Forum Übersicht - RE: Das neue, alte Haus - 5

Keresin nickt, als Inara über Roald und seine Männer spricht, die sie rüde aufgehalten haben. „Ja, ihr habt davon berichtet, als wir uns das erste Mal begegnet sind.“: entgegnet er. „In der Zwischenzeit habe ich mehr über diese Marodeure in Erfahrung gebracht. Sie scheinen eine echte Gefahr für die Leute hier zu sein. Tauchen in unregelmäßigen Abständen in kleinen Gruppen auf und töten was ihnen vor die Klingen kommt, bis selbst getötet werden. Woher sie kommen scheint niemand zu wissen. So gesehen ist die Reaktion der Leute Roalds also verständlich und sogar angemessen. Sie haben euch nichts getan. Andere hätten vielleicht gleich geschossen und erst hinterher gefragt.“ Für einen Augenblick hält Keresin inne und überlegt. Doch er entschließt sich dann doch über die Leichen der Marodeure zu sprechen, auf die er gestoßen war.

„Ich bin sogar auf eine Gruppe dieser Marodeure gestoßen oder besser gesagt was von ihnen über war. Vier Leichen, die keinen Fetzen Stoff am Leibe hatten, nur feinst gegerbtes Leder, ausgerüstet mit Waffen die aus Knochen, Glas und Stein gefertigt waren und Wunden wie ich sie noch gesehen habe. Glatte Durchschüsse mit völlig verkohlten Wundrändern, so als hätte man weißglühende Metallstäbe durch die Leute gerammt. Ich verstehe eine Menge von Waffen, aber ich habe nicht die geringste Ahnung was solche Wunden verursachen könnte. Wäre das Gefahr genug für euch?“ Der Anflug eines ironischen Grinsens zeigt sich für einen Moment auf dem Gesicht des Vorovisianers. „Sundara hat gesehen, wie eine dieser großen Libellen explodiert ist, deren Körper, wie sich herausgestellt hat, aus Metall bestanden hat und sie hat diesen Zylinder mit dem Kristall gefunden. Alles Dinge, die es gar nicht geben dürfte. Daran gemessen ist grünes Leuchten in der Nacht vielleicht unser geringstes Problem.“

Sundara hält nur kurz inne, als ihr Ira nahelegt, auf die Hilfe Keresins zurückzugreifen. Dann schüttelt sie den Kopf.

„Alleine bin ich schneller,“ antwortet sie ruhig, aber bestimmt. „Und alleine bin ich schwieriger zu entdecken.“

Nachdem sie sich die Stiefel angelegt hat, greift sie sich die Asnivala. Sie schnallt sie nicht um, sondern legt sie neben Ira auf den Boden.

„Pass du auf dieses Ding hier auf,“ meint sie in Anspielung auf Iras Gruß. „Es bedeutet mir ziemlich was, stört mich aber beim Laufen. Und ich möchte das ziemlich schnell hinter mich bringen.“

Einen Augenblick schaut sie Ira mit einem freundlichen, warmen Blick in die Augen, dann macht sie auf den Hacken kehrt und rennt aus dem Zimmer. Die Tür fällt etwas unsanft ins Schloss, und die beiden sich im Erdgeschoss unterhaltenden Keresin und Inara werden wohl vernehmen, wie Sundara in ziemlicher Geschwindigkeit über die Treppe herunter poltert, zur Haustüre springt und diese auch recht geräuschvoll hinter sich zuzieht.

—-> Auf Aufklärung

„Ja,ja, hau ab! :sagt Ira grob. Als Sundara aus dem Zimmer rennt und die Tür hinter sich zu haut, flucht Ira laut. Sie ist wütend auf sich selbst. Noch immer fluchend schmeißt sie die Suppenschale gegen die Tür. „Soll dich doch Lijan holen, verdammte Ketzerin!“: faucht sie. Sie ist deshalb wütend weil sie hilflos ist. Und sie ist wütend auf Sundara, weil sie allein losgezogen ist. Aber am Meisten giftet sie dass sie so deutlich gezeigt hat, daß sie Sundara mag und sich Sorgen macht. Wieder versucht sie aufzustehen, aber es geht immer noch nicht. Iras Flüche hätten eine Hafenhure rot werden lassen. Nach dem sie eine Menge Dampf abgelassen hat, greift sie sich die Waffe, die Sundara dagelassen hat. Einfach um sich abzulenken. Sie zieht die Klinge ein paar Clat aus der Scheide und schaut sie sich an. Keine schlechte Arbeit für Elurier. Sie schiebt die Klinge wieder zurück und schaut sich den Stein an. Ein paar Jahre könnte man schon gut davon leben. Verrückt sich so was auf seine Waffe zu montieren! Dann legt sie die Waffe wieder weg. Da sie nichts tun kann läßt sie sich zurückfallen und schließt die Augen.

Ja, es ist wahrlich keine schlechte Waffe, abgesehen von dem Klunker, der für einen normalen Soldaten irgendeiner Armee weitaus zu teuer ist. Vergleicht Ira die Waffe mit den Angehörigen der vorovisiansichen Armee, so müsste dies wohl die Waffe einer der allerhöchsten Ränge gewesen sein, vielleicht sogar des Oberhaupts der gesamten Armee. Die Klinge weist freilich Zeichen großer Beanspruchung auf, jeder Asinivala-Kämpfer würde sie auf schnellstem Wege schärfen und von Scharten befreien lassen. Doch ist das Material allererster Güte, und die Gravur, die den Namen „Chelia Avon“ aufweist, ist von einer Hand gemacht, die sicher größtes Talent besitzt. Allerdings scheint Sundara wenig einer jener Menschen zu sein, die sich viel aus materiellen Gütern macht, und so liegt es auf der Hand, dass der Wert der Waffe für sie anderswo liegt... und wenn Ira recht zugehört hat, ist ihr wohl auch klar, wo.

Über die Waffe mach sich Ira keine Gedanken mehr. Aber sie findet keine Ruhe. Sie ärgert sich auch immer noch. Zum Glück ist noch Wasser im Krug, denn der Durst ist ekelhaft. Kaum hat sie einen Schluck getrunken, ist die Kehle wieder trocken. Im Zimmer ist es schon dunkel und sie kann kaum was sehen. Dann setzt sie sich auf. Schlafen kann sie sowieso nicht. Langsam wird sie nervös. So weit ist es nicht bis zu Misaki und Sundara sollte langsam zurück sein. Sie versucht sich aufzusetzten und kommt ohne Probleme hoch. Schon wieder der Durst. Ira schenkt sich den letzten Rest Wasser ein und trinkt den Becher leer. Der verdammte Brunnen ist im Garten und sie kann nicht aufstehen. Sie weiß das diese Inara irgendwo im Haus ist. Aber es geht ihr gegen den Strich um Hilfe zu rufen. Besonders eine von den Katzenarschkriechern. Also versucht sie aufzustehen. Nach einer Weile schafft sie es auf die Knie zu kommen. Auf allen Vieren krabbelt sie bis sie an der Wand anstoßt. Immer wieder versucht sie es. Dann gelingt es ihr irgendwie sich an der Wand hochzustemmen. Keuchend lehnt sie sich an die Wand. Erst einmal zu Atem kommen!

<----- Das alte, neue Haus

In diesem Moment hört Ira, wie unten schwungvoll die Tür aufgestoßen und mit einem beträchtlichen Rums wieder geschlossen wird. Schon poltert jemand die Treppe herauf. Was denkt sich wohl eine Soldatin, die sich ihrer Wehrlosigkeit bewusst ist, in so einem Moment? Nun denn, viel Zeit hat sie ja nicht zum Denken, und hoffentlich ist sie weit genug von der Tür entfernt, denn schon wird diese ebenso schwungvoll aufgestoßen, und eine Person stürmt in den Raum. Sie erblickt den Blondschopf und bleibt urplötzlich stehen, schaut ihn überrascht, doch freudig an.

"Ira!" ruft Sundara, denn freilich handelt es sich um keine andere. "Du bist schon wieder auf den Beinen?"

Sundara ist nass vor Schweiß, der ihr in schmutzigen Rinnsalen über die Haut läuft. Sie schaut aus, als hätte sie sich im Staub gewälzt. Zwei oder drei kleinere Abschürfungen sind im Gesicht zu sehen, einige mehr an den Armen, ein kleiner Schnitt an der Kehle, sonst scheint sie ziemlich unversehrt zu sein. Vielleicht fällt Ira auf, dass sie über und über mit eigenartigen Fasern übersät ist, die wie verbranntes Haar aussehen. Tief atmend, doch mit strahlendem Blick sieht sie ihre Freundin an, während sie sich ihrer Waffen entledigt und in die Ecke des Zimmers stellt.

Ira macht gar nichts. Sie bleibt an der Wand lehnen. Was soll sie auch sonst tun mit ihren wackligen Beinen. Außerdem glaubt sie nicht dass ein Bedrohung über die Stufen nach oben trampelt. Sie ist nicht weit weg von der Trage auf der man sich gebracht hat. Als die Tür auffliegt ist sie deshalb in sicherer Entfernung. „Na, wie schauts denn für dich aus? Fliegen tue ich sicher nicht.“: antwortet sie bissig. Ihr Ärger hat sich zwar abgekühlt. Verraucht ist er aber noch nicht. „Wie schaust denn du aus? Hast du auf dem Heimweg einen Kerl gleich im Garten vernascht?“: fragt sie ironisch. Dann sieht sie den kleinen Schnitt und die Abschürfungen. „Hast du es so wild getrieben oder hat dir jemand in den Hintern getreten? Wenn du mich fragst es schaut genauso aus als hätt dir jemand in den Hintern getreten. Tja, allein bist du ja so schwer zu entdecken. Und soviel schneller, hätte ich fast vergessen.“: ätzt Ira. Aber dann vergißt sie ihren Grant. „Verdammt noch einmal, jetzt sag schon, was ist passiert?“: fragt sie und schaut Sundara an dabei.

Sundara dreht sich etwas schief lächelnd zu Ira um, da fällt ihr Bilck auf den leeren Krug. Ihre Augenbrauen ziehen sich kurz zusammen. Der Krug ist nicht klein - also hat die Soldatin nicht zu viel versprochen, als sie von dem großen Durst gesprochen hat. Sie sieht also zu Ira.

„Zunächst hole ich dir mal noch etwas Wasser, dann erzähle ich dir alles, was du hören willst,“ sagt sie. Sie antwortet gar nicht auf Antwort, krallt sich den Krug, und schon ist sie zur Tür hinaus, wie eben vor einiger Zeit, als sie zu ihrer kleinen Mission aufgebrochen ist. Und es dauert dann auch gar nicht lange, da ist sie wieder da. Der Krug ist voll, sie stellt ihn neben den Becher und schält sich dann aus den Stiefeln.

„Also, zunächst einmal, niemand hat mir in den Arsch getreten, und richtig gefährlich war es auch nicht,“ beginnt sie, während sie sich das Hemd, oder das, was noch davon übrig ist, über den Kopf zieht. Unter dem Loch an der Schulter hängt es nur mehr an einem zwei Finger breiten Stück zusammen. Als sie sich dann umdreht, um das Hemd ebenfalls in die Ecke zu werfen, kann Ira wohl einen Bluterguss zwischen den Schulterblättern erkennen.

„Wenn ich auch freilich versucht habe, so viel wie möglich herauszukriegen, und ich wage zu behaupten, mehr wäre schwer gegangen,“ sagt sie dann, während sie sich das andere, viel zu große Hemd anzieht. Schließlich zieht sie auch noch die Hose aus und setzt sich, der Trage gegenüber auf den mattenbedeckten Fußboden.

„Wo soll ich beginnen?“ meint sie dann. „Also, zunächst einmal, ich bin nach der Entscheidung so schnell wie möglich da hin. Trotzdem wurde ich da schon erwartet. Ich sag dir, ich kann mich anschleichen, und so schnell umringt, wie ich da dann war, die haben mich nicht gesehen und sind dann erst in Position gegangen. Naja, mit heimlich was rauskriegen war dann nichts, und du kannst mir glauben, die waren wenigstens zu Fünft, da hätte Keresin auch nichts ausgerichtet.“

Sie streckt sich nun zu ihrem Kleiderbündel, holt sich eine Zigarette und steckt sie an. Mit einer Hand zieht sie das kleine Schüsselchen heran, um mit der heißen Asche nicht die Matten zu verbrennen.

„Und dann bin ich noch auf einen ganz eigenartigen Mann gestoßen, sicher riesiger Sprung in der Schüssel,“ fährt sie dann fort. „Aber ich weiß nicht, so ganz abwegig war sein Gefasel dann doch nicht.“

Sie zieht an ihrer Zigarette, schaut zunächst zur Decke, dann schaut sie Ira an.

„Ich weiß jetzt nicht, wie ich es dir sagen soll, ich sag es einfach gerade heraus, so wie ich das mitgekriegt habe,“ sagt sie dann. Ihr Blick ist intensiv, etwas beschwörend, und zugleich etwas nervös, unsicher. „Jedenfalls, Misaki ist nicht die, die wir kennen. Ich sag jetzt nicht, dass sie schlecht ist oder irgendwas. Sie ist nur nicht Misaki. Schon nur einmal deshalb, weil sie gar nicht Misaki heißt, sondern Ishikawa Erji. Wenigstens nennen Die sie so. Jedenfalls ist die eine ganz große Nummer hier. Die Tussi, die dich hergebracht hat, war da, und als ich sie gefragt habe, ob es ihr gut gehe, ist sie fast aus den Schlappen gefallen bei der Vorstellung, jemand würde ihr etwas antun.“

Sie zieht noch einmal an ihrer Zigarette, ihr Blick fällt dabei auf die Schüssel mit der Fischsuppe, die noch immer halbgegessen da steht. Sie angelt sich nun die Schüssel, hält nun den Löffel und die Zigarette mit einer Hand, schiebt sich einen Löffel Suppe in den Mund, zieht unmittelbar danach an der Zigarette.

„Echt gut, diese Suppe,“ sagt sie dann, obwohl dieselbe freilich längst kalt sein müßte. „Und nun zu dem komischen Mann: Er heißt Yresen und hat ganz klar eine Schraube locker. Oder aber er ist der Einzige, der hier nicht mitspielt und das Alleine Kämpfen hat ihn einfach sonderbar gemacht. Jedenfalls gibt es hier wohl eine Anführerin. Die residiert in irgendwelchen Eisenhallen. Dann gibt es die Angma, die sind dann die Minister oder Generäle oder wie auch immer du das nennen willst. Misaki, oder Ishigawa oder wie du sie nenne willst, ist so eine Angma. Bei Yresen ist die Anführerin eine Göttin, und die Angma Dämonen. Aber erstens ist Misaki kein Dämon, und zweitens geht man nicht einfach so zu Göttern, um mal gemütlich Tässchen Tee zu trinken. Dann haben wir noch die Hüter. Das ist sozusagen die Armee. Und die Tussi ist wohl eine Offizierin dieser Armee. Die waren da eben, wie gesagt zu Fünft oder mehr, mit so einer Art Asnivala bewaffnet, und so einem Stock, mit dem man ziemlich eigenartige Netze werfen kann. Wenigstens glaube ich, dass die Stöcke dazu dienen. Blaue Uniform. Und dann gibt es noch die Yurei. Und, um ehrlich gesagt, was Yurei jetzt sind, das habe ich echt nicht kapiert. Yresen bezeichnete sie als Totengeister. Aber das sind halt auch so irgendwelche von denen. Naja, und dann war der komische Yresen weg. Gerne hätte ich ihn noch gefragt, wo die Eisenhallen sind, ob Stanchek auch so ein Angma ist. Aber, naja, das müssen wir halt noch herausfinden.“

Sundara hat jetzt lange gesprochen. Nun hat sie fertig, löffelt ihre Suppe und raucht zwischendurch, bleibt jedoch mit erwartungsvollem Blick meist bei Ira.

Dankbar nimmt Ira den Krug. Sie trinkt ersteinmal, direkt aus dem Krug. Obwohl sie sich schon besser fühlt, läßt sich sich die Wand runterrutschen und setzt sich auf den Boden. Dann hört sie Sundara zu. Ein paar Mal schaut es so aus als würde sie Sundara unterbrechen. Aber dann macht sie den Mund wieder zu. Als die Elurierin fertig ist trinkt Ira noch einmal. „Warte! Das war ein bißchen viel. Fangen wir von vorn an. Du bist zu Misakis Haus gegangen und da haben sie dich geschnappt. Ich glaub kaum das du wie ein Roputam durch die Gegend getrampelt bist. Das schaut eher so aus, als hätten die auf dich gewartet. Hättest du Keresin mitgenommen, wär die Geschichte vielleicht anders ausgegangen. Aber egal, passiert ist passiert.“ Durstig trinkt Ira noch einen ordenlichen Schluck. „Gut, das Misaki in irgendeiner Verbindung mit denen stehen muß, liegt auf der Hand.“ Nachdenklich kaut sie auf ihrer Unterlippe herum. „Bei dem was sie alles weiß. Trotzdem irgendwas paßt an der Geschichte nicht. Sie hat gesagt, daß sie gehorchen muß, daß sie nicht Herrin ihrer Entschlüsse ist. Du warst doch dabei und es war ihr verdammt ernst und nicht recht. Wenn das gespielt war, dann freß ich ein Zwysel roh. Wenn sie also so ein hohes Tier ist, wer tritt ihr dann in den Arsch? Verstehst du was ich meine? Das paßt hint und vorn nicht zusammen. Und die Geschichte mit dem Namen. Kann schon sein das sie nicht nur Misaki heißt. Mich haben sie auch Biest genannt.“ Ira zuckt mit den Achseln. „Das kann uns eigentlich egal sein. Wenn du mich fragst. Und der Irre? Du sagst ja selbst das der Kerl einen ordentlichen Sprung in der Schüssel hat. Wer weiß was der daher erzählt wenn der Abend lang ist. Vor den Angra, oder wie die heißen, diesen Yurei und Geisterlichtern hat uns schon der Wirt gewarnt. Vor denen haben sie doch hier alle Schiß!“ Ira schüttelt den Kopf. „Götter, Dämonen und Totengeister in Eisenhallen. Ich weiß nicht, daß hört sich für mich wirklich wie das Geschwafel eines Irren an. Aber wir haben was Handfestes. Diese Tussi und ihr Haufen! Wir wissen wo sie sind. Wir wissen ungefähr wieviel sie sind. Mit Keresin sind wir drei. Dann haben wir noch die Suppenköchin. Wenn die ihre Asnivala nicht nur spazieren führt sind wir Vier. Das sollte reichen! Räuchern wir die Bande aus. Schnappen wir uns einen von den Typen und drehen ihn durch den Wolf. Ich bring die schon zum Reden. Das garantiere ich dir.“ Ira trinkt durstig. „Wie bist du denen denn entwischt?“: erkundigt sie sich neugierig.

Genüsslich löffelt Sundara weiterhin ihre Suppe. Schließlich hat sie fertig und stellt die leere Schüssel auf den Boden. Sie hat dabei Ira aufmerksam zugehört. Sie ist bisher die ganze Zeit auf ihren Fersen gesessen, nun streckt sie die Füße aus. Die Oberschenkelmuskeln spannen sich kurz an, dann legt sie sich auf die Seite, den Kopf auf die linke Hand gestützt.

„Weißt du,“ sagt sie, „das eine schließt das andere ja nicht aus. Sie ist ein hohes Tier, aber immer noch dieser ominösen Anführerin untergeben, von der sie eben die Befehle erhält. Jedenfalls hat die Tussi, als ich sie fragte, ob es Misaki gut gehe, ziemlich entgeistert so etwas wie ‚Wer würde denn Ishi.... öhm, Misaki was...‘ begegnet, und sich dann fast die Zunge abgebissen. Naja, wenn ich über jemanden über dich reden würde, und mir würde da das Wort Biest über die Lippen rutschen, das könnte mir wohl relativ egal sein. Nein, glaub mir, ich bin mir da ziemlich sicher, dass Misaki die Rolle ist. Was ja nicht heißt, dass Misaki sich in er Rolle ziemlich wohl fühlt, zu wohl vielleicht für den Geschmack dieser ominösen Anführerin. So lange wir aber nicht wissen, wie loyal Misaki ist, müssen wir da einfach etwas vorsichtig sein. Ich meine, wir quatschen hier ja auch ganz freundschaftlich. Aber was würdest du machen, wenn wir morgen beide in Vorovis sitzen würden? Was würde Keresin tun? Sagen wir so, hätte ich die Mission, euren Oberbonzen über die Eisfelder zu schicken, ich würde mich halt einmal hüten, zu dir oder Keresin was darüber zu sagen.“

Sie setzt sich nun doch wieder auf, zieht sich einige von den eigenartigen Fäden vom Arm, dann spricht sie weiter: „Und ja, dieser Yeresen, der war schon ziemlich durch den Wind, aber trotzdem hat das alles Sinn gemacht, und in keinerlei Widerspruch zu der Reaktion der Tussi, und du sagst ja selber, dass Stanchek genau in die selbe Kerbe gehauen hat. Also, warum soll das nicht wahr sein? Wir müssen also irgendwo die Eisenhallen finden, dann sehen wir ja was Sache ist. Und ich denke, wenn wir mal Stanchek so richtig abgefüllt haben, wird der auch nicht mehr viel zusammenhängender sprechen, als der komische Dürre. Besonders dann nicht, wenn du ihm noch ordentlich einheizt.“

Sie lächelt etwas schief, aber nur kurz, dann wird sie wieder ernst.

„Weißt du, ich weiß, dass ein Pfeil, den ich abschieße, verdammt selten fehl geht. Ich glaube dir, dass du mit einer Asnivala umgehen kannst. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Keresin ein Stümper an der Waffe ist. Und diese Inara, keine Ahnung, aber irgendwo wird sie die Asnivala wohl beherrschen gelernt haben. Jedenfalls sind wir vier, sie sind mindestens fünf. Das heißt, wir sollten sie wohl überraschen. Am besten, wenn ich gleich zwei mit den Pfeilen ausschalte, bis sie überhaupt mitkriegen, was Sache ist. Dazu sollten wir aber unbemerkt da aufkreuzen. Und das ist es ja eben, was mir Sorgen bereitet. Als ich da ankam, war alles schon vorbereitet. Nur... ich meine, wir haben hier geredet, dann bin ich hingerannt. Kann ja sein, dass es hier in diesem Haus doppelte Böden gibt, da einer drin liegt und lauscht. Aber wie kann der vor mir bei Misaki gewesen sein? Der müsste ein verdammt gutes Karkech gehabt haben - und ehrlich gesagt habe ich noch kein Karkech hier gesehen. Jedenfalls wird in Zukunft nur dann von Erfolg die Rede sein können, wenn wir das irgendwo planen, wo sie uns eben nicht zuhören. Und das ist nicht in diesem Haus. Was dann noch dazu kommt, sind diese verfluchten Netze. Bis du da mit deiner Asnivala in Reichweite bist, haben die dir schon so ein Teil entegengeschleudert und du säbelst dir höchstens eins deiner langen Beine ab. Eben, oder wir überrumpeln sie, oder es wird verdammt schwer. Und bis dein Knie nicht wieder komplett heil ist, sollten wir sowieso Ruhe geben. Auch hätte ich ganz gerne ein paar Pfeile mehr. Dazu muss ich aber noch irgend so einen Spezialschrott finden, den ich Shassla bringen kann, um deine Asnivala anzuzahlen und eben die Pfeilspitzen.“

Sie sieht nun Ira eine ganze Weile lang an. Es ist ein forschender, ein fragender Blick, der gerade um eine Erwiderung der Blonden lechzt. So wie es überhaupt immer wieder vorkommt, dass Sundara zwar sehr selbstsicher und bestimmt spricht, dies aber von den Augen nicht wiedergegeben wird, ganz im Gegenteil. Man hat immer wieder den Eindruck, als würde sie ein Prüfling sein, dessen Antworten erst abgesegnet werden müssen.

„Wie ich abgehaut bin,“ fügt sie schließlich mit einem belustigtem Lächeln hinzu, „naja, ich würde jetzt gerne Eindruck schinden und dir eine Mär von einer heldenhaften Sundara erzählen, die sich da ohne Rücksicht auf Verluste durch die feindlichen Reihen gekämpft hat. Ist aber nicht ganz genau so gewesen. Wenn man jetzt alle Details berücksichtigt, dann muss man zugeben, dass sie mich ganz einfach gehen gelassen haben. Also, zuerst mit einem dieser Netze eingewickelt und dann sogar ziemlich sorgfältig auf die Straße gelegt. Das war alles.“

Die eingekehrte Stille auf der Veranda stört Keresin nicht. Die Ruhe tut seinen immer noch angegriffenen Nerven gut und so unternimmt er auch nichts weiter um das zum Stillstand gekommene Gespräch mit der Frau aus der Allianz wieder in Gang zu bringen. Nach einer Weile jedoch hört er Stimmen aus dem ersten Stock. Für einen Moment lauscht er und dann erkennt er Iras Stimme. Langsam erhebt er sich aus seinem Stuhl. „Entschuldigt mich für einen Moment.“: sagt er zu Inara. „Ich glaube Ira ist aufgewacht. Ich will nur schnell nachsehen wie es ihr geht.“ Ohne Eile betritt er das Haus und steigt hinauf in das erste Stockwerk und nimmt sich dabei vor, später den aufgeplatzen Metallzylinder aus dem Garten zu holen, der immer noch dort liegt wo er hingefallen ist. Er klopft an der Türe und tritt nach ein paar Augenblicken ein. Er sieht beide Frauen auf dem Boden sitzen, vor Ira ein Krug. „Freut mich dich wieder auf den Beinen zu sehen. Wie geht es dir Ira?“: erkundigt er sich und macht zwei, drei Schritte auf sie zu. Im Gehen nickt er Sundara zu, doch dann bemerkt er die Schrammen und den kleinen Schnitt an ihrem Hals. Etwas irritiert bleibt er stehen. „Was ist denn mit dir los?“: erkundigt er sich und sieht sie dabei prüfend an.

Ira lacht bei Sundaras letzer Bemerkung auf. Aber sie wird schnell wieder ernst. Nachdenklich kaut sie auf ihrer Unterlippe. Dann zuckt sie mit den Achseln. „Ich weiß nicht. Sie sagt zwar selber das sie nicht über alles reden darf. Aber das ist ihr überhaupt nicht recht. Nehmen wir einmal an sie spielt eine Rolle wie du sagst. Dann spielt sie die Rolle schlecht. Sonst würden wir es gar nicht merken. Ich glaub nicht das Misaki oder wie sie heißt etwas schlecht macht. Das paßt nicht zu ihr. Oder will sie damit was sagen, was sie nicht aussprechen kann? Etwas das wir noch nicht verstanden haben?“ Dann schaut sie Sundara direkt an. „Vielleicht hältst du mich jetzt für blöd. Aber ich vertraue ihr immer noch. Aber in einem geb ich dir recht. Wir wissen viel zu wenig. Nicht nur über sie. Was hier passiert ist so verrückt das man Kopfweh kriegt wenn man darüber nachdenkt. Vielleicht hat dieser Yreden deswegen einen Sprung in der Schüssel. Hast du eine Ahnung wo der Kerl steckt? Vielleicht aus ihm was rauszukriegen.“ Dann grinst sie. „Stanchek kommt auf jeden Fall dran. Auch wenn nichts dabei rausschaut ein Spaß wird’s auf alle Fälle.“ Sie greift nach dem Krug und trinkt durstig. „Verdammt, ich hab einen Brand wie nach einem halben Kübel Fusel.“: schimpft sie. „Es schaut echt so aus als wollten sie uns hier in diesem Haus haben. Warum? Ich kann mir zwar nicht vorstellen wie sie s machen, aber da kann was dran sein mit dem Belauschen. Wenn wir was planen dann nicht hier. Kann auf gar keinen Fall schaden. Wir müssen dieses Pack überrumpeln und es muß schnell gehen. Wer weiß wieviel es von denen gibt? Ich hab eine Idee. Aber das erzähl ich dir später.“ Sie zwinkert Sundara zu. „Aber was ist mit den Netzen? Hast du gesagt die fliegen aus Stöcken? Oder hab ich mich verhört?“ In dem Moment klopft es und dann kommt Keresin herein. Ira strahlt ihn an. „Mir geht’s gut. Ich hab nur einen Mordsbrand. Aber wie geht’s dir? Misaki hat gesagt, daß es dich erwischt hat.“

Sundara schaut Keresin verwundert an. Anscheinend war sie gerade so in das Gespräch mit Ira vertieft, dass sie ihr doch leicht verdächtiges Aussehen komplett ausgeblendet hat. Also sitzt sie nun da, schaut zu dem Mann hoch, als ob er sie gerade etwas komplett Abwegiges gefragt hätte, und gibt eine ebenso tiefgründige Antwort, wie ihr Blick schon erwarten lässt: "Warum? Was soll mit mir los sein?"

Kurz schaut sie zu Ira, dann blickt sie wieder zu Keresin hoch. "Wir sprechen gerade über Misaki, und wenn du grad da bist, kannst ja ein bisschen mitraten, wie die ganze Sache hier so ausschaut."

Sie wendet sich nun wieder zu Ira.

"Also," sagt sie, besinnt sich einen Augenblick lang, dann fährt sie fort: "Es muss ja nicht notgedrungen so sein, dass Misaki uns etwas vorspielt. Aber ich muss zugeben, ich glaube diesem Yresen, wenn er sagt, dass Misaki ein ziemlich hohes Vieh hier ist und von allen überaus respektiert. Und praktisch von 'Normalsterblichen' unangreifbar. Das heißt ja nicht, dass es da diese Anführerin nicht gibt, von der Yresen gefaselt hat, und der Misaki gut und gerne unterstellt ist. Also besteht die Möglichkeit, dass du ihr einfach wahnsinnig sympathisch bist, sie dir gerne würde verklickern würde, was das hier für ein Zauber ist, das aber einfach nicht kann, weil sie dann von der Obertussi in den ominösen Eisenhallen eine übergebraten bekommt. Und das macht sie innerlich kaputt, und genau das hast du auch so wahrgenommen. Die Frage, die sich stellt ist also weniger, ob uns Misaki absichtlich hinter das Licht führen will, denn das kann ich mir ja auch nicht unbedingt vorstellen. Außer sie spielt uns etwas schlecht vor, dass es umso glaubwürdiger wird, keine Ahnung, ist aber auch egal. Was ich mich eben frage, und das ist, wenn wir hier so richtig aktiv werden wollen, viel wichtiger, wie wird sie reagieren, wenn sie von eventuellen Plänen Wind bekommt. Würde sie uns decken, und Ihre Erlauchtheit in den Hallen verraten, oder wäre sie loyal letzterer gegenüber und würde uns auffliegen lassen? Und da wir uns hier eben nicht sicher sein können, müssen wir ihr gegenüber einfach sehr sehr vorsichtig sein. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass sie sich ganz sicher gegen uns entscheiden würde. Ich schätze sie nicht dermaßen ein, dass die wegen einer dahergelaufenen Blondine ihr Reich komplett vergisst. Ich meine, gerade du müsstest den Clinch wohl verstehen… stell dir eben vor, und du auch" - sie schaut wieder kurz zu Keresin - "wir kommen von hier weg und schlagen zufälligerweise gerade in Vorovis auf, und irgendwie müsstet ihr euch entscheiden, mich über die Klippe springen zu lassen oder aber von Vorovis verstoßen zu werden. Das hat nichts mit Ehrlichkeit und so zu tun, nichts mir Wohlwollen, das ist Loyalität irgendetwas gegenüber, an das man einfach glaubt."

Sie schaut Ira an, sieht wieder kurz zu Keresin, dann wieder zu Ira. "Das mit den Netzen und den Stöcken, ich hab plötzlich einen Schlag im Rücken gespürt, und dann war ich auch schon eingewickelt. Und da niemand ein Netz sichtbar trug, der Schlag zu stark war, als dass da etwas einfach nur geworfen worden wäre, muss es mit irgenwas geschleudert worden sein. Und da die nur den Stock da hatten, neben der Asnivala, naja, da vermute ich halt, dass die das mit den Stöcken machen."

Der Blick Keresins spricht Bände. Er sieht Sundara an als wäre sie nicht ganz richtig im Kopf. „Eisenhallen, Yresen, fliegende Netze und Stöcke? Ich habe nicht die geringste Ahnung wovon du sprichst. Bist du gegen einen Baum gelaufen oder hast du zuviel vom Rauschkraut erwischt?“: erkundigt er sich ironisch. Dann sieht er zu Ira. „Ja, es hat mich erwischt und wenn Misaki nicht gekommen wäre, dann würde ich jetzt schon auf den Eisfeldern frieren.“ Sein Blick wandert zurück zu Sundara. „Aber wenn über Misaki die Rede ist, dann kann ich tatsächlich etwas beitragen.“ Er erzählt knapp die Umstände die ihn dazu gebracht hatten das Haus zu durchsuchen, bei dem er Rast gemacht hat und über den Vorfall der ihn fast umgebracht hätte. „Es waren zwei Personen, die mich völlig gelähmt und am Ersticken in dem Haus gefunden haben. Sie haben um Hilfe ersucht, wie weiß ich nicht. Ich habe es nicht gesehen nur gehört. Die zweite Stimme hat kurz darauf bestätigt, daß Hilfe unterwegs ist. Wirklich interessant war aber die Wortwahl. Die Frau hat ganz deutlich von der Verbannten gesprochen, die verständigt wurde. Kurz darauf ist dann Misaki erschienen. Es kann also nur von ihr die Rede gewesen sein. Außerdem wurde sie mit einem anderen Namen angesprochen. Ishikawa Erji wenn ich mich recht erinnere. Misaki ist ziemlich zornig geworden und hat den Mann angefaucht, daß sie hier Misaki sei, ganz einfach Misaki. Dann habe ich das Bewußtsein verloren und bin erst wieder bei ihr aufgewacht. Ich war nicht sofort da und habe nur Bruchstücke von dem Gespräch Misakis mit einer unbekannten Person mitbekommen. Es fiel wieder dieser andere Name und ein Begriff mit dem ich nichts anfangen kann, Metatorion. Als ich dann wieder bei mir war, habe ich ihr ins Gesicht gesagt, daß sie mich belügt als sie mir eine völlig unglaubhafte Geschichte über das Haus erzählte. Meine Wortwahl war nicht freundlich und sie hat auf einmal völlig die Fassung verloren. Ich habe gedacht ich hätte sie damit beleidigt, aber als sie den Raum verlassen hat, sagte sie mir das ich sie niemals mehr so angrinsen solle, sonst würde ich es bereuen. Ich mag spöttisch gegrinst haben, aber so eine Reaktion? Sie hat fast geweint und als Draufgabe hat sie mir dann noch recht glaubhaft klargemacht, daß wir hier niemals wegkommen werden.“

„Misaki soll eine Verbannte sein?“: fragt Ira ungläubig. „Bei Lijans stinkenden Titten! Das wird ja immer besser. Verbannt von wo? Von wem?“ Sie schaut Keresin an. „Ich verlier langsam den letzten Rest von Durchblick. Das mit dem Namen wissen wir schon. Sundara hat einen Irren getroffen. Yreden oder so ähnlich heißt der Kerl. Er hat noch eine Menge ungereimtes Zeugs von sich gegeben. Aber das soll sie dir besser selbst erzählen. Wie es ausschaut hast du wirklich Glück gehabt. In Zukunft werden wir verdammt aufpassen müssen was für Türen wir aufmachen.“ Ira trinkt durstig. „Misaki hat die Fassung verloren? Wegen eines Grinsens? Ich kanns mir überhaupt nicht vorstellen daß sie die Fassung verliert. Versteh mich nicht falsch. Ich will damit nicht sagen das ich dir nicht glaub. Es klingt einfach verrückt. Verstehst du?“ Sie schaut Keresin an. Dann nickt sie. „Ja, das hat sie mir auch schon gesagt. Ich soll nach vorn schauen und nicht in die Vergangenheit. Glaubst du ihr das?“: fragt sie. Fast ein bißchen verstört wirkt sie.