Lenaris Reaktion entgeht Stanchek nicht und um keine falschen Vorstellungen aufkommen zu lassen sagt er: „Für mich ist es nur eine Kuriosität, aber Shasla würde wahrscheinlich einen ganzen Monat nur für dich arbeiten. Wie gesagt das Metall ist selten.“ Er geht auch nicht auf die sehr vage Beschreibung des Fundortes ein. Er versteht durchaus das man eine ergiebige Fundstelle nicht an die große Glocke hängt. „Versucht es bei Mosbran dem Weber. Vielleicht hat er etwas Fertiges und wenn nicht Stoff hat er auf jeden Fall.“ Obwohl sich Stanchek in der Regel nicht den Mund über seine Gäste zerreißt macht er in dem Fall eine Ausnahme. „Gestern war eine überaus seltsame Erscheinung hier, die behauptete Schneiderin zu sein. Ihr könnt sie gar nicht übersehen! Sie ist jung und hat trotzdem langes weißes Haar. Eine gespenstische Erscheinung sage ich euch! Ich habe fast Gänsehaut bekommen.“ Auf Lenaris Frage nickt der Wirt stolz. „Aber ja! Ich braue mein Bier und brenne auch meinen Schnaps selbst. Nur der Wein kommt von Roalds Hof. Dafür habe ich einfach keine Hand. Roalds Wein ist gut ganz im Gegenteil zu seinem Bier. Das kommt Echsenpisse sehr nah.“ Stanchek grinst breit und greift nach seinem Becher um sich nach der langen Rede den Hals wieder zu befeuchten.

„Gespenstische Erscheinung ? Na die wäre mit sicher aufgefallen wenn ich sie getroffen hätte,“ entgegnet Lenari schmunzelnd, während ihre Finger Kreise auf den Tresen malen. „Aber eine Schneiderin wäre so schlecht nicht..und ein Schuhmacher,“ stirnrunzelnd mustert sie die staubigen, alten Stiefeln an ihren Füssen. „Aber ein Weber ist schon mal nicht schlecht, habt Dank für den Hinweis.“ ihr Blick wandert wieder zum Wirt, der sich selbst sein bester Kunde ist. „Ein vernünftiges Bier ist schon einmal die halbe Miete – das, etwas hochprozentiges und ein warmer Eintopf, dann habt ihr die Gäste schon auf eurer Seite. Und wenn zuviel los ist, noch ein vernünftiger Rausschmeißer.“ meint sie in leichtem Plauderton.

Laut lacht Stanchek auf. „Die Gäste habe ich auf meiner Seite, keine Sorge. Mein Bier und mein Raka ist das Beste das die Stadt zu bieten hat.“ Er senkt die Stimme ein wenig. „Trotzdem das ich keine Konkurrenz habe achte ich sehr auf die Qualität meiner Getränke und Speisen. Das ist einfach eine Frage der Berufsehre! Was den Rausschmeißer betrifft…“: grinst Stanchek, greift unter die Theke und legt einen handfesten Prügel auf die Schank. „Kommt nicht oft vor das jemand randaliert. Aber wenn dann kann ich mir durchaus helfen.“ Er zwinkert Lenari zu und läßt den Knüppel wieder unter der Theke verschwinden. „Einen richtigen Schuhmacher haben wir hier nicht seit Marodeure dem armen Kaskel den Gar ausgemacht haben. Aber einer der Männer Rukis macht ganz gute Sandalen. Viel mehr brauchst du hier nicht.“: erklärt Stanchek.

Mit anerkennendem Nicken mustert Lenari den Prügel. „Ja das sieht nach einem überzeugenden Meinungsverstärker aus,“ entgegnet sie lachend, ehe Stanchek die Marodeure entgegnet und die junge Frau die Stirn runzelt. „Miese Kerle ? Die treiben sich aber nicht hier in den Straßen herum, oder ?“ unschwer zu erkennen, dass die Brünette als halbe Portion kaum eine geübte Kämpferin ist. „Ich mein ich hab ja noch nicht wirklich viele Leute hier gesehen, aber ich bin ja auch erst kurz hier...irgendwelche Orte, die ..hmm..irgendwie gefährlich sind ?“

Mit einem verschmitzen Grinsen nickt er Lenari nach ihrem Kommentar zu seinem Prügel zu. „Ja, so kann man es auch ausdrücken.“ Aber dann hebt er in einer bedauernden Geste die Schultern. „Niemand weiß woher diese Drecksbrut von Marodeuren herkommt. Sie tauchen einfach auf. Manchmal ist es für ein, zwei Stürme ruhig, bevor sie wieder auftauchen. Aber es ist noch gar nicht lang her, da hat eine Bande von diesem Mordgesindel den ältesten Sohn Roalds umgebracht. Roalds Leute haben bis auf zwei, drei auf die Eisfelder befördert. Wo sich der Rest der Bande versteckt hat, weiß niemand. Das einzige Glück ist, daß es immer nur kleine Gruppen sind, die hier erscheinen und ihr mörderisches Unwesen treiben, bis sie erschlagen werden.“ Beschwichtigend wedelt Stanchek mit der Hand. „Aber du brauchst am Tag keine Angst zu haben. Halte dich vor der großen Ruine fern und sei vorsichtig wenn du in den Kellern und Gängen unter der Stadt herum stöberst. Abgesehen davon das man sich leicht verirren kann, kann das alte Gemäuer einstürzen oder einbrechen und vielleicht treiben sich die letzten Marodeure dort herum.“ Dann senkt Stanchek seine Stimme. „Aber Nachts geh nicht aus dem Haus. Bleib zu Hause denn dann streifen die Yurei durch die Ruinen.“ Die Angst in seiner Stimme nicht zu überhören.

„Keine Ahnung wo die große Ruine ist – aber gehe mal davon aus, dass ich es weiß wenn ich sie mal sehe.“ Lenari hört den Ausführungen des Wirtes aufmerksam so. „Bis jetzt hab ich nur nen Brunnen entdeckt, die Schmiede, ein kleines Häuschen – und natürlich das hier,“ mit schwungvoller Geste und einem leichten Schmunzeln auf den Lippen deutet sie in den Schankraum. „Aber danke für die Hinweis, ich versuch dran zu denken wenn ich mich draußen umschaue. Den ganzen Tag herumsitzen und nichts tun ist nichts für mich und die Möglichkeiten scheinen hier doch arg eingeschränkt zu sein.“ kurz verfinstert sie ihre Miene, ehe sie die leere Schüssel vollends in Richtung des Wirtes schiebt und mit den Schultern zuckt. „Aber zumindest hab ich ja jetzt ab und an was zu tun. Wenn Eure Schankmagd nachher ein wenig Zeit hat, kann sie mir alles noch zeigen. Oder ich komme morgen früh nochmal, wenn Euch das lieber ist.“

„Die große Ruine? Nichts ist leichter zu finden als dieses Gebäude. Geht einfach die Hauptstraße entlang nach Norden, dann stößt ihr mit der Nase drauf. Sie ist wirklich nicht zu übersehen.“: erklärt Stanchek. „Ach fast hätte ich es vergessen. Die Höhlen im Berg sind auch nicht zu unterschätzen. Seid vorsichtig wenn ihr darin herumstöbern wollt. Geht nicht ohne einen ausreichenden Vorrat an Kerzen oder Lampenöl und markiert den Weg den ihr nehmt. Die Höhlen sind weit verzweigt und darin könnt ihr euch noch leichter verirren, als in den Gängen unter der Stadt.“ Der Wirt nimmt die leere Schüssel von der Schank. „Ich glaube nicht das Ninim schwer beschäftigt ist, aber fragen wir sie.“: schlägt der Wirt mit einem verschmitzen Grinsen vor bevor seine Schönheit von Schankmagd ruft. „Ninim! Hast du einen Moment Zeit?“

Es dauert nur einen Augenblick, und Ninim erscheint wieder im Schankraum. Ihr energischer und doch tänzelnder, bebender und doch eleganter Schritt führt sie geradewegs zu Stanchek und Lenari. Der Rock spielt um die langen Beine, lässt immer wieder einen Blick auf dieselben erhaschen. Wenig später ist sie auch schon da, senkt leicht ihren Kopf. Wer darin allerdings einen Anflug von Unterwürfigkeit vermutet hätte, wird schwer enttäuscht. Der Blick ist würdevoll, und obwohl sie dem Ruf des Wirtes Folge geleistet hat und nun wohl allem Anschein nach auch auf Anweisungen wartet, sieht sie ihn an, als würde sie dem Wirt eine Audienz gewähren.

„Liebster Stanchek,“ sagt sie dann, und auch hier ist die Betonung nicht im Einklang mit dem Sinn ihrer Worte, „für dich und für deine Gäste Zeit zu haben, das ist mein Beruf. Befiehl, und Ninim wird Folge leisten.“

Ninims Auftritt entlocket Stanchek ein wohlgefälliges Lächeln, aber er begeht nicht den Fehler ihren demonstrativen Diensteifer für Unterwürfigkeit zu halten. Dazu kennt er sie viel zu gut und er weiß was er an ihr hat. Mit einem stillen Seufzer läßt er seinen Blick noch einmal über ihre so begehrenswerte Erscheinung wandern, doch wie immer beläßt er es dabei. So sehr ihm Ninim auch gefällt, mehr als gutmütige Neckerei erlaubt er sich ihr gegenüber nicht. Stanchek ist sowohl Realist als auch darauf bedacht keine Komplikationen entstehen zu lassen, die auch nur einen Schatten auf das reibungslose Arbeitsverhältnis zwischen ihm und seiner Schankmagd fallen zu lassen, denn der Silberkrug ohne Ninim ist schlicht undenkbar. Aber die Gelegenheit für eine freundschaftliche Stichelei läßt er sich nicht entgehen. „Ah, das hast du schön gesagt. Aber gleich befehlen? Färben die langen Gespräche mit diesem neuangekommenen Offizier schon auf dich ab?“: feixt er und legt noch eins drauf. „Wäre ja kein Wunder so wie er dich anhimmelt.“ Dann schwächt er grinsend seine Rede etwas ab. „Aber Spaß bei Seite, kannst du Lenari zeigen was sie zu tun hat? Oder ist es dir lieber wenn sie Morgen kommt?“

Ninim lächelt süffisant, ihre rechte Augenbraue geht nach oben und sie schenkt dem Wirt einen tiefen Blick.

"Männer, denen beim Anblick einer Schankmagd sämtliche Körperflüssigkeiten in den Sack schießen," antwortet sie, "tendieren dazu, diese Flüssigkeiten vom Kopf her auszugleichen. Das ist gut für das Geschäft, liebster Stanchek, das weißt du ebenso gut wie ich. Wenn auch sicher schon dümmere Leute in diesem Lokal gesoffen haben."

Sie schaut dann zu Lenari, mustert sie noch einmal, dann deutet sie mit dem Kopf auf einen Tisch, der ziemlich einsam und verlassen in einer Ecke des Schankraumes steht.

"Zuerst könntest du einmal zusehen, dass dieser Tisch wieder sauber wird," sagt sie. "Irgendeine Tussi hat eine zweite daraufgelegt, und die hat mit ihrem Blut den ganzen Tisch dermaßen eingesaut, dass er im Moment kann ich nicht einmal für Roalds Knechte nutzbar ist. Heißes Wasser findest du in der Küche," und sie deutet auf die Tür, durch die sie eben gekommen ist, "und Asche ist im genügend unter dem Herd. Zeig ich dir. Wenn der Tisch dann wieder blitzblank ist, ist die Schüssel Eintopf bezahlt, und ich geb dir noch einen aus."

Sie sagt es nicht unfreundlich, doch ziemlich kühl, und Lenari wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, als wäre sie urplötzlich vom Gast zum Untergebenen degradiert geworden.

Amüsiert lacht Stanchek auf bei der Bemerkung Ninims. „Ja, da hast du im Prinzip Recht, das ist gut fürs Geschäft. Außerdem ist es deine Sache.“ Der Wirt zwinkert Ninim zu. „Jetzt werde ich mich um die Bestellung bei Roald kümmern. Nächste Woche kommen die Fässer für das neue Bier und da wäre es ganz gut wenn gleich alles was wir für die nächste Zeit von Raold brauchen mit dabei ist. Ich bin oben wenn ihr etwas brauchen solltet.“ Er nickt Lenari noch freundlich zu dann steigt er die Stufen hinauf ins erste Stockwerk und verschwindet hinter einer der Türen.

Mit einem leichten Schmunzeln verfolgt Lenari den Schlagabtausch der beiden, ehe Nimin ihre Anweisungen erteilt. Ganz offensichtlich fühlt sich die Schönheit zu höherem berufen, auch wenn sie ihre Reize mangels Kundschaft gerade nicht ins rechte Licht rücken kann. Den leicht belehrenden Ton in ihren Anweisungen nimmt Lenari nicht zur Kenntnis, vielleicht ist es ihr auch egal, jedenfalls wandert ihr Blick zu Ecke des Schankraumes, wo sich besagtes Möbel befindet. Kurz ziehen sich ihre Augenbrauen bei Nimins Erklärungen zusammen. „Hört sich übel an – jemand von hier ? Und das obwohl Stanchek meinte, hier drin gäbe es keinen Ärger..habt ihr eine Ahnung was passiert ist ?“ erkundigt sie sich beiläufig, könnte es sich ja bei den Personen entweder um weitere Anwohner oder aber auch um ebenfalls hier Gestrandete handeln.

Ninim bläst die Luft durch ihre Lippen und zuckt mit den Schultern.

"Keine Ahnung, war nicht hier," antwortet sie ausgesprochen kühl. Man hat wahrlich nicht den Eindruck, als würde sie das Schicksal der verletzten Person sonderlich interessieren. "Ich habe wenigstens nicht gehört, dass es eine Person von hier gewesen wäre. Wird also wohl irgend ein Neuankömmling gewesen sein. Wird sich wohl mit irgendjemandem in die Haare gekriegt haben. Wie gesagt, ich habe keine Ahnung, was da genau passiert ist, ich weiß nur, dass die mir nachher meinen Tisch eingesaut haben. Und, ehrlich gesagt, ist das auch das Einzige, das mich sonderlich interessiert. Also, wenn Ihr mehr wissen wollt, müsst Ihr Stanchek fragen."

Noch einmal zuckt sie mit den Schultern. "Und ja, wenn man sich an zwei-drei Regeln hält, dann hat man hier nichts zu befürchten, wenigstens so lange, bis die Marodeure wieder auftauchen. Aber freilich, wenn Ihr es darauf anlegt, dass Euch jemand den Kopf einschlägt, dann könnt Ihr es auch hier haben, das ist klar. Und was weiß ich, was für ein Problem die Tussis hatten. Ganz klar im Kopf sind sie jedenfalls nicht, mir da meinen Tisch zu ruinieren."

Je länger Ninim spricht, desto mehr weicht die Kühle aus ihren Augen, ja, beim letzten Satz blitzen diese Augen reichlich aggressiv auf. "Also, wenn Ihr, statt zu putzen, lieber den beiden einen ordentlichen Arschtritt verpassen wollt, mir soll es recht sein. Wobei...."

Ninim mustert nun Lenari erneut von oben bis unten, und der kühle Ausdruck kommt wieder zurück. "Vielleicht ist es besser, zu putzen."

Kurz verspürt Lenari den absurden Wunsch, der arroganten Ziege einfach nur völlig kindisch die Zunge herauszustrecken. „Zweifellos.“ Letztlich belässt sie es bei der kurzen Bemerkung, der sarkastische Unterton ist jedoch kaum zu überhören.

Ohne weiteren Kommentar lässt sie Nimin stehen und steuert die Küche im hinteren Teil der Schänke an, wo sie nach einem kurzem Blick durch den Raum in einer Ecke ein Regal entdeckt, in dem Lappen, Feger und weitere Utensilien zu finden sind, auch ein großer Besen und ein paar größere Eimer finden sich dort. Stancheks Küchenhelfer sehen kurz auf, als unvermutet eine Fremde zur Türe hereinkommt, zeigen aber ansonsten keine größere Reaktion – sie erinnern die junge Frau an die Hilfskraft der Schmiedin, allesamt scheinen nicht besonders mitteilsam zu sein. Ohne daher groß um Erlaubnis zu fragen, stellt die Dunkelhaarige einen Topf mit Wasser auf den Herd, um ihn zu erwärmen. Währenddessen füllt sie ein weiteres kleines Gefäß mit abgekühlter Asche und bringt dieses zurück in den Schankraum, um es auf den total eingesauten Tisch zu stellen... was Nimin währenddessen gerade tut oder nicht, scheint ihr wohl recht egal zu sein. Sobald Wasser sich genügend erwärmt hat, umwickelt sie den den heißen Griff des Kessels mit einem der Putzlappen und trägt ihn ebenfalls hinaus. Kurz darauf beginnt sie, den feuchten Lappen in die Asche zu tauchen, um damit die Tischplatte einzureiben – alles nicht in rasend schnellem Tempo, aber bedacht und sicher nicht zum ersten Mal.

Ninims Augenbraue zuckt bei der sarkastischen Bemerkung kurz nach oben, dann jedoch verziehen sich ihre Lippen zu einem Grinsen. Nein, dies grinsen ist von einem herzhaften Lachen weit entfernt, und doch wirkt es nicht aufgesetzt. Ein weiterer Kommentar kommt jedoch nicht über ihre Lippen. Sie nimmt die leere Schüssel und den Löffel und folgt Lenari in die Küche. Dort gibt das Geschirr einem der Servs.

Lenari muss nicht erst Wasser aufstellen. Ein ordentlicher Topf mit heißem Wasser hängt über dem Herd, und kaum dass Lenari einen der Eimer greift, wird Ninim den Servs einen Wink geben. Einer von ihnen nimmt sofort eine Schüssel, greift sich den Eimer und füllt diesen mit dem heißen Wasser. Dann erhält Lenari den Eimer zurück, und die beiden Frauen gehen wieder zurück in den Schankraum. Wenn Lenari nun erwartet hat, dass Ninim sie zu dem Tisch begleitet, hat sie sich getäuscht. Die Schankmagd begibt sich hinter die Theke, wo sie nun Lenaris Becher abspült, trocknet und wieder auf das Regal stellt. Ihr Blick geht nun zum ersten Mal zu dem hageren Persönchen.

„Und?“ fragt sie nun in ihrer gewohnt kühlen, doch auch nicht unbedingt unfreundlichen Art. „Kriegst es ab?“